Grimm 1: Der eisige Hauch (German Edition)
weiteren Kunden hereinkamen. Seine nächste Frage sollte niemand mit anhören.
„Kennen Sie einen
Drang-Zorn
?“, erkundigte er sich.
„Einen
Drang-Zorn
?“ Der Mann sah Hank an. „Kann ich vor ihm sprechen? Ist er auch ein Grimm?“
„Verdammt, nein, ich bin kein Grimm“, schnaubte Hank.
„Verdammt, nein, er ist kein Grimm“, wiederholte Nick amüsiert. „Aber Sie können vor ihm frei sprechen.“
Popatlus zuckte mit den Achseln. „Klar kenne ich einen
Drang-Zorn
. Er ist ein Stammkunde. Fast schon ein Freund. Hab ihn seit einer Weile nicht mehr gesehen. Sonst sind wir immer bowlen gegangen, aber Sie wissen ja, wie die sind, diese Dachsleute. Haben immer miese Laune. Können einfach nicht verlieren. Daher haben wir später lieber Footballspiele zusammen geguckt.“
„Wie heißt er?“
„Clement. Buddy Clement.“
„War er ein großer Fan Ihrer Donuts?“
„Ja, er hat praktisch davon
gelebt
. Na ja, wirklich leben kann man davon nicht, aber Sie wissen, was ich meine.“
„Und sie hatten sich wegen des Bowlings gestritten?“
„Nein, weil ich ihm kein Geld leihen wollte. Er hatte vor, die Stadt zu verlassen und sagte, er habe es eilig. Angeblich hatte man irgendwas mit seinem Bankkonto angestellt, da er kein Geld mehr abheben konnte.“
„Er wollte die Stadt verlassen? Wissen Sie, warum?“
„Keine Ahnung. Ich glaube, er hatte Angst. Ehrlich gesagt fühle ich mich ein wenig schuldig, dass ich Nein gesagt habe, daher bin ich später zu seiner Wohnung gegangen und wollte ihm und seiner Frau helfen. Aber sie waren bereits ausgezogen. Die Vermieterin meinte, sie seien mitten in der Nacht verschwunden und würden ihr noch die Miete für zwei Wochen schulden.“
„Sie kannten auch seine Frau?“
„Ja, Ruby.“
„Auch ein
Drang-Zorn
?“
„Wer würde einen
Drang-Zorn
denn sonst heiraten?“
„Wo hat er gewohnt, bevor er verschwunden ist?“, wollte Nick wissen.
Popatlus schrieb die Adresse auf einen Zettel und reichte ihn Nick.
„Dann glauben Sie, Buddy hätte meine Donuts geklaut?“
„Sieht ganz danach aus.“
„Bringen Sie mir mein Eigentum zurück?“
„Sie würden doch keine alten Donuts verkaufen, die ein Dachs in den Pfoten gehabt hat, oder?“, fragte Hank und warf ihm einen unschuldigen Blick zu.
„Tja …“
„Ach, vergessen Sie’s. Haben wir noch weitere Fragen, Nick?“
Nick schüttelte den Kopf. „Ich würde gern noch woanders hinfahren.“
„Wollt ihr ein Dutzend Donuts aufs Haus?“
„Ja!“, antwortete Hank.
„Nein“, erwiderte Nick.
„Ach, komm schon, Nick. Mann, auch wenn es
im Grunde genommen
illegal ist, dass wir sie nehmen, könnten wir …“
„Ich werde ein Dutzend Donuts kaufen, Hank, und du suchst sie aus.“
„Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Ich nehme sechs Feuerhydranten mit Marmelade und ein halbes Dutzend zusammengerollte Vipern, und zwar die mit Streuseln.“
K APITEL Z WEI
„Erzählst du mir jetzt endlich, warum ich hier rumstehe und in ein Loch starre?“, sagte Hank.
Nick nickte. „Heute Morgen hat mir Renard den Bericht über den Mann, den sie da unten im Loch verbrannt gefunden haben, auf den Schreibtisch gelegt. Er war vermutlich ein
Drang-Zorn
und hatte ein Stück eines Wicked-Donut-Kartons in der Hand.
Drang-Zorn
verstecken sich gern unter der Erde, wenn sie in Panik geraten.“
„Im
Bericht
stand, er sei ein
Drang-Zorn
gewesen? Das glaub ich nicht.“
„Nein, natürlich nicht, aber Renard hatte die Stelle, an der die Leiche gefunden wurde, markiert und auch eine Stelle im Bericht des Gerichtsmediziners. Eine seiner Hände sah ungewöhnlich aus. Sie glich einer Faultierklaue. Allerdings bezweifle ich, dass er ein Faultier war, sondern tippe eher auf einen Dachs. Manchmal verwandelt sich ein
Wesen
unter traumatischen Umständen, und ein Teil der Verwandlung bleibt auch nach dem Tod bestehen. So was ist verräterisch.“
„Renard und seine geschickte Art, über Dinge zu reden, über die wir eigentlich gar nicht reden sollten …“
„Ja. Und diese Stelle ist nur zwei Blocks von Buddy Clements letzter Adresse entfernt.“
Hank sah zum Himmel hinauf, und Nick folgte seinem Blick.
„Es wird bald regnen“, meinte Nick.
„Das ist in dieser Stadt ja nichts Besonderes.“
„Es hat im August einige Wochen lang nicht geregnet.“
Nick hockte sich hin und sah in das Loch. Es war einen knappen Meter breit und schien nach unten hin schmaler zu werden, wo es in der Dunkelheit verschwand. Aus dem Schacht
Weitere Kostenlose Bücher