Grimes, Martha - Inspektor Jury 20 - Inspektor Jury kommt auf den Hund NEU
verdient. Melrose gähnte. Er würde bloß für einen Moment die Augen zumachen...
»Halten Sie ein Nickerchen?«
Ruckartig fuhr Melrose aus dem Schlaf hoch und suchte mit wildem Blick den Raum nach dem Urheber dieser Frage ab, obgleich der direkt in seinem Blickfeld stand. »Was? Was?«, meinte er etwas dämlich.
»Sie passen perfekt hier herein«, sagte Jury, dabei angelegentlich die distinguierten Herren betrachtend, die in unterschiedlichen Stadien des Dösens, den Kopf auf den Schultern, behaglich zusammengesunken in ihren Sesseln saßen.
»Ach, ist doch lächerlich! Ich habe einfach eine ganz schlimme Nacht hinter mir. Habe kein Auge zugetan.« Bis auf die sieben oder acht Stunden mit zugetanen Augen.
»Bestimmt. Mit Kaffee, der Times, Kaminfeuer, gemütlichem Sessel... «
»Sie hören sich an wie Detective Plod bei Polly Praed. Der zählt auch endlos Sachen auf.«
»Mann, in Ihrem Alter würde ich jede Gelegenheit zu einem Nickerchen ergreifen. Kann ich auch Kaffee haben?«
Zum Zeichen hielt Melrose dem jungen Kellner, der gerade durchkam, seine Tasse entgegen.
Jury setzte sich in den Ohrensessel, der gewöhnlich von Colonel Neame okkupiert wurde. »Schon recht angenehm, die Freiheit.« Er streckte seine langen Beine aus. Der Kellner kehrte nicht nur mit einer Tasse, sondern auch mit frischem Kaffee zurück. Jury bedankte sich.
»Sie würden es keine Woche aushalten, wenn Sie Ihren Job los wären.«
»Ah, aber eine Woche habe ich es schon ausgehalten. Stimmt, das kommt ungefähr hin.« Jury zählte die Tage an den Fingern ab.
»Sie sehen doch, was Sie mit Ihrer so genannten Freiheit anstellen. Stoßen auf einen neuen Fall, der gelöst werden muss.«
»Dafür konnte ich nichts. Also, sind Sie bereit? Oder wollen Sie sich vielleicht oben noch ein wenig hinlegen, bis Sie wieder bei Kräften sind?«
»Haha. Gehen wir.«
Sie fuhren schräg in eine der Parklücken draußen vor der Immobilienfirma Forester & Flynn, gingen die flachen Stufen zu dem etwas erhöhten Gehweg hinauf und traten ein.
Melrose meinte, er würde sich draußen die Füße vertreten und sich all die Kärtchen mit den zum Verkauf stehenden Objekten ansehen, die im Schaufenster zu sehen waren. »Wenn dieses Cottage mit dem Reetdach eine Viertelmillion kostet, müsste ja Ardry End für etwa drei Milliarden weggehen.«
»Los, kommen Sie, Sie sind schließlich derjenige, der dieses Winterhaus mieten will.«
»Was? Seit wann denn das?«
»Jetzt ziehen Sie schon eins von den Visitenkärtchen mit Earl of Caverness raus, die Sie immer bei sich haben.« »Habe ich gar nicht.« »Doch, und ob.«
»Wieso haben Sie mir Ihren Plan eigentlich nicht vorher verraten?«
»Weil ich mir nicht auf dem ganzen Weg hierher Ihr Gejammer anhören wollte. Also, Sie interessieren sich für dieses Haus. Falls die Maklerin beschließt mitzukommen, verhindern Sie es.«
»Und wie?«
»Sie stellen doch was dar. Sie gehören zum Adel und sollten das Etwas-Darstellen zu einer hohen Kunst verfeinert haben.«
»Und Sie sind bei Scotland Yard, Abteilung für Verbrechensbekämpfung. Sie besitzen doch viel mehr Autorität als meine Wenigkeit.«
»Schon, aber ich will nicht, dass die denkt, ich bin deswegen hier. Jedenfalls hat Lord Ardry bereits angerufen, um diesen Termin zu vereinbaren.«
»Ach, tatsächlich! Komisch, daran kann ich mich gar nicht erinnern.«
»Sie haben damals geschlafen. Kommen Sie!« Jury hielt die Glastür auf. »Die Maklerin heißt Marjorie Bathous. Mrs., glaube ich.«
Melrose brummte ungehalten, während sie eintraten und ans andere Ende des Raums gingen, wo eine immer noch recht hübsche Frau mittleren Alters saß, eine der drei Mitarbeiter im Büro, die sie offenbar bereits erwartete. Oder ihn zumindest.
Melrose streckte ihr die Hand über den Schreibtisch hinweg entgegen. »Mrs. Bathous?«
Sie schüttelte ihm lächelnd die Hand. »Sie müssen Lord Ardry sein. Ich bin Marjorie Bathous. Das freut mich ja, dass Sie sich für dieses Objekt interessieren.«
Jury fand, dass Marjorie Bathous in ihrem dunklen Kostüm und der weißen Seidenbluse perfekt in die Schablone Geschäftsfrau passte. Sie war vermutlich schon in Marineblau zur Welt gekommen. Als er sie anlächelte, glitt ihr eigenes Lächeln von Melrose ab und ruhte nun auf Jury.
»Wie haben Sie denn vom Winterhaus erfahren?«
»Durch ihn.« Melrose machte eine wegwerfende Handbewegung in Richtung Jury. »Er kümmert sich um diese Dinge -« Ein Fuß landete auf Melroses
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