Große Tiere: Roman (German Edition)
dem Titel »Seltene Wühlmäuse vermutlich tot« per Telefax die folgende Erklärung an alle Medien:
Die Polizei gab heute bekannt, daß die blauzüngigen Mangowühlmäuse, die diese Woche aus dem Wunderland der Abenteuer gestohlen wurden, wahrscheinlich tot sind. Laut der Highway Patrol und dem Federal Bureau of Investigation kamen die seltenen Säugetiere – wahrscheinlich die letzten ihrer Art – bei dem Versuch ums Leben, eine Schnellstraße zu überqueren, nachdem ihre Räuber sie verloren hatten.
Francis X. Kingsbury, der Gründer und Direktor des Wunderlands, äußerte sich schockiert und zutiefst betrübt über die Neuigkeit. »Das ist für uns alle im Park eine Tragödie«, sagte er am Mittwoch. »Wir haben Vance und Violet richtig liebgewonnen. Sie waren genauso Teil unserer Familie wie Robbie Raccoon oder Petey Possum.«
Mr. Kingsbury, der eine Million Dollar Belohnung ausgesetzt hatte für die Wiederbeschaffung der vermißten Tiere, will einen Teil des Geldes als Belohnung für Informationen bereitstellen, die zur Verhaftung und Verurteilung der Verbrecher führen.
Eine radikale Untergrundbewegung, die sich Wildlife Rescue Corps nennt, hatte die Verantwortung für den Raub in dem beliebten Freizeitpark übernommen. Mr. Kingsbury ist »entsetzt und betroffen, daß jemand, der für eine solche Sache kämpft, auch Verbrechen begeht – Verbrechen, die am Ende nicht nur zum Tod der Tiere führten, sondern zur Auslöschung einer ganzen Rasse«.
Charles Chelsea, verantwortlich für die Public Relations des Parks, sagte, daß den blauzüngigen Mangowühlmäusen während ihrer Zeit im Wunderland die bestmögliche Pflege und Fürsorge zuteil geworden sei. Erst im vergangenen Jahr lobte die Audubon Society von Florida das Wühlmaus-Projekt als ein »leuchtendes Beispiel dafür, wie ein privatwirtschaftliches Unternehmen seine Finanzkraft darauf verwendet, einen kleinen, aber wertvollen Teil der Natur zu retten und zu bewahren«.
In der nächsten Woche stellt das Wunderland der Abenteuer eine Multi-Media-Retrospektive mit Lichtbildern und Videoaufnahmen von den Wühlmäusen während ihres Aufenthaltes im Park vor. Unter dem Titel »Vance und Violet: Die letzten Tage« wird diese Präsentation dreimal täglich im Pavillon der Seltenen Tiere dargeboten.
Der Eintritt beträgt $ 4 für Erwachsene und $ 2.75 für Kinder und Rentner.
In der Cafeteria reichte Charles Chelsea Joe Winder das Fax und sagte: »Gute Arbeit, Meister.«
Winder blieb am letzten Satz hängen. »Sie verlangen Eintritt? Für eine gottverdammte Dia-Schau?«
»Joey, wir haben hier ein Geschäftsunternehmen. Wir sind nicht der National Geographic, klar? Wir sind nicht die Wohlfahrt.«
»Eine Nagetier-Dia-Schau.« Joe Winder zerknüllte die Pressemitteilung. »Das Erstaunliche ist eigentlich nicht, daß Sie es tun, denn ich glaube, Sie würden den Touristen auch zwanzig Bucks abnehmen, damit sie den Pelikanen beim Vögeln zuschauen, wenn man Sie ließe. Erstaunlich ist, daß die Leute tatsächlich kommen und zahlen.« Er klatschte einmal laut in die Hände. »Ich liebe dieses Gewerbe, Charlie. Jeden Tag lerne ich etwas dazu.«
Chelsea zog seine Krawatte zurecht. »Himmel noch mal, jetzt geht das schon wieder los. Ich will Ihnen ein Kompliment machen, und Sie verdrehen es, und heraus kommt ein zynischer... Kommentar.«
»Sorry«, sagte Winder. Er spürte, wie seine Nebenhöhlen vollliefen wie eine Badewanne.
»Zu Ihrer Information«, sagte Chelsea, »mich haben Leute aus Alaska angerufen, die gerne Vance-und-Violet-T-Shirts kaufen würden.« Chelsea seufzte, um zu zeigen, wie sehr ihn Joe Winders Haltung enttäuschte. Dann sagte er mit einem Ausdruck leichten Widerstrebens: »Sie haben diese Meldung ganz gut formuliert, Joe. Damit sind wir alle ein wenig vom Haken.«
»Danke, Boss. Und Sie haben recht – es war eine Meldung, mehr nicht.«
Chelsea setzte sich und betrachtete die Fast-food-Trümmer auf Joe Winders Tablett. Eine von Onkel Elys Elfen saß am anderen Ende des Tisches und rülpste sonor. Charles Chelsea tat so, als bemerkte er es nicht. Er sagte: »Ich will ja nicht prahlen, Joey, aber ich glaube, was ich dazu beigetragen habe, war auch nicht übel. Mr. X. war von seinen Zitaten begeistert. Er sagt, ich hätte dafür gesorgt, daß er klingt wie ein richtiges menschliches Wesen.«
Mit den Fingerspitzen begann Joe Winder, seine Schläfen in kreisenden Bewegungen zu massieren.
Chelsea fragte: »Was ist denn jetzt
Weitere Kostenlose Bücher