Grimm 1: Der eisige Hauch (German Edition)
linke Hand an. Er konnte einige Zahnabdrücke erkennen, aber Monroe hatte nur die Haut aufgeritzt.
„Tut mir echt leid, Nick“, meinte Monroe, der sich gerade aufrappelte. Er hatte wieder menschliche Gestalt angenommen und wischte sich angeekelt Blut und Gehirnmasse vom Hemd. „Du hast deine Hand zu dicht vor meinen Mund gehalten, als ich gerade voll im
Blutbader
-Kampfmodus war … Das ist wie ein Reflex … Du musst die Wunde nur desinfizieren, mehr passiert dir nicht. Ich brauch auch jede Menge Desinfektionsmittel, das Blut dieses Kerls ist einfach überall … Würg.“
Der
Blutbader
vom Eisigen Hauch war im Tod wieder zu einem Menschen geworden.
„Kennst du diesen Kerl, Monroe?“, erkundigte sich Nick.
„Nein. Das muss ein
Wesen
aus einer anderen Stadt sein, denke ich.“
Hank schnitt eine Grimasse und rieb sich die Handgelenke. Dann deutete er auf die Leiche des Trolls.
„Mann, der Kerl war echt stark. Er hätte mir beinahe die Knochen gebrochen.“
„Das hätte er in ein oder zwei Sekunden wirklich getan“, bestätigte Monroe.
„Und schnell war er auch noch. Er stand vor mir, bevor ich schießen konnte. Danke, Nick“, sagte Hank.
„Gern geschehen, Hank, aber musstest du ihn unbedingt umbringen? Ich hätte ihm gern noch ein paar Fragen gestellt.“
„Machst du Witze? Der wollte mich auffressen!“
Nick zuckte mit den Achseln. „Ich schätze, er wollte dir eher die Kehle aufreißen.“
„Oh, na,
das
wäre ja bloß halb so schlimm gewesen.“
„Muss ich jetzt auch sterben?“, fragte der
Drang-Zorn
erneut.
„Nein“, antwortete Nick, kniete sich hin, schob dem Mann die Arme auf den Rücken und legte ihm Handschellen an.
„Aber sie werden dafür sorgen. Davon bin ich überzeugt. Im Gefängnis lassen sie mich kaltmachen“, sagte der Mann traurig.
„Wir werden Sie beschützen“, versicherte ihm Nick, der allerdings sofort Schuldgefühle bekam, weil er sich nicht sicher war, ob er tatsächlich für die Sicherheit des Mannes garantieren konnte. „Was ist das für ein Zeug hier? Heroin?“
„Nein, das glaube ich nicht. Aber ich habe keine Ahnung, was es ist. Sie nennen es
Seelensieg
oder so ähnlich. Ich weiß nicht, was das bedeutet. Ich spreche kein Deutsch.“
Bei diesen Worten sah Monroe auf.
„
Seelensiegel?
“
„Ja, ich glaube, das war’s. Wie lange soll ich hier noch auf dem Bauch rumliegen?“
Nick half ihm, aufzustehen.
„Was ist dieses
Seele
-Zeug genau?“, fragte er.
Monroe pflückte sich ein Stück Gehirnmasse vom Hemd. „Das Mittel ist legendär. Ich wusste nicht, dass es wirklich existiert … Und sehr viel weiß ich auch gar nicht darüber. Rosalee kann euch bestimmt mehr erzählen.“
Nick nahm einen Beweismittelbeutel aus der Jackentasche, zog sein Taschenmesser hervor und stach es in einen der Pulverziegel. Er schaufelte einige Gramm in den Beutel, wobei er darauf achtete, nichts auf die Hände zu bekommen, und verstaute ihn wieder.
„Rosalee soll sich das Zeug mal ansehen …“, meinte er.
„Das wird keinen guten Eindruck machen, wenn jemand herausfindet, dass du Beweise gesichert hast, bevor die Kriminaltechniker hier gewesen sind“, merkte Hank an.
„Das gehört dann wohl auch zu den Dingen, die wir lieber verschweigen sollten“, entgegnete Nick. „Wir sollten miteinander abgleichen, wie unsere offizielle Version aussieht … Und dann gehst du hoch und rufst die Spurensicherung und den Leichenwagen.“
„Die kommen bestimmt wahnsinnig gern hier runter“, murmelte Hank.
K APITEL S IEBEN
Es war dunkel draußen, und Monroe trug seine zweitbesten Schuhe, als er die Nebenstraße entlang zu der dunklen Sackgasse lief, in der die Perkins-Familie wohnte. Dorine Perkins, Lily Perkins, Alvin Perkins Jr., Bewohner von 1300 Shady Court. Alvin Perkins Senior war tot. Er war im Wald gestorben, am Fuß des Mt. Hood, und das schon vor einiger Zeit. Es war Jahre her. Ihm war die Kehle aufgerissen worden.
Er war in Ausübung seines Jobs gestorben und hatte eine Frau und zwei Kinder hinterlassen.
Monroe kam an der Ecke an und blieb stehen, halb hinter einem Rhododendronbusch verborgen, der an einem überwucherten Hof zu seiner Rechten über den Zaun wuchs. Aufgrund der zunehmenden Kälte hatte er die Hände in die Hosentaschen gesteckt, und er starrte zu dem Häuschen in der Sackgasse hinüber. An dem kleinen weißen Gebäude rankten Efeu und Geißblatt empor, und die orange gewordenen Blätter eines Zuckerahorns fielen bereits auf das mit Moos
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