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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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stieß die Luft aus, aber das änderte nichts an dem Druck, den er auf einmal in seiner Brust fühlte. Immer hatte er geglaubt, dass es keine stärkeren Geschöpfe als Gargoyles gab — und nun rannten sie davon wie die Ameisen, wenn Wasser in ihren Bau gedrungen war! Dunkel zogen die Bilder aus der Freienfestung an ihm vorüber. Sein ganzes Leben lang war er davon überzeugt gewesen, dass die Freien nur eines im Sinn hatten: die Gargoyles mit Hilfe der Menschen zu vernichten. Dabei hatte ihnen nichts ferner gelegen, im Gegenteil: Sie waren diejenigen gewesen, die verfolgt und vernichtet worden waren — aus Angst. Das Gesicht eines Dämons tauchte vor seinem inneren Auge auf.
Versteckt euch in den Schatten, ihr mächtigen Helden der Nacht — aus Angst, Angst, Angst! Einst eherne Engel, Helden auf Flügeln aus Stein. Was ist aus euch geworden?
    Grim fröstelte. Zum ersten Mal in seinem Leben wurde ihm mit aller Deutlichkeit klar, dass die Gargoyles sich zu einer Gesellschaft der Furcht entwickelt hatten, die sich Monster erschuf, wo es keine gab — und lieber den Kopf in den Sand steckte, statt sich gegen wirkliche Feinde zu wehren.
Verflucht, ihr müsst kämpfen,
wollte er sie anbrüllen, aber er wusste, dass es keinen Zweck haben würde. Und so blieb er in der Luft stehen, reglos und frierend, bis auch der Letzte an ihm vorübergezogen war. Remis hockte schweigend auf seiner Schulter, aber Grim war ohnehin nicht nach Reden zumute. Wortlos setzten sie ihren Weg fort.
    Der Zauber des Rattenfängers. Er hatte nicht gewusst, dass es ihn wirklich gab — er war eine Sage unter den Gargoyles, wie die Geschichte vom schwarzen Mann, die die Menschen sich erzählten. Doch Seraphin hatte den Zauber benutzt. Er hatte ihn auf die Gargoyles Ghrogonias angewandt. Grim schnaubte leise. Er selbst hatte von dem Zauber nichts zu befürchten, da er sich zu dem Zeitpunkt, da er gesprochen worden war, weit von der Hauptstadt entfernt aufgehalten hatte. Doch die Gargoyles Ghrogonias, die in jenem Augenblick in der Stadt gewesen waren, hatten dieses Glück nicht. Der Zauber hatte sich auf sie gelegt und entfaltete seine Kräfte nun in ihren Körpern wie eine tückische Krankheit. Gerade in diesem Moment fraß er sich in ihr Innerstes, bis sie ihren Willen verloren und ihm folgten — ganz gleich, zu welchem Ziel.
    Nach einer Ewigkeit erreichten sie Paris. Grim hielt sich nicht damit auf, die Bahnhöfe zu benutzen. Er vermutete, dass sämtliche Züge nach Ghrogonia ohnehin ausgefallen waren. So hastete er durch die Katakomben, fand ein Portal und schaute im nächsten Augenblick auf die Hauptstadt seines Volkes. Remis stieß einen Schreckenslaut aus, und ihm selbst stockte der Atem.
    Ghrogonia war nicht wiederzuerkennen. Ruinen ragten auf, wo noch vor Kurzem prächtige Bauten gestanden hatten, schwarz und hohl wie zerschmetterte Schädel. Sämtliche Lichter, die einst die Schluchten, Straßenzüge und Häuser erhellt hatten, waren erloschen. Es stank erbärmlich nach Qualm. Überall loderten Feuerreste, lange Rauchsäulen stiegen auf wie Seelenstrudel. Das Ewige Feuer über dem Schwarzen Dorn war verglüht. Dafür erhob sich nun ein grüner Schild rings um den Turm. Die Statue der OGP war geköpft worden, und obwohl Grim dieses Ding von Anfang an abscheulich gefunden hatte, fühlte er jetzt einen Stich in der Brust, als er es geschändet fand. Blut klebte auf den Straßen, reglose Gargoyles lagen niedergemetzelt auf dem Pflaster. Über allem hing der süße, metallische Geruch von Tod und eine unerträgliche Stille. Es war, als hätte man Ghrogonia das Herz aus der Brust gerissen und nur ein röchelndes Elend aus Fleisch und Knochen zurückgelassen.
    Remis deutete wortlos auf einen Schatten, der sich durch die Straßen bewegte. Grim erkannte, dass es ein Hybrid war — und er war nicht allein. Überall flogen sie durch die Luft. Einige trugen die schwarzen Umhänge, die er von den Schwarzmagiern kannte — aber es waren viele, so viele. Er zählte mindestens hundert. Sein Blick verfinsterte sich. Jetzt war ihm klar, wie es Seraphin gelungen war, in Ghrogonia einzudringen und das Ewige Feuer zu durchbrechen. Hinter ihm stand kein Orden aus Schwarzmagiern — hinter ihm stand eine Armee.
    Grim hielt sich in den Schatten. Lautlos glitt er mit Remis über die verwaisten Straßen und Plätze und erschrak vor den ängstlichen Gesichtern, die manchmal im Inneren eines Hauses auftauchten. Geisterhaft sahen sie aus, selbst wenn es gar keine

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