Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
Schmetterlinge. Pfeile, die im Flug verharren. Ein magischer Sturm. Und jetzt …« Er machte eine ausladende Handbewegung, da ihm die Finger ausgegangen waren, und in den Lücken zwischen den Männern sah ich die Geister, die sich ebenfalls zu mir drängten. »… ein ganzes Schiff voller Geister.«
»Vergiss Slevoic nicht«, warf ein Soldat ein.
»Ah, ja«, brummte Jeff. »Das Verschwinden des Scheußlichen und seiner Ein-Mann-Horror-Schau.« Viele Soldaten grinsten, nur Ryson, der am Rand stand, gegen den Wind, sah einfach nur grün aus.
»Slevoic ibn Dru?«, erkundigte sich Falkin, dessen graue Augen aufleuchteten. »Ich kenne ihn aus meiner Dienstzeit in der Königlichen Garnison. Er und Lord Gherat trieben sich immer in den Hafenkaschemmen herum.« Er verzog angewidert den Mund. »Selbst die Huren versteckten sich, wenn sie die beiden kommen sahen. Es hat mich nicht überrascht, als ich erfuhr, dass sich Slevoic in einen Hexer verwandelt hat.« Die spöttische Miene schlug in ein Grinsen um. »Und nach gestern Abend überrascht es mich auch nicht, dass Sie ihn in die Wüste geschickt haben.«
Ich starrte Falkin einen Moment an und sah dann zu Jeff, der mit den Schultern zuckte.
»Hauptmann Suiden hat mir befohlen, allen von Slevoic zu erzählen«, erklärte er. »Jedenfalls hast du dich gegen ihn zur Wehr gesetzt, dreimal. Zweimal in der Botschaft und einmal, als wir in der Gasse waren.«
»Aber …«
»Es ist bereits eine Legende in der Garnison, Sir«, mischte sich ein anderer Reiter an Falkin gewandt ein, »wie Hase drei Jahre lang Slevoic aus dem Weg gegangen ist.« Er grinste auch. »Einmal stand Hase direkt vor ihm, aber der Scheußliche hat ihn nicht gesehen, bis einer der Hauptleute Hase einen Befehl gab. Und dann konnte der Scheußliche nichts mehr machen. Er hat fast geheult vor Wut.«
»Meine Ma hat schon immer gesagt, dass ich mich vor der Nase von Leuten unsichtbar machen könnte«, murmelte ich, während ich mich an einige der üblen Begegnungen mit dem Leutnant erinnerte. Plötzlich fühlte ich einen stechenden Hunger und schob die Orange in meinen Mund. Anschließend griff ich nach einem Apfel.
»Er klingt wie ein echtes Schätzchen«, meinte einer der Matrosen. »Sohn eines Lords?«
»Er ist der Cousin eines Freundes des Königs«, antwortete Jeff. »Aber jetzt ist er weg, vogelfrei und auf der Flucht, dank Hase.«
»Ich habe nicht …«, nuschelte ich um den Apfel in meinem Mund herum.
»Doch, hast du«, fiel Jeff mir ins Wort und drehte sich auf den Absätzen herum. »Ich glaube nicht, dass irgendetwas, was du jetzt sagst, irgendjemanden aufregen kann, Hase.«
»Zum Teufel, nein.« Falkin hockte sich neben Jeff. »Wir waren so gut wie tot, Hase. Und plötzlich waren wir es nicht mehr.« Er lächelte und betrachtete mich ehrfürchtig. »Was haben Sie gemacht?«
Ich schluckte und seufzte, weil ich plötzlich das Gefühl hatte, als sollte ich mich vor allen entblößen. Ich versuchte, aufs Meer zu schauen, aber der Blick wurde mir von Matrosen, Soldaten und Geistern versperrt, also richtete ich meinen Blick auf Jeff und verzog die Lippen. »Der Sturm drohte uns umzubringen, also habe ich ihn aufgehalten.«
»Ich war gerade damit beschäftigt, das Deck zu küssen, schon vergessen?« Jeff beugte sich erwartungsvoll vor. »Wie hast du ihn aufgehalten?«
Ich kaute, rutschte unbehaglich hin und her und versuchte mich an meine Worte von gestern zu erinnern, als ich Suiden, Havram und Doyen Allwyn die Geschichte erzählt hatte.
»Er hat sich in den Wind gestellt«, erklärte Doyen Allwyn ruhig, »und der Sturm hat aufgehört, als wäre er gegen eine Wand geprallt. Und dann ist er abgeklungen.«
»Besser als die Dramen im Theater«, sagte ein Soldat staunend.
»Allerdings«, flüsterte Jeff. »Wie fühlte es sich an, Hase?«
Ich holte tief Luft. »Hast du jemals geträumt, dass du fliegen kannst?«
Ein Murmeln lief durch die Männer.
»So ähnlich war es, nur dass ich nicht geflogen bin. Ich war der Flug.« Ich zog die Decken enger um mich. »Wie der Auftrieb unter den Schwingen eines Vogels. Oder das Segeln eines Drachen.«
»Aye.« Ein alter Matrose blickte zu den Masten hinauf. »Was ihre Segel füllt, bis sie tanzt und singt.«
Ich nickte und hörte, wie der Wind leise kicherte. Dann erschauerte ich, weil ich plötzlich verstand, wie Magier von ihren Elementen verführt wurden.
»Wenn ich einen solchen Traum hatte, wollte ich, dass er nie aufhörte«, sagte Falkin leise. Die
Weitere Kostenlose Bücher