Grimes, Martha - Inspektor Jury 20 - Inspektor Jury kommt auf den Hund NEU
Haus gewesen waren. Mrs. Gault hatte die Absicht gehabt, es sich anzusehen. Ob sie es tatsächlich getan hat, weiß keiner. Der Junge war erst acht oder neun, glaube ich. Was aus ihnen wurde -?«
»- weiß man nicht.«
Marjorie Bathous schüttelte verwundert den Kopf. »Sie wollte zwei Häuser besichtigen, die an derselben Straße lagen. Ich weiß, dass sie im Lark Cottage vorbeischaute - das gefiel ihr aber nicht. >Zu niedlich, zu englisch<, war ihr knapper Kommentar. Ich dachte mir eigentlich, das ist genau das Richtige, weil es viel kleiner ist als das Winterhaus und die Gaults ja nur zu dritt waren. Außerdem ging ich davon aus, dass es bloß ein Wochenendhäuschen sein sollte. Die Besitzer, ein liebenswertes älteres Ehepaar... « Sie unterbrach sich und sah Melrose an. »Ich hätte dieses Haus auch erwähnen sollen. Vielleicht möchten Sie es besichtigen?«
»Nein, ich will nur...«
»Ja.« Jury stieß Plants Fuß unsanft vom Stuhlbein weg und sagte zu ihm: »Machen Sie das doch.« An die Maklerin gewandt, meinte er: »Es liegt auf dem Weg, sagten Sie?«
»Die beiden Häuser liegen nur ungefähr eine halbe Meile voneinander entfernt. Ich kann die Besitzer telefonisch verständigen.«
Während sie sich mit ihrem Handy beiseite wandte, sagte Melrose mit gedämpfter Stimme:
»Wieso sollen wir uns dieses Cottage ansehen?«
»Aus dem einfachen Grund: weil Glynnis Gault es getan hat.« »Ach. Na, und die Tankstelle, an der wir unterwegs vorbeigekommen sind,sollen wir uns die vielleicht auch noch näher ansehen?«
Jury schüttelte den Kopf. »Erinnern Sie mich dran, dass ich Ihnen nie einen Job anbiete.« »Okay. Lassen Sie's sein.«
Marjorie Bathous klappte ihr Handy zu und schwang sich auf ihrem
Drehstuhl zu ihnen herum. »Sie würden sich freuen. Ich sagte, in etwa einer halben Stunde, das schaffen Sie bequem. Von hier aus brauchen Sie zwanzig Minuten bis zu den Shoesmiths.« Sie schrieb es ihnen auf, zusammen mit Adresse, Telefonnummer und Wegbeschreibung, inklusive einer kleinen Skizze. Immobilienmakler waren immer so patent. Vielleicht sollte er ihr einen Job anbieten.
Marjorie Bathous sammelte alle Unterlagen zusammen und steckte sie in einen großen braunen Briefumschlag. Die Exposes vom Winterhaus und vom Lark Cottage fügte sie ebenfalls hinzu. Mit einem Blick auf das kleine Foto des Hauses auf dem Infoblatt meinte sie: »Ein wunderhübsches Fleckchen.«
»Ja«, sagte Melrose.
Sie öffnete eine Schublade, holte die Schlüssel mit einem kleinen Anhänger heraus, auf dem eine Nummer stand, und händigte sie Melrose aus. »Außer Sie möchten, dass ich Sie begleite - ?«
Die beiden anderen Makler hatten offenbar ihre Unterhaltung beendet und wandten sich wieder ihrer Arbeit zu. Jury beobachtete sie zerstreut. Dabei fielen ihm Bruchstücke von Harry Johnsons Geschichte wieder ein, und er fand sie abwechselnd verwirrend, unheimlich und traurig. Jedenfalls verhieß sie nichts Gutes.
Sie standen auf, bedankten sich bei Marjorie Bathous und gingen zum Wagen zurück.
17
Es war eine dieser schmalen, von Hecken und Trockensteinmauern gesäumten Landstraßen, in der Ferne standen Schafe, der kürzlich niedergegangene Regen tropfte noch von den Bäumen, ein Spaziergänger mit Schlehdornstock kam in Begleitung von zwei herumschnüffelnden Labradors des Weges, und Licht blitzte auf im weißen Gefieder eines aufsteigenden Gänseschwarms. Ach, England! Melrose seufzte.
»Da ist eine Schubkarre«, sagte Jury. »Und eine Kuh.«
Melrose saß am Steuer. »Ach, ich frage mich, welches welches ist.«
»Bloß für den Fall, dass Sie sie nicht gesehen haben.«
»Sie meinen, da sie ja die gesamte Straße versperren?« Melrose betätigte seine Hupe. »Schon mal eine Kuh aufgeregt in die Höhe hüpfen sehen?« Das tat sie zwar nicht, bekam jedoch einen Heidenschreck.
»Kindskopf«, meinte Jury. »Für Sie muss es immer unbedingt was Aufregendes sein, was?«
Kuh und Hirte zogen gemächlich vorbei, wobei von den beiden die Kuh noch das intelligentere Wesen zu sein schien - von allen vieren, wenn man es recht betrachtete.
»Sehr viel weiter ist es nicht.« Jury konsultierte den Plan der Maklerin. Gleich darauf deutete er hin. »Da ist es - Lark Cottage.«
Melrose drosselte das Tempo und bog in die kleine Auffahrt ein. »Schauen Sie sich das mal an: Ist doch niedlich, nicht? Und soo englisch.«
18
Die Shoesmiths - »ich bin Bob, und das ist meine bessere Hälfte, Maeve« - waren hocherfreut, ihre Bekanntschaft zu
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