Gregor Bd. 5 - Gregor und das Schwert des Kriegers
dass der Arzt recht hatte. Der Ärmel entglitt ihm, er überließ sich dem Schlaf.
Als Gregor die Augen öffnete, wusste er nicht gleich, wo er war. Nach der langen Reise kam ihm das Krankenhauszimmer so schön hell und sauber vor. Schläfrig machte er eine Bestandsaufnahme seines Körpers. Die Lotion war eingezogen, seine Haut fühlte sich weich und kühl an. Sein Knie, das er sich beim Sturz von einem Felsen verletzt hatte, war verbunden worden und tat nicht mehr so weh. Jemand hatte ihm die lädierten Fingernägel geschnitten. Und er hatte frische Sachen an.
Plötzlich setzte er sich kerzengerade auf und fasste sich mit der rechten Hand an die linke Hüfte. Sein Schwert! Wo war sein Schwert? Doch da sah er es auch schon in der Zimmerecke stehen, der Gürtel baumelte daran. Natürlich hatten sie ihn nicht mit Schwert ins Bett gelegt. Das wäre zu gefährlich gewesen. Und niemand hatte es geklaut. Trotzdem bereiteten ihm die vier Meter, die zwischen ihm und dem Schwert lagen, Unbehagen. Er musste es immer griffbereit haben.
Gregor schwang die steifen Beine aus dem Bett, um das Schwert zu holen, als eine Krankenschwester mit einem Tablett hereinkam und ihm befahl, sich wieder hinzulegen. Er wollte nicht mit ihr streiten, also gehorchte er. Aber kaum war sie aus dem Zimmer, schob er das Tablett weg, holte das Schwert und stellte es direkt neben sein Bett. Jetzt konnte er essen.
Nahrung war in den letzten Tagen der Reise knapp gewesen. Ein wenig Fisch, ein paar Pilze. Er war so hungrig, dass er das Besteck liegen ließ und sich das Essen mit den Händen in den Mund stopfte. Die fade Mahlzeit – Brot, Fischsuppe und Pudding – schmeckte ihm köstlich und er ließ kein Krümelchen übrig. Er wischte die Puddingschale gerade mit dem Finger aus, als sein alter Freund Mareth ins Zimmer kam.
»Du kannst einen Nachschlag bekommen«, sagte Mareth lächelnd. Er rief in den Flur, man solle Gregor noch etwas zu essen bringen. Dann humpelte er zu einem Stuhl neben dem Bett. Gregor fand, dass Mareth mit seiner Beinprothese schon besser laufen konnte, aber er brauchte immer noch eine Krücke. »Du hast den ganzen Tag geschlafen. Wie geht es dir?«, fragte er Gregor und sah ihn vielsagend an.
»Gut«, sagte Gregor. Er war auf der Reise nicht schlimm verwundet worden. Mareth brauchte nicht so besorgt auszusehen. Da begriff Gregor, dass er auf die Prophezeiung anspielte, in der sein Tod angekündigt wurde. »Ach so, du meinst …« Langsam sickerte die Angst in sein Gehirn. Er schob sie beiseite, er konnte immer noch nicht damit umgehen. »Mir geht es ganz gut, Mareth.«
Mareth drückte ihm die Schulter und ließ es dabei bewenden.Gregor war froh, jetzt keine tiefschürfenden Gespräche führen zu müssen. »Wie geht es Boots und Hazard und den anderen?«
»Gut. Ihnen allen geht es gut. Sie wurden alle von der Asche gereinigt. Hazard wird noch das Bett hüten müssen, bis seine Wunde am Kopf ganz verheilt ist. Doch Howards medizinische Ausbildung hat sich bezahlt gemacht. Er hat die Wunde hervorragend genäht«, sagte Mareth.
Sein Freund Howard und dessen Fledermaus Nike. Luxa und ihre Fledermaus Aurora. Ripred. Sie alle lagen nicht gemütlich im Krankenhaus, sie kämpften immer noch um das Leben der verbliebenen Mäuse in den Feuerländern. »Irgendeine Nachricht von den anderen?«, fragte Gregor.
»Nichts«, sagte Mareth. »Zwei Divisionen wurden nach ihnen ausgeschickt. Wir hoffen auf baldige Nachricht. Doch unsere normalen Kommunikationswege sind unterbrochen, jetzt, da Luxa den Krieg erklärt hat.«
Luxa …
Gregor fasste in die Hintertasche seiner Hose, aber sie war leer. Vermutlich waren seine alten Kleider vernichtet worden. Er verspürte leichte Panik. »Ich hatte ein Foto. In der Hosentasche …«
Mareth nahm ein Foto vom Nachttisch und reichte es ihm. »Dies hier?«
Da waren sie. Luxa und Gregor. Wie sie tanzten. Und lachten. Einer der wenigen richtig glücklichen Augenblicke, die sie miteinander erlebt hatten. Erst ein paar Wochen war das her, auf Hazards Geburtstagsfeier. Gregor steckte das Foto in die Tasche seines T-Shirts. »Danke.«
Auch das nahm Mareth einfach hin. Und das war gut so, denn Gregor wusste nicht, wie er in Worte hätte fassen sollen, was sich da zwischen ihm und Luxa entwickelte. Wie sich ihre komplizierte Freundschaft gerade in etwas ganz anderes verwandelte.
»Und meine Eltern?«, fragte Gregor.
»Dein Vater weiß, dass du in Sicherheit bist. Als du hier ankamst, wurde umgehend
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