Grenzenlos ermitteln - 23 Raetsel-Krimis
Raum war unter seinem Tonnengewölbe kaum mannshoch und vollkommen leer.
Misstrauisch schaute der Detektiv Ziffer an. »Was machen wir hier?«
»Er prüft Sie«, hörte Marius eine Stimme hinter sich. Ein Mädchen, wohl um die 16 Jahre alt, kam die Treppe hinunter, eilte an ihm vorbei und warf sich Ziffer in die Arme.
»Papa!«
»Meine SüÃe!« Er wuschelte dem Mädchen durch die grellrot gefärbten Haare, dann blickten beide Marius an.
»Meine Tochter Belle. Marius Sandmann, ein Privatdetektiv.« Die Ãhnlichkeit der beiden war verblüffend. Vier kleine fast schwarze Augen starrten den Detektiv mit kaum unterdrückter Belustigung an.
»Glaubst du, er findet es, meine Kleine?«
»Ich weià nicht. Er sieht nicht dumm aus. Auf der anderen Seite kann das auch täuschen. Bekomme ich 500 Euro, wenn er es schafft?«
»50 reichen wohl aus«, antwortete Ziffer empört. Das Mädchen schlug ein. Sie zwinkerte Marius zu, der langsam die jahrzehntealten Wände abschritt. Solche Gewölbe wurden seit über hundert Jahren nicht mehr gebaut. Mit den Händen fühlte er die raue Oberfläche der Ziegel, spürte die kleinen getrockneten Bläschen im Mörtel und verharrte schlieÃlich an einem leicht wackligen Stein am Ende des Raumes. Vater und Tochter grinsten ihn an. Marius zog an dem Stein. Nichts geschah.
»Vielleicht ist er doch nicht so schlau, wie er aussieht, Papa?«
»Das macht die Brille, das lässt sie immer klüger erscheinen, meine kleine Belle!« Der Detektiv ignorierte den Spott. Stattdessen klopfte er den Stein prüfend ab und mit einem lauten Quietschen schwang ein zwei Quadratmeter groÃes Stück der Mauer neben ihm auf. Belle klatschte begeistert in die Hände. Ziffer zückte sein Portemonnaie, ein sündhaft teures Exemplar aus Schlangenleder, und drückte seiner Tochter einen 50-Euro-Schein in die Hand.
»Kann ich Ihnen das vom Honorar abziehen?«, fragte er den Detektiv. Der verneinte und betrat den geheimen Raum. Ziffer folgte ihm, hätte Marius allerdings fast umgerannt, denn der Detektiv war mit offenem Mund stehen geblieben. Nicht nur dass der Raum um einiges gröÃer war, als man das erwarten konnte. Er enthielt auch die wohl gröÃte Bildersammlung, die der Detektiv jemals auÃerhalb eines Museums gesehen hatte.
»Nicht schlecht, oder?«, flüsterte der Hausherr ihm über seine Schulter hinweg ins Ohr.
»Beeindruckend«, bestätigte Marius. Linker Hand versammelte sich eine Galerie alter Meister, ein Dürer-Selbstporträt, die üppigen Schönheiten Rubens, eine weite Landschaft Rembrandts, Michelangelo, da Vinci, Vermeer konnte der frühere Kunsthistoriker auf Anhieb identifizieren. Auf der anderen Seite des Saales hing die Klassische Moderne: Picasso, Matisse, Renoir. An der hinteren Wand entdeckte er die Zeitgenossen: Lüppertz, Richter, Koons, Hirst, Meese. Die gesamte Kunstgeschichte der letzten 500 Jahre war in diesem Saal versammelt. Unbezahlbare Schätze! An ein paar Stellen entdeckte Marius Lücken.
»Sie sind bestohlen worden.«
»Gestern Nacht.«
Marius riss sich vom Anblick der Meisterwerke los, auch wenn er hier Stunden, nein Wochen hätte bleiben mögen, um die Bilder zu bestaunen, und ging zu einer der leeren Stellen, wo die aufgehellte Tapete deutliches Zeugnis abgab, das hier bis vor Kurzem ein anderes, vermutlich ebenso wertvolles Meisterwerk gehangen hatte.
»Wird dieser Raum videoüberwacht?«
Ziffer schüttelte den Kopf. »Das erschien mir nie notwendig. Das Gelände rund ums Haus wird überwacht, die Räume nicht.«
»Haben Sie auf der Videoüberwachung gesehen, ob jemand ins Haus gekommen ist?«
»Nein, da war niemand.«
»Gibt es einen anderen Weg, um hier herein- oder herauszukommen?«
»Wie meinen Sie das?«
»Einen Geheimgang oder so etwas.«
Ziffer schüttelte den Kopf. »Nein, so etwas gibt es nicht.« Er grinste schief. »Lebend kommt man hier nur durch die Tür wieder heraus.«
»Was ist das denn hier?« Eine Frau stand im Eingang zu Ziffers Privatmuseum, betrachtete die Bilder und die beiden Männer in der Mitte des Saales.
Ziffer rollte genervt mit den Augen. »Das ist Kunst! Nichts, wovon du etwas verstehst. Also lass uns allein. Wir haben zu tun.«
»Aber was bei Gott â¦Â«
»Bitte nicht fluchen«, wies Ziffer
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