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Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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das Licht wie von selbst aufschien. Zu meiner Überraschung schoss es über das Eis und erhellte die kleine Insel mitten im See.
    Â»Weiter!«, forderte Baghra. »Was bremst dich?«
    Ich horchte noch tiefer in mich hinein. Daraufhin flutete das Licht über die Insel und tauchte den ganzen See sowie die Schule am anderen Ufer in schimmerndes Licht. Trotz des Schnees umgab uns heller, warmer Sonnenschein. Die Macht ließ meinen Körper erbeben. Das war großartig, aber ich ermüdete langsam und merkte, dass ich an meine Grenzen stieß.
    Â»Noch mehr!«, rief Baghra.
    Â»Mehr schaffe ich nicht«, gab ich zurück.
    Â»Mehr!«, drängte sie so vehement, dass in meinem Inneren eine Alarmglocke ertönte. Meine Konzentration fiel in sich zusammen. Das Licht flackerte und entglitt meiner Kontrolle. Ich wollte es stabilisieren, aber es erlosch und kurz darauf versanken erst die Schule, dann die Insel und schließlich das Ufer in Dunkelheit.
    Â»Das reicht noch nicht.« Ich erschrak beim Klang der Stimme. Der Dunkle trat aus den Schatten auf den von Laternen erhellten Pfad.
    Â»Vielleicht doch«, sagte Baghra. »Du siehst ja, wie stark sie ist. Ich musste ihr nicht einmal helfen. Sie schafft es auch ohne Kräftemehrer.«
    Der Dunkle schüttelte den Kopf. »Sie wird den Hirsch bekommen.«
    Baghra zog eine grimmige Grimasse. »Du bist ein Narr.«
    Â»Ich kenne schlimmere Beschimpfungen. Und die meisten kamen aus deinem Mund.«
    Â»Die Sache mit dem Hirsch ist blanker Unsinn. Du musst noch einmal in Ruhe darüber nachdenken.«
    Die Miene des Dunklen gefror. »Ich muss ? Du erteilst mir keine Befehle mehr, alte Frau. Ich weiß, was getan werden muss.«
    Â»Vielleicht überrasche ich Euch noch«, wagte ich zu sagen. Der Dunkle und Baghra drehten sich nach mir um und starrten mich an. Sie schienen mich vergessen zu haben. »Baghra hat Recht. Ich kann noch mehr, das weiß ich. Und ich kann noch härter an mir arbeiten.«
    Â»Du warst auf der Schattenflur, Alina. Du weißt, wogegen wir kämpfen müssen.«
    Ich wurde plötzlich störrisch. »Ich spüre, dass meine Kräfte täglich wachsen. Wenn Ihr mir die Gelegenheit gebt …«
    Der Dunkle schüttelte wieder den Kopf. »Nein, ich kann dir keine weitere Gelegenheit geben. Du solltest dir darüber im Klaren sein, dass Rawkas Zukunft auf dem Spiel steht.«
    Â»Ich weiß«, sagte ich benommen.
    Â»Ach ja?«
    Â»Ja«, sagte ich. »Ohne Morozows Hirsch bin ich so gut wie nutzlos.«
    Â»Ha! Sie ist also nicht so dumm, wie sie aussieht«, kicherte Baghra.
    Â»Lass uns allein«, sagte der Dunkle mit plötzlichem Zorn.
    Â»Dein Stolz wird uns alle viel kosten, Junge.«
    Â»Ich sage es nicht noch einmal.«
    Baghra warf ihm einen düsteren, angewiderten Blick zu, dann wandte sie uns den Rücken zu und ging zu ihrer Hütte.
    Nachdem sie die Tür zugeknallt hatte, betrachtete der Dunkle mich im Laternenschein. »Du siehst gut aus«, sagte er.
    Â»Danke«, murmelte ich und senkte den Blick. Vielleicht konnte Genja mir beibringen, wie man mit Komplimenten umging.
    Â»Willst du zum Kleinen Palast zurückkehren? Darf ich dich begleiten?«, fragte er.
    Wir gingen schweigend am See entlang. Hinter den leeren, aus Stein erbauten Pavillons sah ich die Lichter der Schule.
    Schließlich konnte ich mich nicht mehr beherrschen. »Habt Ihr etwas in Erfahrung bringen können? Über den Hirsch?«, fragte ich.
    Er kniff die Lippen zusammen. »Nein«, sagte er. »Meine Männer vermuten, dass die Herde die Grenze nach Fjerda überquert hat.«
    Â»Oh«, sagte ich und versuchte meine Enttäuschung zu verbergen.
    Er blieb unvermittelt stehen. »Ich denke nicht, dass du nutzlos bist, Alina.«
    Â»Ja, ich weiß«, sagte ich, den Blick auf meine Stiefel gesenkt. »Ich bin nicht nutzlos. Aber auch nicht richtig nützlich.«
    Â»Kein Grischa ist mächtig genug, um es mit der Schattenflur aufzunehmen. Nicht einmal ich.«
    Â»Ja, das weiß ich.«
    Â»Aber es gefällt dir nicht.«
    Â»Wie auch? Wozu tauge ich, wenn ich Euch nicht bei der Zerstörung der Schattenflur helfen kann? Zur Beleuchtung mitternächtlicher Picknicks? Um Euch im Winter die Füße zu wärmen?«
    Er lächelte schwach. »Mitternächtliche Picknicks?«
    Ich konnte mich nicht zu einem Lächeln aufraffen.

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