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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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bartfrei. In der Nacht, als Raliána schlief, revanchierte er sich für ihren Streich. Als die Moorelfe am Morgen aufwachte, konnte er ein lautes Lachen nicht unterdrücken. Zunächst war sie verwirrt, dann fuhr sie sich übers Kinn und erstarrte, als sie das Ziegenbärtchen aus Pferdehaar ertastete, welches Dimdur ihr während der Nacht angeklebt hatte.
    Raliánas Stirn runzelte sich bedrohlich. Eine Falte erschien zwischen ihren Augenbrauen, und wie sie so auf ihn zukam, beschlich Dimdur eine große Furcht. War Raliána etwa ernsthaft böse? Würde sie ihm etwas antun, ihn vielleicht gar töten und im Moor versenken? Seine Hände begannen zu zittern, er torkelte zurück, öffnete den Mund und setzte zu einer Entschuldigung an, aber als sie, ihre Hände in die schmalen Hüften gestützt, so drohend vor ihm stand, bekam er kein Wort heraus. Wie ein Fisch auf dem Trockenen schnappte Dimdur nach Luft, doch urplötzlich zuckten Raliánas Mundwinkel.
    »Du kannst gar kein Zwerg sein, denn die würden niemals Unsinn mit etwas treiben, was ihnen so heilig ist wie ein Bart!« Dann richtete sie sich stolz auf, hob das Kinn und meinte: »Ich bin die erste Moorelfe mit Kinnbart – ich bin etwas Besonderes.«
    Ein erleichtertes Lachen entstieg Dimdurs Kehle. Offenbar verstand sie doch auch Scherze auf ihre Kosten. »Ich dachte schon, du wärst zornig auf mich«, stieß er hervor.
    Jetzt grinste die Moorelfe über ihr ganzes Gesicht. »Ich bin doch keine von diesen dürren Waldgespenstern , wie du immer so schön sagst. Moorelfen besitzen deutlich mehr Humor.« Mit gespielter Arroganz zupfte sie an ihrem Bart herum. »Sehr kleidsam, vermutlich könnte ich damit sogar einen Sumpftroll zum Narren halten, denn er wüsste sicher nicht, welch ein Wesen ich bin und ob man mich essen kann.«
    Scherzend machten sie sich auf den Weg, durchwanderten ein ausgedehntes Seengebiet, doch irgendwann gebot Raliána Dimdur, still zu sein. »Dieses Gebiet birgt einige Gefahren.«
    Voller Unbehagen sah sich Dimdur um. Der gesamte Sumpf war ihm nicht geheuer, aber seit einiger Zeit war ein seltsames Gefühl in ihm hochgekrochen, dessen er sich erst jetzt richtig bewusst wurde. Hier wirkte alles noch einmal düsterer. Niedrige, knorrige Bäume wuchsen zwischen den brodelnden Moorflächen, und hätte er es nicht besser gewusst, er hätte schwören können, diese Bäume beobachteten ihn aus bösartigen kleinen Augen.
    »Welche Gefahren?«, erkundigte er sich atemlos.
    »Verschiedene Sumpfbewohner«, antwortete Raliána ausweichend, dann lächelte sie aufmunternd. »Hab keine Furcht, wir werden ihnen aus dem Weg gehen.«
    Aber Dimdur fürchtete sich, beständig suchte sein Blick die Umgebung ab, aber er konnte wenig erkennen, denn bald zogen Nebelschwaden auf. Leichtfüßig schritt Raliána durch den Sumpf, die Schultern angespannt, den Bogen griffbereit in der Hand. Sie erinnerte Dimdur an ein Wildtier auf der Jagd, stets wachsam, elegant und tödlich. Er selbst musste sich sputen, ihr zu folgen, und als er von einem glitschigen Stamm abrutschte, über den sie balancieren mussten, landete er mit einem lauten Platschen im knietiefen Wasser.
    Sofort war Raliána zur Stelle, zog ihn heraus und zischte dann missbilligend: »Du musst dich still verhalten!« Ihre grünen Augen wanderten rastlos umher. Als es unmittelbar neben ihnen laut blubberte, spannte sie ihren Bogen, zielte auf die sich bildende Luftblase und verharrte bewegungslos. Dimdur riss die Augen weit auf, wagte kaum zu atmen, aber plötzlich verschwand die Blase wieder, und Raliána entspannte sich.
    »Komm jetzt«, flüsterte sie.
    »Was … was hätte das denn sein können?«
    Gelassen hob sie die Schultern. »Ein Sumpftroll, eine Larune oder im schlimmsten Fall ein Sumpfgolm.«
    Von keinem dieser Wesen hatte Dimdur jemals gehört, und daher bekannte er vorsichtig: »Ich weiß nichts über diese Kreaturen.«
    »Du kennst Trolle, oder nicht?«
    Natürlich hatte Dimdur schon von Trollen gehört, gewaltige Wesen, die weit entfernt von seinem Heimattal lebten. Laut Großtante Frengata allesamt Schurken!
    »Sumpftrolle sind kleiner als die restlichen Mitglieder ihres Volkes«, erklärte ihm Raliána. »Nur wenige von ihnen leben in den Sümpfen. Sie können für kurze Zeit unter Wasser bleiben und brechen dann aus dem Moor hervor. Aber sie sind nicht sehr gefährlich, denn sie sind dumm und plump und verraten sich stets durch dicke, blubbernde Blasen.« In belehrendem Tonfall fuhr sie fort:

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