Grenzenlos ermitteln - 23 Raetsel-Krimis
im Festspielhaus sitzen, bei der Matinee der Wiener Philharmoniker. Das konnte er vergessen. Genauso wie am Abend âºPique Dameâ¹. Er hatte sich so auf die Tschaikowsky-Oper gefreut. Stattdessen musste er nun einen Mörder überführen. Und das würde schwierig werden, wenn er die Versammlung betrachtete. Neben fünf Hotelangestellten drängten sich 34 Gäste im Speisesaal der Pension âºIdomeneoâ¹.
Italiener, Japaner, Amerikaner, Deutsche, Franzosen, Slowaken. Die meisten von ihnen waren heute früh angekommen, hatten sich dann durch die Salzburger Altstadt schleppen lassen: Mirabellgarten, Getreidegasse, Mozarts Geburtshaus, Dom, Festung, dann Mittagessen, danach hinaus nach Hellbrunn, Blitzbesuch der Wasserspiele, und dazwischen noch ein paar Stationen der âºSound of Music Tourâ¹. Ein Monsterprogramm. Merana konnte verstehen, dass man dabei aggressiv wurde. Doch dann hätte man besser dem Wichtigtuer von Tourmanager, der als zerrupfter Papageno in seinem Sessel lümmelte, eine auf die Rübe gegeben, und nicht dem Zuckerbäcker aus Ohio. Doch der hatte sich offenbar noch unbeliebter gemacht. Er war erst in Hellbrunn zur Gruppe gestoÃen, hatte die Männer mit seiner gellend lauten Heiterkeit und dem pausenlosen Schulterklopfen genervt. Bei der Annäherung an die weiblichen Mitglieder der Gruppe war es nicht beim Schulterklopfen geblieben. Und während der Kostümparty, die von der Hotelleitung am Abend als âºHarmonisches Come Togetherâ¹ gedacht war, wurde es noch ärger. Kaum einer, mit dem sich Herman Woodchuck, der pensionierte Konditor und Star-Trek-Fan aus Dayton in Ohio, nicht angelegt hatte. Je mehr Champagner, Bier und Kirschschnaps an den Tischen geleert wurde, desto aufgekratzter war die Stimmung.
Wahrscheinlich war es während des Feuerwerkes passiert. Die Gäste waren, ausgenommen die Japaner, schon alle sehr betrunken. Sie hatten vom Garten aus die krachenden Lichterfontänen über der Festung bestaunt. Gefunden wurde der Amerikaner gleich nach Ende des Feuerwerkes von einem bayerischen Softwareprogrammierer im Försterlook, der sich mit einer italienischen Krankenschwester im Cancan-Kostüm in den Gartenpavillon verdrückte. Die beiden hatten sich auf dem Bretterboden des geräumigen Holzhäuschens halbwegs der störenden Textilien entledigt, um der gemeinsamen Völkerverständigung zu frönen, als ihnen ein seltsames Stöhnen klarmachte, dass sie nicht allein waren. Der Bayer machte Licht und erschrak. Die schwarzhaarige Dame aus Verona blieb gefasst. Eine italienische Krankenschwester konnte offenbar nichts erschüttern, auch nicht ein röchelnder Klingone auf dem Boden eines Salzburger Gartenpavillons. Sie hatte den bayerischen Förster mit heruntergelassener Lederhose weggeschickt, um Hilfe zu holen, und hatte sich um den Sterbenden gekümmert. Doch die Herbeigerufenen waren zu spät gekommen. Bei deren Eintreffen war Hermann Woodchuck bereits tot.
Eine Stunde später war Merana mit seiner Truppe zur Stelle. Nach den ersten raschen Ermittlungen stellte sich die Lage so dar: Jemand hatte dem Klingonen im Pavillon offenbar eine gegen die Nase geknallt. Der Knochen war gebrochen und die Haut aufgerissen. Der Amerikaner war nach hinten gefallen und mit dem Schädel gegen einen der Metallgartensessel gekracht, die hier gestapelt waren.
Der verblichene Herman Woodchuck konnte der Italienerin noch etwas ins Ohr flüstern. Bei der Einvernahme hörte sich das aus ihrem rubinrot geschminkten Mund an wie »Dschägg«. Mehr hatte der Zuckerbäcker aus Ohio den Lebenden als letzte Botschaft nicht zurückgelassen. Nur »Dschägg«. Das konnte viel heiÃen. Vielleicht »Check«, wie Rechnung oder Prüfung. Oder »Jack«, der männliche Vorname. Doch sie hatten keinen Jack in der Runde der 39 Versammelten. Allenfalls einen Jaques. Und der hieà eigentlich Willi, also Wilhelm Kellermann, Bankfilialleiter aus Trier, der mit zweitem Vornamen nach seinem französischen GroÃvater Jaques benannt worden war. Wilhelm Jaques Kellermann. Das war der Kirschgeistaroma verströmende Rheinland-Pfälzer mit der schiefen Plastikkrone. Der gab zwar zu, dem streitsüchtigen Herren aus Ohio am Abend einmal kurz an dessen gefurchte Klingonenstirn geklopft zu haben, weil der Amerikaner Kellermanns breithüftiger Gattin Babette an die von der griechischen Göttinnen-Wäsche
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