Große Tiere: Roman (German Edition)
Kurve.
»Verdammt«, sagte der Ranger. Heftig klopfte er auf das Gehäuse des Funkempfängers. »Das kann nicht sein. Fliegen Sie noch mal drüber hinweg.«
Doch die Telemetriesignale waren beim zweiten Überfliegen identisch, desgleichen beim dritten und vierten Anflug. Sergeant Dyerson schaute aus dem Fenster der Piper und dachte, er ist da unten. Er ist in diesem gottverdammten Park!
Der Ranger wies den Piloten an, sich mit Naples in Verbindung zu setzen. »Ich brauche Verstärkung«, sagte er, »und ich brauche den Knaben mit den Hunden.«
»Soll ich melden, hinter welcher Katze wir her sind?«
»Nein, lassen Sie das«, sagte Sergeant Dyerson. Die hohen Tiere des Amtes für Wild und Fische wollten von Nummer 17 nichts mehr hören. »Sagen Sie ihnen, wir hätten es mit einem Panther zu tun, der Probleme hat«, sagte Sergeant Dyerson, »das sollte eigentlich reichen.«
Der Pilot griff nach dem Mikrophon des Funkgeräts. »Was zum Teufel treibt er mitten in einem Vergnügungspark?«
»Er spielt verrückt«, sagte der Ranger. »Das ist alles, was mir einfällt.«
Der Breakdance der WanderarbeiterInnen waren für die Zuschauer eine Sensation. Skink bedeckte während des größten Teils ihrer Darbietung seine Augen: es war eines der geschmacklosesten Schauspiele, die er je gesehen hatte. Er fragte Joe Winder, ob er ihm mit dem Benzin behilflich sein wolle.
»Nein, ich warte auf Kingsbury.«
»Weshalb?«
»Um unsere Differenzen als Gentlemen zu regeln. Und ihn vielleicht zu Hundefutter zu verarbeiten.«
»Vergessen Sie Kingsbury«, sagte Skink. »Da ist Ihre Freundin.«
Carries Wagen erschien am Ende der Promenade; ein Scheinwerfer fing sie in einem schwarzen Abendkleid ein, in dem sie zwischen künstlichen Palmen und Zypressen posierte. Sie war absolut bezaubernd, obgleich die Menge mit verwirrtem und zögerndem Applaus reagierte – sie hatten eine sparsam bekleidete indianische Prinzessin auf einer fauchenden Wildkatze erwartet.
Joe Winder versuchte zu winken, aber wenn er die Arme hob, waren die Schmerzen einfach zu stark. Carrie sah ihn nicht. Sie faltete die Hände, preßte sie auf ihren Bauch und begann zu singen:
» Vissi d’arte, vissi d’amore Non feci mai male ad animal viva! Con man furtiva Quante miserie conobbi, aiutai ...«
Winder war verblüfft, und nicht nur er; ein unruhiges Murmeln entstand auf der Tribüne und setzte sich auf der Promenade fort.
»Wundervoll!« sagte Skink. Sein gesundes Auge leuchtete, er umfaßte Winders Schultern. »Ist sie nicht toll?«
»Was ist das? Was singt sie da?«
Skink schüttelte ihn begeistert. »Mein Gott, Mann, das ist Puccini. Tosca!«
»Ich verstehe.« Das war ein neuer Tick: Oper.
Und Carrie sang wundervoll; was ihrer Stimme an Kraft fehlte, machte sie durch makellose kristallene Klarheit wett. Die Arie hallte voll Trauer durch das Wunderland und sorgte, wie ein kalter Regenguß, für einen abrupten Stimmungswechsel.
Skink beugte sich zu Winders Ohr herüber und flüsterte: »Wir sind im zweiten Akt, als Tosca soeben miterlebt hat, wie ihr Geliebter vom grausamen Polizeichef gefoltert und zum Tod durch Erschießen verurteilt wurde. Als ihr Versuch, ihn zu retten, fehlschlägt, wird Tosca selbst zur Mörderin. Ihre Arie ist eine Klage über die tragischen Zufälle des Lebens.«
»Das ist ja ’ne tolle Geschichte«, sagte Winder.
Während der Wagen am Magischen Haus vorbeirollte, sang Carrie:
»Nell’ ora del dolore Perchè, perchè, Signore, Perchè me ne rimuneri cosi? «
Skink schloß die Augen und wiegte seinen Oberkörper. »O warum, lieber Gott«, sagte er. »O warum belohnst du deinen Diener so reichlich?«
Winder sagte, das Publikum würde unruhig und ungehalten.
»Ungehalten?« Skink war empört. »Sie sollten bewegt sein. Traurig. Sie sollten weinen! «
»Es sind doch nur Touristen«, sagte Joe Winder. »Sie haben den ganzen Nachmittag darauf gewartet, endlich einen Löwen zu sehen.«
»Kretins.«
»Oh, sie wußte es«, sagte Winder liebevoll. »Sie wußte genau, daß es ihnen kein bißchen gefallen würde.«
Skink grinste. »Gott segne sie.«
Er begann enthusiastisch zu applaudieren. »Bravo! Bravo!« Sein Klatschen und Rufen erregte die Aufmerksamkeit der Zuschauer in den unteren Reihen, die neugierig und leicht ungehalten zur VIP-Loge hinaufsahen. Carrie entdeckte sie beide in Kingsburys Loge und winkte aufgeregt. Dann sammelte sie sich und begann, nachdem sie tief Luft geholt hatte, wieder mit der ersten
Weitere Kostenlose Bücher