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Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)

Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)

Titel: Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Carl Grimm , Jacob Ludwig Carl Grimm
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und zeigte ihr an, daß die Arbeit vollbracht wäre. »Du hättest längst fertig sein sollen«, sagte sie und ward blaß vor Ärger, aber sie sann etwas Neues aus.
     
    Am dritten Morgen sprach sie zu dem Mädchen: »Dort in der Ebene mußt du mir ein schönes Schloß bauen, und zum Abend muß es fertig sein.«
     
    Das Mädchen erschrak und sagte: »Wie kann ich ein so großes Werk vollbringen?« – »Ich dulde keinen Widerspruch«, schrie die Stiefmutter. »Kannst du mit einem durchlöcherten Löffel einen Teich ausschöpfen, so kannst du auch ein Schloß bauen. Noch heute will ich es beziehen, und wenn etwas fehlt, sei es das Geringste in Küche oder Keller, so weißt du, was dir bevorsteht.«
     
    Sie trieb das Mädchen fort, und als es in das Tal kam, so lagen da die Felsen übereinander aufgetürmt; mit aller seiner Kraft konnte es den kleinsten nicht einmal bewegen. Es setzte sich nieder und weinte, doch hoffte es auf den Beistand der Alten. Sie ließ auch nicht lange auf sich warten, kam und sprach ihm Trost zu: »Lege dich nur dort in den Schatten und schlaf, ich will dir das Schloß schon bauen. Wenn es dir Freude macht, so kannst du selbst darin wohnen.«
     
    Als das Mädchen weggegangen war, rührte die Alte die grauen Felsen an. Alsbald regten sie sich, rückten zusammen und standen da, als hätten Riesen die Mauer gebaut. Darauf erhob sich das Gebäude, und es war, als ob unzählige Hände unsichtbar arbeiteten und Stein auf Stein legten. Der Boden dröhnte, große Säulen stiegen von selbst in die Höhe und stellten sich nebeneinander in Ordnung. Auf dem Dach legten sich die Ziegeln zurecht, und als es Mittag war, drehte sich schon die große Wetterfahne wie eine goldene Jungfrau mit fliegendem Gewand auf der Spitze des Turms.
     
    Das Innere des Schlosses war bis zum Abend vollendet. Wie es die Alte anfing, weiß ich nicht, aber die Wände der Zimmer waren mit Seide und Samt bezogen, buntgestickte Stühle standen da und reichverzierte Armsessel an Tischen von Marmor, kristallne Kronleuchter hingen von der Bühne herab und spiegelten sich in dem glatten Boden; grüne Papageien saßen in goldenen Käfigen und fremde Vögel, die lieblich sangen. Überall war eine Pracht, als wenn ein König da einziehen sollte.
     
    Die Sonne wollte eben untergehen, als das Mädchen erwachte und ihm der Glanz von tausend Lichtern entgegenleuchtete. Mit schnellen Schritten kam es heran und trat durch das geöffnete Tor in das Schloß. Die Treppe war mit rotem Tuch belegt und das goldene Geländer mit blühenden Bäumen besetzt. Als es die Pracht der Zimmer erblickte, blieb es wie erstarrt stehen. Wer weiß, wie lang es so gestanden hätte, wenn ihm nicht der Gedanke an die Stiefmutter gekommen wäre. »Ach«, sprach es zu sich selbst, »wenn sie doch endlich zufriedengestellt wäre und mir das Leben nicht länger zur Qual machen wollte.«
     
    Das Mädchen ging und zeigte ihr an, daß das Schloß fertig wäre. »Gleich will ich einziehen«, sagte sie und erhob sich von ihrem Sitz. Als sie in das Schloß eintrat, mußte sie die Hand vor die Augen halten, so blendete sie der Glanz. »Siehst du«, sagte sie zu dem Mädchen, »wie leicht dir’s geworden ist, ich hätte dir etwas Schwereres aufgeben sollen.«
     
    Sie ging durch alle Zimmer und spürte in allen Ecken, ob etwas fehlte oder mangelhaft wäre, aber sie konnte nichts auffinden. »Jetzt wollen wir hinabsteigen«, sprach sie und sah das Mädchen mit boshaften Blicken an, »Küche und Keller muß noch untersucht werden, und hast du etwas vergessen, so sollst du deiner Strafe nicht entgehen.«
     
    Aber das Feuer brannte auf dem Herd, in den Töpfen kochten die Speisen, Kluft und Schippe waren angelehnt und an den Wänden das blanke Geschirr von Messing aufgestellt. Nichts fehlte, selbst nicht der Kohlenkasten und die Wassereimer. »Wo ist der Eingang zum Keller?«, rief sie. »Wenn der nicht mit Weinfässern reichlich angefüllt ist, so wird dir’s schlimm ergehen.«
     
    Sie hob selbst die Falltüre auf und stieg die Treppe hinab; aber kaum hatte sie zwei Schritte getan, so stürzte die schwere Falltüre, die nur angelehnt war, nieder. Das Mädchen hörte einen Schrei, hob die Tür schnell auf, um ihr zu Hilfe zu kommen; aber sie war hinabgestürzt, und es fand sie entseelt auf dem Boden liegen.
     
    Nun gehörte das prächtige Schloß dem Mädchen ganz allein. Es wußte sich in der ersten Zeit gar nicht in seinem Glück zu finden, schöne Kleider hingen in den

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