Grenzgänger
erwiderte er kryptisch. Ich hasse es, wenn Leute sich geheimnisvoll geben um sich interessant zu machen. »Wenn Sie möchten, können Sie morgen anfangen, Frau Rot. Solange Sie noch der Meinung sind, diesen Job haben zu wollen.«
»Äh…« Er stand auf, aber ich blieb noch sitzen. »Und was ist mit dem Gehalt? Krankenversicherung? Der ganze Bürokram?«
»Legen Sie Wert auf so etwas?« Von Fernden schien ernstlich überrascht.
»Natürlich«, gab ich empört zurück. Wenn das hier ein Scherz war, verstand ich die Pointe nicht.
»Wieso setzen Sie dann nicht einen Vertrag auf und bringen ihn Montag mit?«
Ich starrte ihn eine Sekunde an. Dann nahm ich meine Tasche und ging in Richtung Tür. Auf halbem Weg hielt von Fernden mich auf.
»Entschuldigen Sie bitte, ich wollte Sie nicht beleidigen. Ich dachte nur, Ihre Mutter hätte Sie bereits instruiert.«
»Wie ich bereits sagte, hat Sie das nicht«, fauchte ich. »Ich weiß nicht woher Sie meine Mutter kennen und was Sie Ihnen erzählt hat, aber ich weiß absolut nicht, was Sie von mir wollen.«
Von Fernden machte einen Schritt zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Die Geste wirkte nicht wütend, sondern eher nachdenklich.
»Verstehe«, brummte er. »Dann mache ich Ihnen einen Vorschlag. Kommen Sie heute Abend um acht Uhr noch einmal her. Mein Partner wird Ihnen dann mehr über den Job und Ihren Zuständigkeitsbereich sagen können. Wenn Sie danach noch für uns arbeiten wollen, steht es Ihnen frei das zu tun. Falls nicht, können Sie einfach absagen.«
Ich sah ihn groß an. War ich hier beim Geheimdienst gelandet? Wo, um Himmels willen, hatte meine Mutter mich eingeschleust? Ich sah mich in dem großen Büro mit den teuren Möbeln um. Wenn sich von Fernden und sein Partner das alles nur einbildeten musste ich zugeben, dass sie sehr überzeugend darin waren. Und auch reich. Geld konnte ich sehr gut gebrauchen. Ich seufzte. Nach kurzem Zögern schlug ich in von Ferndens Angebot ein.
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Kapitel 2
»Wenn ich es dir doch sage, sie ist absolut unwissend.« Kay wiederholte den Satz, den er an diesem Nachmittag schon dreimal gesagt hatte. Sein Partner Feng wirkte nicht so, als wäre er überzeugt.
»Ihre Mutter ist eine Hexe. Verdammt, ihr ganzes Geschlecht sind Hexen! Irgendetwas muss ihr doch mal aufgefallen sein.«
Kay schüttelte den Kopf. »Anscheinend hat ihre Mutter einige wichtige Punkte in ihrer Erziehung einfach unterschlagen. Heutzutage wird der Mondtanz und das zweite Gesicht nicht mehr so ernst genommen wie früher.«
»Ach was, das ist kein Grund!« Feng schnaubte abfällig und lief vor dem großen Fenster im Konferenzraum des Büros hin und her.
»Und Schutz vor den letzten Ausläufern der Unruhen? Vor fanatischen Rassisten oder Gruppen, die noch immer keine Ruhe geben wollen?« Kay schüttelte ohne jeden Spott den Kopf. »Es herrscht Frieden, Feng und vielleicht will Arien ihre Tochter nur schützen.«
»Vielleicht. Aber dann können weder Arien noch du erwarten, dass Feline für uns arbeitet. Sie ist viel zu jung und weiß gar nichts. Wie soll ich ihr in einer Nacht alles beibringen, was sie wissen muss? Vorausgesetzt, dass sie mir überhaupt glaubt.«
»Sie wird dir glauben«, erwiderte Kay überzeugt. »Und den Rest lernt sie noch kennen. Mit dreißig ist man noch wesentlich schneller in seiner Auffassungsgabe, als in meinem Alter.«
»Du vergisst, dass bei Menschen andere Maßstäbe gelten«, knurrte Feng.
Kay zuckte mit den Schultern. »Ich habe kaum mit ihnen zu tun. Wie soll ich da den Überblick behalten?«
Feng seufzte und nahm das Foto auf, das auf dem Tisch lag. Kay beobachtete ihn dabei. Er wusste genau, was Feng sehen würde: Eine junge Frau mit langem, rostrotem Haar, das sie offen trug. Sie lächelte. Feng ließ Felines Foto wieder sinken und Kay sah, dass er die Stirn runzelte.
»Dass sie hübsch ist, hat mit deiner Entscheidung nichts zu tun, was?«
Kay schmunzelte. »Es würde das Arbeiten zumindest angenehmer gestalten.«
Feng verdrehte die Augen. Er öffnete den Mund aber bevor er antworten konnte, klingelte es im Vorraum. Kay stand von seinem Stuhl auf. »Siehst du, dafür brauchen wir sie auch – ich habe keine Lust hier immer die Sekretärin zu spielen.«
Die Frau vor der Tür wirkte, als wäre es ihr unangenehm, überhaupt anwesend zu sein.
»Ja, bitte?«, fragte Kay.
Sie versuchte ein Lächeln, aber es erstarb recht schnell. »Ich bin
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