Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)
Unruhe, als einige Leute sich heimlich bekreuzigten, um nicht durch den Selbstmord von Beollans Schwester befleckt zu werden.
»Zum Glück hatte ich zu dieser Zeit weder eine Frau noch Kinder«, fuhr Beollan fort. »Also blieb mir zumindest das Entsetzen erspart, die Meinen untergehen zu sehen. Aber ich wagte auch nicht zu heiraten, weil ich nicht wusste, was mit meiner Gemahlin geschehen würde oder welche Nachkommenschaft wir zeugen würden.«
»Oh, ich weiß«, murmelte ein weißhaariger, hellhäutiger Lord der Nordlande. »Bei Gott, das verstehe ich. Der Patriarch unseres Hauses hat sich auch geweigert zu heiraten, nur um dann mit ansehen zu müssen, wie das, was er vermeiden wollte, sich in einer Nebenlinie seines Hauses zeigte … in meiner.«
»Von solchen Dingen habe ich gehört, und ich habe sie auch mit eigenen Augen gesehen«, meinte Beollan. »Aber es spielte keine Rolle, dass ich keinen Erben zeugte, da ich nicht alterte. Was bedeutete, ich konnte verfolgen, wie die Leiden des Hauses Bainswyr zunahmen und jeder Versuch, den Fluch zu brechen, scheiterte.« Er drehte sich zu Wyln herum, und seine silbernen Augen wirkten riesig in dem schmalen Gesicht. »Ich erinnere mich an Euch, Elf. Vom Krieg her. Wie Ihr mit einem Lächeln flammende Keile auf jene schleudertet, die von meinen Männern noch am Leben geblieben waren, nachdem der Faena und seine verfluchte Rune mit ihnen fertig waren.«
»Ich erinnere mich auch sehr gut an Euch, Beol lan Wulfgars Sohn«, antwortete Wyln. »So wie ich mich an viele der Häuser hier erinnere, nicht nur aus der letzten Schlacht, sondern auch aus früheren. Vielleicht werde ich Euch eines Tages von der ersten Schlacht zwischen Fae und Menschen berichten und von der Art Gnade, die Iver Bluthand meiner Frau, meinen Kindern und all den anderen Frauen und Kindern gegenüber walten ließ, die sich in das Serail des Palastes geflüchtet hatten.«
In dem nun folgenden Schweigen hörte ich die Flammen im Kamin knistern. Sie hatten ihre Stimme wiedergefunden, doch statt fröhlich zu knacken, klangen sie leise und gedämpft.
»Das ist ein Gespräch für eine andere Zeit«, brach Jusson müde die Stille. »Jetzt haben wir etwas anderes zu bereden.« Er lehnte sich wieder in dem Stuhl zurück und sah die ehemalige Schauspielerin an. »Ich habe Ihnen eine Frage gestellt, Lady Rosea. Ungeachtet Ihrer Verwandten, die behaupten, Sie wären wahnsinnig, glaube ich, dass Sie sehr wohl Recht von Unrecht unterscheiden können, wenn auch vielleicht nur in der Theorie. Dennoch haben Sie sowohl die Gesetze des Königreiches gebrochen wie auch gegen die Doktrin der Kirche, die Schwarze Magie betreffend, verstoßen. Sie haben meinen Cousin und Thronfolger angegriffen. Sie haben sich mit den Feinden meines Throns verschworen. Und selbst nach den wundersam gebannten Flüchen und zum Leben erweckten Toten gibt es jene, die tatsächlich gestorben sind: Menck, Keeve und Tyle, Rodolfo, meine Pferdeknechte und Gardisten, die im Rathaus ermordet wurden, um einen Dämon zu füttern, den Sie willentlich eingeladen haben, von sich Besitz zu ergreifen. Warum sollte ich Sie also verschonen?«
»Es gibt keinen Grund, Euer Majestät«, flüsterte Rosea.
»Nein«, stimmte Jusson ihr zu. »Es gibt keinen Grund.«
»Erbarmen, Sire«, flehte Ranulf. »Bitte.«
»Erbarmen …«, wiederholte Jusson und sah mich an. »Was sagst du dazu, Cousin? Der größte Teil des Schadens, der durch Rosea angerichtet wurde, betraf dich. Sollte ich Gnade walten lassen?«
Ich zuckte zusammen, erschreckt darüber, dass Jusson meine Meinung einholte. Trotz der neuen Uniform war ich, was mich anging, nur ein Bauernjunge, der Kavallerist geworden war. Außerdem war all das, was gegen mich gerichtet war – bis auf Slevoics Absichten vielleicht -, nicht deshalb auf mich gekommen, weil ich war, was ich war, sondern wegen der Person, die mich als ihren Verwandten anerkannt hatte, König Jusson IV. von Iversterre. Selbst Roseas Verführungsversuche hatten seltsam unpersönlich gewirkt, so als würde sie aus einem Textbuch ablesen. Die ehemalige Schauspielerin betrachtete wieder ihre Finger, die sie im Schoß verschränkt hatte. Beollan und Ranulf sahen mich an. Obwohl der Lord von Bainswyr seine Unschuld beteuert hatte, erinnerte ich mich an die brodelnde Bösartigkeit auf dem Maskenball meines Cousins Teram, wo ich gegen fünf Angreifer hatte kämpfen müssen, während Lord Esclaur hilflos, vom Gift betäubt, hinter mir lag. Ich
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