Gregor Bd. 5 - Gregor und das Schwert des Kriegers
näher.
»Gregor? Wie ist dir?«, fragte Vikus. Der alte Mann klang erschöpft, so erschöpft, wie Gregor sich fühlte. Wahrscheinlich hatte auch Vikus nicht viel geschlafen. Als Vorsitzender des Rats von Regalia war er sowieso immer überarbeitet. Gegen seine Frau Solovet, bis vor Kurzem Oberbefehlshaberin der Armee, sollte Anklage erhoben werden, weil sie für ein Forschungsprojekt verantwortlich war, das eine Pest ausgelöst hatte; und Luxa, Vikus’ Enkelin, war in den Feuerländern in großer Gefahr. Nein, Vikus fand bestimmt nicht viel Ruhe.
»Mir? Mir geht es gut«, sagte Gregor gelassen. »Könnte gar nicht besser sein.«
»Was sagst du zu der Prophezeiung der Zeit?«, fragte Vikus.
»Sie ist sehr eingängig«, sagte Gregor und erhob sich langsam, unter Schmerzen. Auf der letzten Reise hatte er sich am Knie verletzt.
»Ich kam, um dich daran zu erinnern, wie leicht Sandwichs Prophezeiungen falsch gedeutet werden können«, sagte Vikus.
Gregor zog das Schwert aus dem Gürtel und zeigte mit der Spitze auf die Zeile, die von seinem Tod handelte. »Das hier? Du meinst, das könnte man falsch deuten?«
Vikus zögerte. »Möglich ist es.«
»Also, mir scheint das ziemlich eindeutig zu sein«, sagte Gregor.
»Glaube mir, Gregor, könnte ich an deine Stelle treten, könnte ich die Prophezeiung selbst erfüllen … ich würde es augenblicklich tun …« Vikus’ Augen füllten sich mit Tränen.
Trotz seiner eigenen Lage empfand Gregor Mitleid. Das Leben hatte Vikus ganz schön übel mitgespielt. »Hör mal, ich hätte hier unten schon fünfzig Mal umkommen können. Es ist ein Wunder, dass ich überhaupt noch lebe.« Wenn Vikus schon so mitgenommen war, wie würde Gregors Familie erst reagieren? Das wollte er lieber gar nicht wissen. »Sag meiner Muter nichts davon. Oder meinem Vater. Keiner aus meiner Familie darf es erfahren. Okay?«
Vikus nickte.
Als Gregor das Schwert wieder in den Gürtel steckte, streckte Vikus die Hand danach aus. Instinktiv legte Gregor eine Hand auf den Griff. »Es ist meins. Du hast es mir gegeben«, sagte er schroff. Wie er das Schwert jetzt schon verteidigte, geradezu eifersüchtig.
Vikus sah erst überrascht aus, dann besorgt. »Ich hatte nicht vor, es dir abzunehmen, Gregor. Ich wollte dir nur zeigen, wie du es tragen musst.« Er legte seine Hand auf Gregors und drehteden Griff herum. »Wenn du es so trägst, schneidest du dir nicht ins Bein.«
»Danke für den Tipp«, sagte Gregor. »Und jetzt muss ich mal zusehen, dass ich den Mist hier abkriege.« Zwar hatte er sich an der Quelle auf der Klippe gewaschen, so gut es ging, aber noch immer scheuerte vulkanische Asche an seiner Haut.
»Gehe ins Krankenhaus. Dort haben sie eine Salbe dafür«, sagte Vikus.
Gregor wollte zur Tür gehen, doch da sagte Vikus: »Gregor, du hast außergewöhnliches Geschick zum Töten gezeigt. Noch vor einem Jahr wolltest du die Waffe nicht einmal berühren. Vergiss nicht, dass auch im Krieg bisweilen Zurückhaltung geboten ist. Manchmal ist es besser, das Schwert nicht zu ziehen. Wirst du daran denken?«
»Ich weiß nicht«, sagte Gregor. Er war zu müde für hehre Versprechungen. Zumal er, wenn er einmal anfing zu kämpfen, meistens die Beherrschung verlor. »Ich weiß nicht, was ich tun werde, Vikus.« Er merkte, dass das keine ausreichende Antwort war, deshalb fügte er hinzu: »Ich kann es versuchen.« Schnell verließ er den Raum, um weiteren Diskussionen darüber, was er vielleicht tun würde und was nicht, aus dem Weg zu gehen.
Unten im Krankenhaus wurde ihm sofort ein sprudelndes Kräuterbad verordnet, das die Asche von seiner Haut spülen sollte. Als die Dämpfe des Gebräus seine Lunge füllten, hustete er eine Menge Dreck aus, den er in den letzten Tagen eingeatmet hatte. Erst nachdem er drei Mal gebadet hatte, waren die Ärzte überzeugt, dass er frei von Asche war, innen wie außen. Dann wurde er mit einer duftenden Lotion eingecremt. Als Gregorfertig war, bekam er kaum mehr die Augen auf. Er trank Brühe aus einer Schale, die man ihm an die Lippen hielt. Verschwommen nahm er wahr, dass er irgendeine Medizin schluckte. Und dann drohte ihn die Müdigkeit zu übermannen. Gregor packte den erstbesten Arzt am Ärmel. »Ich muss in den Kampf!«
»Nicht in diesem Zustand«, sagte der Arzt. »Keine Sorge. So schnell geht ein Krieg nicht vorüber. Wenn du erwachst, wirst du noch reichlich Gelegenheit zum Kämpfen haben.«
»Nein, ich …«, sagte Gregor. Aber im Grunde wusste er,
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