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Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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ich allerdings noch nie gesehen.
    Â»Der Sobatschka?«
    Â»Du kannst doch einen Prinzen nicht ›Welpe‹ nennen«, sagte ich lachend.
    Â»So nennt ihn jeder.« Sie senkte die Stimme. »Man munkelt, dass er nur ein halber Prinz ist.«
    Ich hätte mich fast am Tee verschluckt. »Nein!«
    Â»Mit Sicherheit weiß das nur die Zarin. Auf jeden Fall ist er eine Art schwarzes Schaf. Er hat darauf bestanden, seinen Militärdienst in der Infanterie abzuleisten, und danach hat er Büchsenmacher gelernt.«
    Â»Und er hält sich nie bei Hofe auf?«
    Â»Schon seit Jahren nicht mehr. Ich glaube, er studiert irgendwo Schiffbau oder etwas ähnlich Langweiliges. Er würde sich sicher blendend mit David verstehen«, fügte sie säuerlich hinzu.
    Â»Worüber unterhaltet ihr zwei euch überhaupt?«, fragte ich neugierig, denn ich begriff einfach nicht, warum Genja so von dem Fabrikator fasziniert war.
    Sie seufzte. Ȇber das Übliche. Das Leben. Die Liebe. Den Schmelzpunkt von Eisenerz.« Sie wickelte eine ihrer Locken um einen Finger und eine hübsche Röte stieg ihr in die Wangen. »Er kann sehr lustig sein, wenn er es mal zulässt.«
    Â»Wirklich?«
    Genja zuckte mit den Schultern. » Ich finde ihn jedenfalls lustig.«
    Ich tätschelte ermutigend ihre Hand. »Er kommt bestimmt zur Besinnung. Er ist nur schüchtern.«
    Â»Ich sollte mich auf seine Werkbank legen. Vielleicht hält er mich dann für ein Schmuckstück.«
    Â»Ich glaube, so beginnen die schönsten Liebesgeschichten.«
    Sie lachte und ich hatte plötzlich leise Schuldgefühle, denn Genja erzählte immer offenherzig von David, aber ich hatte nie von Maljen berichtet.
    Weil es nichts zu berichten gibt, rief ich mir streng in Erinnerung und kippte noch mehr Zucker in den Tee.
    Eines stillen Nachmittags – die anderen Grischa unternahmen Ausflüge in das Umland von Os Alta – überredete Genja mich zu einem heimlichen Besuch im Großen Palast. Wir stöberten stundenlang in den Kleidern und Schuhen im Ankleideraum der Zarin. Genja bestand darauf, dass ich ein blassrosa, mit Süßwasserperlen besetztes Kleid anprobierte, und nachdem sie es hinten zugeschnürt und mich vor den Spiegel geschubst hatte, traute ich meinen Augen nicht.
    Ich war Spiegeln immer aus dem Weg gegangen, weil mir mein eigener Anblick verhasst gewesen war. Aber die neben Genja stehende junge Frau, die ich nun erblickte – das war doch nicht ich. Diese junge Frau hatte rosige Wangen und glänzende Haare und … eine richtige Figur! Ich hätte sie stundenlang betrachten mögen. Wenn mich der gute, alte Michail jetzt gesehen hätte … Von wegen Besenstiel , dachte ich selbstgefällig.
    Genja fing im Spiegel meinen Blick auf und grinste.
    Â»Hast du mich deshalb hierhergeführt?«, fragte ich argwöhnisch.
    Â»Wie meinst du das?«
    Â»Du weißt genau, wie ich das meine.«
    Â»Du solltest endlich einmal einen richtigen Eindruck von dir selbst bekommen. Mehr wollte ich nicht.«
    Ich schluckte den Kloß im Hals hinunter und umarmte sie. »Danke«, flüsterte ich. Dann schob ich sie sanft von mir fort. »Geh bitte beiseite. Denn wenn du neben mir stehst, finde ich mich trotz allem hässlich.«
    Wir probierten den ganzen Nachmittag Kleider an, stellten uns kichernd vor den Spiegel und vergaßen darüber die Zeit. Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas Spaß machen würde. Schließlich musste Genja mir in aller Eile aus einem aquamarinblauen Ballkleid und danach in meine Kefta helfen, weil ich zum Abendunterricht bei Baghra musste. Ich kam zu spät, obwohl ich den ganzen Weg gerannt war. Baghra war stinksauer.
    Der Spätunterricht bei Baghra war immer eine Herausforderung, aber bei dieser Gelegenheit war sie besonders streng mit mir.    
    Â»Beherrschung!«, fauchte sie, als ich nur eine fahle Welle aus Sonnenlicht am Seeufer aufflackern ließ. »Wo sind deine Gedanken?«
    Beim Abendessen, dachte ich. Genja und ich hatten uns so selbstvergessen im Ankleidezimmer der Zarin amüsiert, dass wir das Essen ausgelassen hatten, und nun knurrte mein Magen.
    Ich konzentrierte mich. Das Licht wurde heller und schien weit über den zugefrorenen See.
    Â»Schon besser«, sagte sie. Ȇberlass dem Licht die Arbeit. Gleiches ruft Gleiches.«
    Ich versuchte mich zu entspannen, damit

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