Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
Schwierigkeiten. In der alten Zeit mussten die Kolonisten ihre Körper verhüllen, um die
Verheerungen der Lepra zu verbergen. Die Krankheit
ist jedoch längst verschwunden, und wir sind alle,
wie Ihr seht, in ausgezeichneter Verfassung. Mit dem
Roten Hirn als Bundesgenossen ist dies die perfekte
Welt, um darauf zu leben, also gehen wir nackt. Ich
hoffe doch, dass sich das nicht als Problem erweisen
wird?«
Sie sah Brett an, während sie die Frage stellte, und
er wandte schnell den Blick von ihren Brüsten ab.
»Stört Euch nicht an ihm«, empfahl Jesamine.
»Haut ihn einfach, falls er lästig wird. So machen wir
es auch.«
»Folgt mir«, sagte Hellen Adair. »Und bleibt dicht
bei mir. Wir gewähren Fremden normalerweise keinen Zutritt zu unserer Stadt, und wir täten es auch
jetzt nicht, hätte mir Mond nicht erklärt, dass einer
von Euch ein Todtsteltzer wäre. Das ist ein Name,
der hier Verehrung genießt.«
»Ihr wisst, wo sich Mond aufhält?«, fragte Lewis.
»Ihr werdet ihn rechtzeitig treffen. Vorläufig muss
ich Euch aber etwas zeigen. Folgt mir.«
Sie führte die Gefährten durch die lebende Stadt,
über Blätterpfade und durch Blütenkorridore und
über große Freiflächen in bunter Blütenpracht. Alle
Bauten hier zeichneten sich durch runde organische
Formen aus, und dicke fleischige Blüten bildeten lebendige Mosaiken. Diese veränderten sich unablässig, während sich die Blüten in immer wieder unterschwellig veränderten Positionen öffneten und
schlossen, sodass die Bilder niemals unbewegt blieben. Lewis war besonders von einem breiten, schönen Gesicht fasziniert, dessen Lächeln sich langsam
verstärkte und das mit einem Auge blinzelte, als er
vorbeiging. Schwere Düfte hingen in der Luft und
wirkten berauschend und stimulierend, als atmete
man mit jedem Atemzug den Himmel ein. Und überall spazierten die Kolonisten jetzt wieder nackt durch
ihren Garten Eden, ruhig und ohne Hast und völlig
gleichgültig den Fremden in ihrer Mitte gegenüber.
Lewis und Jesamine gaben sich Mühe, sie nicht anzustarren. Brett probierte es auch, war aber nicht
sonderlich erfolgreich. Er wünschte sich, er hätte
immer noch eine Kamera ins Auge eingebaut. Diese
Aufnahme hätte ihm ein Vermögen eingebracht!
Mehrere Vermögen. Rose und Samstag reagierten
gleichgültig; menschliche Nacktheit bedeutete ihnen
nichts.
»Ich sehe … niemanden arbeiten«, sagte Lewis.
»Was machen die Leute hier eigentlich?«
»Weder wünschen noch brauchen wir Geschäfte
oder Maschinen«, antwortete Hellen unbeschwert.
»Im Wesentlichen betätigen wir uns als Gärtner. Wir
sorgen für die Pflanzen. Wir beschneiden sie, wir
graben Unkraut aus, wir verhindern zu dichten Bewuchs, wir ermutigen die Vermehrung bestimmter
Arten und hemmen die Vermehrung anderer Arten.
Wir behalten darüber hinaus die aggressiveren Exemplare wachsam im Auge und vernichten alle, die
eine eigene Intelligenz zu entwickeln drohen. Ein
einzelnes Rotes Hirn reicht locker. Im Gegenzug für
unsere Dienste erlaubt es uns, Bäume zu fällen,
Früchte zu sammeln und Getreide anzubauen – denn
für alle diese Produkte findet man im Imperium
draußen einen offenen Markt. Hier existieren zahlreiche Arten, die auf anderen Welten unbekannt und
ohne Gegenstück sind.«
»Verdammt richtig!«, sagte Brett und löste den
Blick widerstrebend von einem besonders stattlichen
Rotschopf, als Jesamine ihm den Ellbogen in die
Rippen stieß. »Hier findet man Früchte, deren Geschmack man schier nicht glauben möchte. Trauben,
für deren Wein man sterben würde, und für Möbel,
die aus Holz von Lachrymae Christi hergestellt wurden, kann man schier jeden Preis verlangen. Güter
dieses Planeten sind immer knapp im Angebot. Dafür
sorgen die Kolonisten, nicht wahr, Hellen? Man lasse
den Markt nur zappeln und heize die Nachfrage an,
und schon wird der Preis niemals sinken. Seit Jahrhunderten versuchen Wissenschaftler, Eure Produkte
in Labors zu synthetisieren, haben aber nichts erreicht – obwohl manche behaupten, die Esperdroge
stammte ursprünglich von hier und wäre aus den
Nervenlasern des Roten Hirns persönlich destilliert
worden.«
»Ihr musstet die Stimmung unbedingt verderben,
nicht wahr?«, fragte Jesamine. »Widerlicher kleiner
Mann. Hier sind wir und spazieren durchs Paradies,
und alles, was Euch einfällt, sind Drogen!«
»Wieder ein Grund, warum wir nicht erpicht darauf sind, Fremde zu empfangen«, warf Hellen ein.
»Stets
Weitere Kostenlose Bücher