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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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an. »Dennoch war es eine mutige Tat, dich zwischen mich und den Golm zu stellen.«
    »Danke«, murmelte Dimdur verlegen. In seinem Leben war er bisher selten gelobt worden, und mutig hatte ihn noch niemals jemand genannt. »Du bist sehr geschickt mit dem Bogen«, bemerkte Dimdur, denn er hatte das Gefühl, das Kompliment zurückgeben zu müssen.
    Raliána zuckte jedoch nur mit den Schultern. »Leider habe ich ihn einmal verfehlt. Sumpfgolme sind wendig und recht klug, man kann sie nur schwer töten.«
    »Vielleicht sollte ich Bronk dazu anhalten, seinen Klebstoff als wirksame Sumpfgolmwaffe an die Moorbewohner zu verkaufen«, lachte Dimdur.
    In Raliánas grünen Augen blitzte der Schalk. »Ich befürchte, deine Großtante könnte etwas dagegen haben, wenn er mit uns Schurken Geschäfte macht.«
    »Damit könntest du Recht haben.«
    Erleichtert machten sie sich wieder auf den Weg. Allerdings hielt Dimdur nun verstärkt nach Luftblasen im Moor Ausschau, denn noch einmal wollte er keinem Sumpfgolm begegnen.
    Nach insgesamt vier Tagen strammen Wanderns hatten sie das Moor verlassen. Anschließend marschierten sie durch dichtes, unbewohntes Waldland und durchquerten eine felsige, unwirtliche Schlucht. Am fünften Tag ihrer Reise zeigte sich die Landschaft lieblicher, mit Hainen, sanften Hügeln und glasklaren Bächen, die über abgerundete Steine plätscherten. Sie stiegen eine von Weiden bewachsene Anhöhe hinauf, dann hielt Raliána inne. Im sanften Morgenlicht wurde ein Dorf sichtbar. Kleine Holzhütten, Pferche für Schafe, Ziegen oder zottelige Ponys standen vor efeubewachsenen, in die Hügel geduckten Häusern. Dimdur konnte einige Gestalten ausmachen, die gemächlich durch das Dorf schlenderten, und als er die Augen zusammenkniff und genauer hinsah, erkannte er gedrungene Männer und Frauen, kaum vier Fuß groß, mit wuscheligem Haar, barfuß – und ohne Bartwuchs.
    »Sie sehen aus wie ich!«, stieß er hervor.
    Raliánas Hand legte sich auf seine Schulter, und als er zu ihr aufsah, bemerkte er, dass sie wehmütig lächelte. »Das ist dein Volk, Dimdur.«
    »Ich bin wirklich ein Halbling«, flüsterte er, und eine große Aufregung erfasste ihn. »Meinst du … ich sollte …«
    »Natürlich, geh zu ihnen.«
    »Kommst du nicht mit mir?«
    »Nein, Dimdur, sie hätten sicherlich Angst vor mir. Aber ich werde bis zum Einbruch der Nacht hier auf dich warten, wenn du zu den Zwergen zurückkehren möchtest.«
    Eigenartigerweise hatte Dimdur in den letzten Tagen gar nicht mehr an seine Familie gedacht, und plötzlich überkam ihn ein schlechtes Gewissen, denn schließlich hatten sie sich lange Zeit um ihn gekümmert, ihn aufgezogen. Aber letztendlich war er doch immer ein Fremder gewesen, auch wenn das niemand verstanden hatte. »Heute ist mein Geburtstag«, fiel ihm plötzlich ein.
    Die Moorelfe zwinkerte ihm zu. »Vielleicht ein guter Zeitpunkt, um ein neues Leben zu beginnen.«
    »Werden wir uns wiedersehen, falls ich heute Abend nicht zurückkomme?« Die Moorelfe war ihm während ihrer Reise mehr und mehr ans Herz gewachsen, und er hatte das Gefühl, eine echte Freundin gefunden zu haben.
    »Ganz sicher.« Sie drückte seine Schulter, dann wandte sie sich ab. Noch einmal atmete Dimdur tief durch und ging anschließend mit wackeligen Schritten auf das Dorf zu. Doch dann drehte er sich ruckartig um. »Raliána!«
    Die schlanke, gräulich braune Gestalt, die man zwischen den Weiden kaum ausmachen konnte, wandte sich ihm zu.
    »Du siehst anders aus als die meisten Elfen, aber ich finde dich viel schöner. Du bist etwas Besonderes!«
    Ihre weißen Zähne blitzten auf. »So wie du, Dimdur. Geh jetzt und finde deinen Platz im Leben.«
    Dimdur ging abermals auf das Dorf zu, und mit jedem Tritt seiner Füße, die weiches Gras berührten, wurde ihm leichter zumute, seine Schritte beschwingter.
    Eine blondgelockte Halblingsfrau, die mit ihrer Freundin ein paar Kartoffeln in einem Korb herumtrug, entdeckte ihn als Erste. Sie sah zu Dimdurs Verwunderung keineswegs überrascht aus, sondern betrachtete ihn nur neugierig.
    »Ich grüße dich. Wo kommst du her?«
    »Ich … ich bin Dimdur – ein … ein Halbling.«
    »Das sehe ich!«, lachte sie mit glockenheller Stimme.
    Ein ganzes Gebirge schien von Dimdurs Seele zu fallen. Er legte den Kopf in den Nacken, sah zum Himmel und rief glücklich: »Beim Barte der Ahnen – ich bin ein Halbling! Ein richtiger Halbling!«

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