Gregor Bd. 5 - Gregor und das Schwert des Kriegers
gewöhnen, dass du wieder Eltern hast.«
»Tut mir leid«, sagte Gregor wieder.
Seine Eltern gingen ins Schlafzimmer, um miteinander zu reden. Lizzie und Boots saßen auf dem Boden und spielten mit den Plastiktieren. Gregor schaltete den Fernseher ein und zappte durch die Programme. Bei den Nachrichten blieb er hängen. Irgendwo auf einem Marktplatz war eine Bombe explodiert und neunundvierzig Menschen waren ums Leben gekommen. Man sah Körperteile, Rauch, weinende Angehörige. Der nächste Bericht handelte von Flüchtlingen, die unterwegs starben; sie waren von einer feindlichen Armee aus ihrer Heimat vertrieben worden. Der Nachrichtensprecher zeigte gerade ein grieseliges Video von einem Soldaten, der als Geisel genommen worden war, als Gregors Mutter sich die Fernbedienung schnappte und den Fernseher ausschaltete. Sie sah so traurig aus. »Ich glaube, du hast genug gesehen, Gregor.«
Es hatte alles ziemlich vertraut ausgesehen. Die Toten, die Angst und Verzweiflung. Das alles hat es schon immer hier im Überland gegeben, dachte er, aber bis jetzt hatte er nie richtig darauf geachtet.
»Willst du nicht mal mit deinen Schwestern auf den Spielplatz?«, fragte sein Vater. »Sie hocken schon den ganzen Tag in der Bude.«
»Ziehen wir jetzt nach Virginia oder bleiben wir hier?«, wollte Lizzie wissen.
»Das haben wir noch nicht entschieden«, sagte ihr Vater. »Geht ihr mal raus spielen.«
Als sie auf dem Spielplatz ankamen, rannte Boots sofort zum Sandkasten, um mit einem kleinen Jungen Burgen zu bauen. Lizzie lief allein herum, die Hände in den Taschen vergraben, den Blick auf dem Boden.
Gregor setzte sich auf eine Bank. Er war heute viel gelaufen und alle seine Wunden taten weh. Die Fernsehnachrichten hatten ihn nachdenklich gemacht. Im Augenblick konnte ihm nichts passieren, hier auf dem Spielplatz, aber überall auf der Welt gab es Menschen, die leiden mussten, die hungerten, flohen, einander im Krieg töteten. Wie viel Energie sie darauf verwendeten, einander zu schaden. Wie wenig darauf, sich gegenseitig zu beschützen. Würde sich das je ändern? Wie könnte man es ändern? Er dachte an Luxas Hand an Ripreds Pfote. So konnte man es ändern. Man brauchte Leute, die gegen den Krieg waren. Nicht einen oder zwei, sondern alle miteinander. Alle mussten sagen, dass Krieg als Mittel der Auseinandersetzung nicht geeignet war. So, wie es aussah, hatte die Menschheit noch einige Entwicklungen vor sich, ehe das passieren würde. Vielleicht war es unmöglich. Aber vielleicht auch nicht. Wie Vikus gesagt hatte, wenn man keine Hoffnung hatte, würde auch nichts passieren. Wenn man Hoffnung hatte, konnte man vielleicht einen Weg finden, um etwas zu verändern. Denn wenn man mal darüber nachdachte, gab es doch viele Gründe, es zu versuchen.
Einer davon zupfte ihn gerade an der Jacke und streckte die Arme nach ihm aus. »Heb mich hoch.« Gregor nahm Boots auf den Schoß und schmiegte sie in seine Jacke. Sie legte den Kopf auf seine Schulter und schaute ihm ins Gesicht. »Du bist traurig«, sagte sie.
»Ein bisschen«, sagte Gregor.
»Du vermisst sie alle«, sagte Boots.
»Ja, stimmt«, sagte Gregor. »Aber ich hab ja dich.« Er dachte daran, dass er schon mehrmals geglaubt hatte, er hätte sie verloren, und umarmte sie noch fester.
»Hier.« Boots fasste in ihre Tasche und holte die kleine schwarze Fledermaus heraus. Sie legte sie ihm in die Hand. »Du kannst sie behalten, Gregor.«
»Danke«, sagte er. Sie lehnten sich zurück und schauten zu, wie die Straßenlaternen angingen.
Plötzlich lächelte Gregor. »Hey, Boots«, sagte er. »Hey. Du kannst ja meinen Namen sagen.«
Suzanne Collins , 1962 geboren, begründete ihren Ruhm als internationale Starautorin mit der fünfteiligen Abenteuerreihe um die Erlebnisse von Gregor und seiner kleinen Schwester Boots, die inzwischen sogar Gegenstand der Kinderwette von Wetten dass …? im ZDF geworden sind. Es folgte die packende Gesellschaftsutopie Die Tribute von Panem , eine Trilogie für junge Erwachsene. Suzanne Collins’ Bücher behaupten sich auf den ersten Plätzen der Bestsellerlisten, u.a. von New York Times , Wall Street Journal und Spiegel , und erhielten zahlreiche Auszeichnungen, so auch den Sonderpreis der Jugendjury des Deutschen Jugendliteraturpreises. Suzanne Collins wurde vom Time Magazine auf die Liste der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten des Jahres 2010 gewählt.
Die Bücher über Gregor
Gregor und die graue Prophezeiung
Gregor und der
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