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Gregor und der Spiegel der Wahrheit

Gregor und der Spiegel der Wahrheit

Titel: Gregor und der Spiegel der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Collins
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Simples wie das Frühstück für sie zu machen. Denn die mehr als zweieinhalb Jahre in der Gefangenschaft der riesigen blutrünstigen Ratten im Unterland hatten aus seinem Vater einen schwer kranken Mann gemacht. Von seinem zweiten Besuch im Unterland hatte Gregor Weihnachten eine spezielle Medizin mitgebracht, und die schien anzuschlagen. Die Fieberschübe kamen nicht mehr so häufig, die Hände seines Vaters zitterten nicht mehr und er hatte ein wenig zugenommen. Er war noch lange nicht wieder gesund, aber insgeheim hoffte Gregor, dass die Medizin weiterhin helfen würde und sein Vater im Herbst vielleicht schon wieder als Biolehrer arbeiten könnte.
    Gregor setzte Boots auf den wackligen Kinderstuhl aus rotem Plastik, den sie schon hatten, seit er ein Baby gewesen war. In Erwartung des Frühstücks trommelte sie fröhlich mit den Fersen gegen den Stuhl. Das Frühstück sah auch wirklich gut aus, vor allem, wenn man bedachte, dass der Monat sich dem Ende zuneigte. Gregors Mutter bekam ihr Geld immer am Monatsersten, und um diese Zeit war es normalerweise aufgebraucht. Aber heute servierte sein Vater jedem zwei Kekse und ein hart gekochtes Ei. Boots bekam eine Tasse stark verdünnten Apfelsaft – die Flasche musste noch ein paar Tage reichen –, alle anderen tranken heißen Tee.
    Sein Vater sagte, sie sollten schon mal anfangen, während er der Großmutter das Frühstück auf einem Tablett brachte. Selbst bei milderem Wetter blieb sie die meiste Zeit im Bett, und diesen Winter hatte sie es kaum verlassen. Sie hatten ihr einen elektrischen Heizofen ins Zimmer gestellt, und auf dem Bett lagen mehrere Decken. Trotzdem waren ihre Hände immer kalt, wenn Gregor zu ihr kam.
    »Ge-lee, Ge-lee, Ge-lee«, sang Boots.
    Gregor brach ihr die Kekse auseinander und gab auf jeden einen großen Klecks Gelee. Sie aß sofort einen riesigen Bissen, und ihr ganzes Gesicht war lila verschmiert.
    »He, das ist zum Essen, nicht zum Eincremen, klar?«, sagte Gregor, und Boots fing vor Lachen an zu glucksen. Wenn sie lachte, musste man einfach mitlachen; sie hatte so ein lustiges, hicksiges Kleinkindlachen.
    Gregor und Lizzie mussten sich beeilen, um nicht zu spät zur Schule zu kommen.
    »Vergesst nicht, die Zähne zu putzen«, sagte ihr Vater, als sie vom Tisch aufstanden.
    »Mach ich, wenn ich mal ins Badezimmer darf«, sagte Lizzie und grinste Gregor an.
    Alle in der Familie machten sich darüber lustig, dass er so viel Zeit im Bad verbrachte. Sie hatten keine zweite Toilette, und deshalb fiel es auf, wenn er sich so oft im Bad einschloss, um die Prophezeiung zu studieren. Seine Mutter zog ihn damit auf, dass er es wohl auf ein Mädchen in der Schule abgesehen habe und deshalb so oft vor dem Spiegel stehe, und Gregor versuchte sie in diesem Verdacht zu bestärken, indem er verlegen tat. Er dachte tatsächlich an ein Mädchen, aber sie war nicht auf seiner Schule. Und er machte sich bestimmt keine Gedanken darüber, wie sie seine Haare fand. Er fragte sich, ob sie überhaupt noch am Leben war.
    Luxa. Sie war elf, genau wie er, und sie war die Königin von Regalia. Jedenfalls war sie das bis vor ein paar Monaten gewesen. Gegen den Willen des Rates von Regalia war sie Gregor heimlich hinterhergeflogen, um ihm bei dem Auftrag zu helfen, das Rattenbaby zu töten. Sie hatte es mit einer ganzen Horde Ratten in einem Labyrinth aufgenommen, damit Boots auf einem ihr ergebenen Kakerlak fliehen konnte. Luxa hatte Boots das Leben gerettet. Doch wo war Luxa jetzt? Irrte sie im Land des Todes herum? Hatten dieRatten sie gefangen genommen? War sie tot? Oder war sie durch irgendein Wunder wieder nach Hause gelangt? Und dann war da noch Luxas Fledermaus Aurora. Und Temp, der Kakerlak, der mit Boots geflohen war. Und Twitchtip, die Ratte, die eine so gute Nase hatte, dass sie sogar Farben riechen konnte. Alle seine Freunde. Alle vermisst. Sie alle drängten sich nachts in seine Träume und tagsüber in seine Gedanken.
    Gregor hatte die Unterländer gebeten, ihn auf dem Laufenden zu halten. Sie sollten ihm im Schacht seines Wäschekellers eine Nachricht hinterlassen; dort war eins der Tore zum Unterland. Warum hatten sie das nicht getan? Was war los?
    Es machte Gregor ganz verrückt, nicht zu wissen, was mit Luxa und den anderen war, und mit der mysteriösen Prophezeiung völlig allein dazustehen. Er musste sich sehr zusammenreißen, um in der Schule aufzupassen, sich seinen Freunden gegenüber normal zu verhalten und seine Sorgen vor der Familie zu

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