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Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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weiß.
    Ich schloss die Augen, denn vor mir explodierte eine grelle Flut von Licht. Es schien meinen Kopf auszufüllen, mich zu blenden und zu ertränken. Über mir ertönte ein grässlicher Schrei. Ich spürte, wie der Volkra seinen Griff löste, wie ich nach vorne kippte, wie mein Kopf auf das Deck schlug. Dann spürte ich nichts mehr.

Ich erwachte ruckartig. Ich spürte Fahrtwind auf der Haut, und als ich die Augen öffnete, sah ich etwas, das an dunkle Rauchfahnen erinnerte. Ich lag auf dem Rücken, an Deck des Skiffs. Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, dass sich die Finsternis lichtete und vereinzelten, trüben Schlieren wich, zwischen denen die helle Herbstsonne leuchtete. Ich schloss tief erleichtert die Augen. Gleich haben wir die Schattenflur hinter uns, dachte ich. Wir haben es geschafft. Aber hatten wir es tatsächlich geschafft? Ich erbebte am ganzen Körper, als ich mich an den Angriff der Volkra erinnerte. Wo war Maljen?
    Ich wollte mich aufrichten, aber ein stechender Schmerz durchzuckte meine Schulter. Ich verdrängte ihn, hievte mich hoch – und sah in die Mündung eines Gewehrlaufs.
    Â»Weg damit«, fauchte ich und schlug das Gewehr zur Seite.
    Der Soldat schwang es wieder herum und stieß es drohend in meine Richtung. »Bleib, wo du bist«, befahl er.
    Ich starrte ihn verblüfft an. »Was ist los mit dir?«
    Â»Sie ist aufgewacht!«, rief er über die Schulter. Sofort kamen zwei weitere bewaffnete Soldaten angerannt sowie der Kapitän des Skiffs und eine Korporalnik. Panik durchfuhr mich, als ich sah, dass ihre rote Kefta schwarz bestickte Ärmelaufschläge hatte. Was wollte eine Entherzerin von mir?
    Ich sah mich um. Am Mast stand ein Stürmer und sorgte mit hoch erhobenen Armen für einen starken Wind, der die Segel blähte. Neben ihm stand ein einzelner Soldat. Das Deck war glitschig von Blut. Bei der Erinnerung an die Schrecken der Schlacht drehte sich mir der Magen um. Ein Heiler der Korporalki kümmerte sich um die Verwundeten. Wo war Maljen?
    Soldaten und Grischa standen an der Reling, blutig, mit Brandwunden und in viel geringerer Zahl als bei unserem Aufbruch. Alle starrten mich wachsam an. Meine Angst wuchs, als mir bewusst wurde, dass die Soldaten und die Korporalnik mich bewachten. Wie eine Gefangene.
    Ich sagte: »Maljen Oretsew. Er ist Fährtenleser. Er wurde während des Angriffs verwundet. Wo ist er?« Niemand gab mir eine Antwort. »Bitte«, flehte ich. »Wo ist er?«
    Das Skiff hielt mit einem Ruck. Der Kapitän winkte mir mit seinem Gewehr. »Aufstehen.«
    Ich überlegte, mich so lange zu weigern, bis sie mir erzählt hatten, was mit Maljen geschehen war, aber nach einem Blick auf die Entherzerin verwarf ich diesen Plan. Ich stand auf, biss die Zähne zusammen, weil meine Schulter schmerzte, und kam ins Stolpern, weil sich das Skiff wieder bewegte. Hafenarbeiter zogen es auf festen Boden. Ich streckte instinktiv eine Hand aus, um nicht zu fallen, aber der Soldat, den ich dabei berührte, schrak zurück, als hätte ich ihn verbrannt. Dann taumelte ich vorwärts, aber meine Gedanken waren ein einziges Chaos.
    Das Skiff kam erneut zum Stillstand.
    Â»Weiter«, befahl der Kapitän.
    Die Soldaten führten mich mit vorgehaltener Waffe vom Skiff. Ich kam an den anderen Überlebenden vorbei, die mich neugierig und furchtsam zugleich anstarrten, und erblickte den Obersten Kartografen, der aufgeregt auf einen Soldaten einredete. Ich wäre gern stehen geblieben, um ihn nach Alexej zu fragen, traute mich aber nicht.
    Als ich auf den Anleger trat, stellte ich überrascht fest, dass wir wieder in Kribirsk waren. Wir hatten die Schattenflur gar nicht durchquert. Ich erschauderte. Aber es war immer noch besser, mit einem Gewehr im Rücken durch das Feldlager zu gehen, als durch die Ödsee zu irren.
    Allerdings nicht viel besser, dachte ich verängstigt.
    Als ich die Hauptstraße hinaufgeführt wurde, wandten sich die Leute von der Arbeit ab und starrten mich an. Mir schwirrte der Kopf. Ich suchte vergeblich nach Antworten. Hatte ich in der Schattenflur etwas angestellt? Etwa gegen militärische Regeln verstoßen? Und wie waren wir entkommen? Meine Schulterwunden pochten. Ich konnte mich nur noch daran erinnern, wie der Volkra seine Klauen in meinen Rücken geschlagen hatte, an den schrecklichen Schmerz und das blendend helle Licht, das gleich darauf

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