Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)
Beollan.
»Majestät!«, sagte Ranulf gleichzeitig.
Jusson hob die Hand, und sie verstummten. »Sagen Sie es mir, Lady Rosea«, erwiderte der König. »Hexerei, Nekromantie, Hochverrat, Rebellion, Mord. Und die von Ihnen soeben gestandenen Anschläge auf meinen Thronfolger. Was glauben Sie wohl?«
Rosea senkte den Kopf, und ihre Knöchel traten weiß hervor, als sie ihre Hände im Schoß verschränkte.
»Gnade, Euer Majestät«, sagte Ranulf. »Meine Schwester ist verrückt.«
»Wirklich?« Jusson hob eine Braue. »Auf mich macht sie einen sehr aufgeräumten Eindruck.«
»Nicht alle, die verrückt sind, reden mit sich selbst oder heulen den Mond an, Euer Majestät«, mischte sich Beol lan ein. »Roseas Wahnsinn ist weit subtiler. Ihre Welt wurde immer enger und enger, beschränkte sich immer mehr auf sich selbst, bis schließlich nur noch sie selbst darin existierte.«
Ich erwartete eigentlich eine Bemerkung des Königs, dass die meisten Menschen so wären, aber er schwieg einen Moment. »Das wäre allerdings sehr subtil«, meinte er schließlich. »Und ich kann mir vorstellen, dass es für Sie sehr erschreckend war.«
»Allerdings, Sire«, antwortete Ranulf. »Das war es. Wir wussten nicht, wem sie Schaden zufügen würde, oder warum und wie. Unsere alte Kinderschwester …« Er verstummte kurz und presste die Lippen zusammen. »Es ist etwas«, fuhr er dann fort, »das seit dem Krieg mit den Grenzlanden auf unserer Familie lastet. Die Männer unseres Hauses sind verflucht, wie Ihr an mir gesehen habt. Wir verwandeln uns bei jedem Vollmond in wilde Bestien …«
»Der Mond ist noch nicht voll«, warf ein Adliger sichtlich nervös ein. »Aber Sie haben sich trotzdem verwandelt.«
»Der Dämon hat den Bär gerufen, obwohl Gaias Gemahl noch nicht an seinem Platz war«, mischte sich Laurel ein und warf dabei einen nachdrücklichen Blick auf meine Teeschale. Ich seufzte, leerte sie und schüttelte mich bei dem Geschmack des lauwarmen, bitteren Tees. Laurel kannte keine Gnade und füllte die Schale nach. »Es ist die Fähigkeit der Erde«, fuhr er fort, »diese Verwandlungen hervorzurufen, und der Dämon hatte die Seelen von Menschen mit diesem Aspekt verzehrt.«
»Wenn Ihr das sagt«, erwiderte Ranulf. »Normalerweise gelingt es uns, damit umzugehen, aber nur, indem wir dafür sorgen, dass wir in bestimmten Nächten weggesperrt werden.«
»Ihr Vater hat diesen Fluch sehr erfolgreich kontrolliert«, meinte Jusson. »Ich hatte keine Ahnung, dass er damit zu kämpfen hatte.«
»Er verstand sich sehr gut aufs Zählen, Sire«, antwortete Ranulf. »Unsere Frauen dagegen verändern sich nicht, sondern verfallen dem Wahnsinn. Einige kreischen, andere verwelken, und wieder anderen geht etwas verloren, wie Rosea, die wir sogar einsperren mussten. Doch vor etwas mehr als einem Jahr gelang ihr die Flucht, und wir konnten sie nicht finden. Dann erfuhren wir, dass sie mit dieser Wandertruppe umherzog, und es gelang uns, ihre Spur bis hierher zu verfolgen.«
»Also hatte Ihre Ankunft in Freston nichts damit zu tun, dass Sie sich mit Ihrem König versöhnen wollten?«, erkundigte Jusson sich gelassen.
Ranulf rieb sich den Bart. »Ich …« Er unterbrach sich, und als Jusson wartete, seufzte er, während Beollan seine silbrigen Augen schloss. »Ihr wusstet es, Majestät?«
»Dass Sie an Flavans Komplott beteiligt waren?« Jusson zuckte mit den Schultern. »Freilich. Bedenkt, mit welch rückgratlosem Abschaum sich Teram umgeben hatte. Sobald die Rebellion gescheitert war, kamen sie angerannt und plauderten alle Geheimnisse aus, die sie jemals gehabt hatten.«
»Mein Vater kränkelte, Euer Majestät«, sagte Ranulf müde. »Meine Schwester war seit mehreren Monaten verschwunden, und mir schien es immer schlechter zu gehen. Ich war wütend, auf alles und jeden. Vor allem jedoch auf die Grenzlande. Dann tauchten Flavan und Dru auf, flüsterten mir Dinge über Euren Cousin aus den Grenzlanden ins Ohr und dass Ihr vorhättet, uns den Grenzlanden auszuliefern.«
»Also sind wir uns auf Terams Maskenball begegnet«, meinte ich.
»Ich wusste nicht, was er vorhatte«, erwiderte Ranulf.
»Wie außerordentlich vorteilhaft.«
»Es ist die Wahrheit, Hase«, meinte Ranulf. »Ich schwöre es bei meinem Haus. Ich wurde dessen erst gewahr, als Sie wieder hereinkamen und von dem Angriff gegen Sie und Lord Esclaur im Garten erzählten. Deshalb habe ich mich später mit Teram und Gherat gestritten. Wie sollten wir Ehre einfordern, wenn
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