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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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schliefen sie friedlich. Inschriften, Namen oder Sterbedaten konnten sie nicht entdecken.
    »Die müssen Hunderte von Jahren alt sein«, sagte Salietti. Als sie den Kreis abgeschritten hatten, hatte Grimpow einen Geistesblitz. »Die Krypta hat einen achteckigen Grundriss!«, rief er. Ihm war die Zeichnung der Quadratur des Kreises wieder eingefallen, die Bruder Rinaldo von Metz für ihn angefertigt hatte.
    Er erklärte Salietti die Bedeutung des Achtecks und der Burgen des Steinkreises, so wie der Mönch es damals im Geheimkabinett der Abtei ihm erklärt hatte. Viele Festungen und Kirchen der Tempelritter, so führte er aus, seien achteckig, als Sinnbild für die Verschmelzung von Himmel und Erde, die Harmonie zwischen dem Göttlichen und dem Menschlichen, denn diese besäßen im Universum dieselbe Mitte.
    »Aber diese Kirche hat nie den Rittern vom Tempel Salomons gehört«, wandte Salietti ein.
    »Deshalb muss sie irgendeinen Bezug zum Geheimnis der Weisen haben. Genau darum ist es dem alten Gandalf Labox gegangen«, erwiderte Grimpow. Instinktiv schritt er noch einmal unter einem der Bögen hindurch und steuerte auf die Mitte der Krypta zu.
    Salietti folgte ihm und leuchtete ihm mit dem Kandelaber. Das Herz des Jungen schlug höher, als er eine Inschrift entdeckte, die von den acht Sarkophagen umringt wurde, als wären es acht Ritter, die sie bewachten, wenn auch ohne Schilde und Waffen.
    »Hier!«, rief er aufgeregt.
    Beide starrten auf die kreisförmig in den Felsboden gemeißelten Zeichen. Es waren die gleichen Schriftzeichen wie im versiegelten Brief des toten Edelmannes und Grimpow konnte sie mühelos entziffern.

    »Was bedeuten diese Zeichen?«, fragte Salietti ungeduldig. Grimpow hatte aus dem Gemeindearchiv ein Stück Pergament und einen Kohlestift mitgenommen. Damit trat er nun in den Lichtkegel des Kandelabers und schrieb:

    GEHE INS TAL DER SONNE GEMIHINES

    »Das ist dasselbe Tal der Sonne, von dem auch auf dem Pergament die Rede ist. Ob es tatsächlich von Gandalf Labox stammt?«, überlegte er.
    »Vielleicht handelt es sich lediglich um eine gemeinsame Inschrift für diese namenlosen Sarkophage«, mutmaßte Salietti, völlig verblüfft über ihre Entdeckung.
    »Aber sie ist in derselben Geheimschrift abgefasst wie der versiegelte Brief«, gab Grimpow zu bedenken.
    Salietti verlor sich in den Anblick der in den Fels gemeißelten Inschrift. Schließlich sagte er: »Vielleicht liegen in dieser Krypta nicht die ehemaligen Priester der Kirche begraben, sondern acht weise Wächter des Geheimnisses. Deshalb sind die Gräber auch so alt und tragen weder Namen noch Sterbedaten.«
    »Willst du damit sagen, dass sich das Geheimnis der Weisen womöglich unter diesem Felsen verbirgt?«, fragte Grimpow.
    »Das ist nur eine Vermutung, auch wenn sich die Inschrift auf den Übergang ins Jenseits nach dem Tod zu beziehen scheint. Das Tal der Sonne kann so etwas wie der Garten Eden oder das Paradies sein, in das allen Religionen zufolge die Seelen der Toten gelangen und wo ewiges, goldenes Licht scheint. Und GEMIHINES ist vielleicht nichts anderes als der Name des Weisen, der diese Inschrift angebracht hat«, rätselte Salietti.
    »Vielleicht ist dieses Tal der Sonne ja auch der Ort, an dem das Geheimnis der Weisen verborgen liegt, und man kann es nur ausfindig machen, indem man dorthin geht«, bemerkte Grimpow.
    »Jedenfalls handelt es sich um ein neues Rätsel, das schwer zu verstehen ist. Ich frage mich, ob Gandalf Labox den Sarkophag öffnen konnte, bevor Fenio de Vokkos Soldaten ihn festgenommen haben.«
    »Das werden wir nie erfahren, außer von ihm selbst«, erwiderte Grimpow.
    »Ich vertraue darauf, dass es den Schergen der Inquisition nicht gelingt, ihm sein Wissen zu entreißen. Wenn sie ihn foltern und er preisgibt, was er in dieser Kirche gesucht hat, wird es nicht lange dauern, bis die Soldaten des Barons oder des französischen Königs zurückkommen.«
    Jeder hing seinen eigenen Gedanken und Befürchtungen nach und versuchte eine vernünftige Erklärung für die geheimnisvolle Inschrift zu finden. Grimpow verfiel sogar auf die Idee, das Tal der Sonne sei vielleicht nur ein Sinnbild, wie bei den Alchimisten, und anstelle des alchimistischen Goldes stehe hier die Sonne für das Licht der Weisheit, genau wie im Brief des in den Bergen erfrorenen Edelmannes. Mit einem Mal war Grimpow davon überzeugt, dass sich in der Krypta noch etwas anderes befand als nur die in den Felsboden gemeißelte

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