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Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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starker Fisch an Joe Winders Schnur angebissen hätte. Der Ruck kugelte ihm fast die Arme aus, und reflexartig zog er die Angel an, um den Haken festzusetzen. Der Fisch knallte gegen die Felsen, dann wendete er und jagte ins freie Wasser. Das Schnurren von Winders Spule schnitt wie eine Säge durch die Stille der Bucht. Die beiden Kerle unterbrachen ihre Unterhaltung und blickten hoch, um zu sehen, was los war.
    Joe Winder wußte Bescheid. Es war ein Seebarsch, ein verdammt großer. An jedem anderen Abend wäre er außer sich vor Begeisterung gewesen, einen solchen Fisch am Haken zu haben, nur jetzt nicht. Aus den Augenwinkeln konnte er die Gorillas sehen, wie sie auf dem Damm von Stein zu Stein sprangen, um den Kampf besser verfolgen zu können. In der Nähe des Brückenpfeilers brach der Fisch an die Oberfläche durch und schüttelte sich wütend, ehe er wieder in einem Gischtnebel untertauchte. Die Gorillas zeigten aufgeregt auf die Bewegung, und Winder konnte es ihnen nicht einmal übelnehmen; es war ein großer Fisch.
    Joe Winder wußte, was er tun mußte, aber er konnte sich nicht dazu durchringen. Die Spule mit der Handfläche zu stoppen. Das verdammte Ding abreißen zu lassen, ehe die beiden Kerle noch näher heran waren. Joe Winder arbeitete mit dem Fisch wie ein Profi, lenkte ihn von den Felsen und dem Brückenpfeiler weg, damit er müde wurde, wenn er sich kurz und hart aufbäumte. Was bin ich, verrückt? dachte Winder. Von hier oben kann ich den Fisch niemals allein landen. Die Gorillas werden sicherlich helfen wollen, natürlich, was sonst, und dann sehen sie, wer ich bin, und das wär’s dann. Ein toter Seebarsch und ein toter Zeilenschinder.
    Erneut schnellte der Fisch aus dem Wasser und fiel klatschend zurück. Sogar in dem teedunklen Wasser war der schwarze Längsstreifen an seiner Seite zu sehen. Mindestens zwölf Pfund, dachte Joe Winder. Ein schönes Exemplar.
    Einer der Gorillas klatschte in die Hände, und Joe Winder blickte auf. »Gut gemacht«, sagte der Mann. »Das ist aber ein verdammt dicker Brocken.« Es war der kleine drahtige Mann.
    »Danke«, sagte Winder. Vielleicht irrte er sich. Vielleicht waren das gar nicht die Bösen. Oder vielleicht wollten sie ihm gar nichts tun; vielleicht wollten sie sich nur unterhalten. Vielleicht hatten sie Koocher in ihrer Gewalt und dachten an ein Lösegeld.
    Nach fünf Minuten dauernden Hin und Hers wurde der Fisch müde. Zwanzig Meter vom Damm entfernt tauchte er zur Oberfläche hoch und schlug einmal, zweimal mit dem Schwanz. Noch nicht, dachte Winder; gib noch nicht auf, du wundervolle Bestie.
    Er hörte ihre schweren Schritte auf den Felsen. Nun waren sie hinter ihm. Er hörte sie atmen. Einer von ihnen hatte einen Kaugummi im Mund. Joe Winder roch heißen Spearmint und Bier.
    »Auf was warten Sie?« fragte der Große.
    »Er ist noch nicht soweit«, sagte Winder und hatte Angst, sich umzudrehen und ihnen einen Blick in sein Gesicht zu gestatten. »Er hat noch immer zuviel Kraft.«
    »Nee, sehen Sie sich das Scheißding doch mal an«, sagte der Kleine. »Der hat keinen Saft mehr, aus, tot.«
    Der Fisch wollte noch mal an die Oberfläche flüchten und schaffte es kaum, Joe Winders Angelrute zu verbiegen.
    »Das ist aber was Leckeres«, sagte der Halslose.
    Winder schluckte trocken und sagte: »Nur schade, daß jetzt keine Saison dafür ist.«
    Er hörte beide Männer lachen. »Hey, wenn Sie ihn nicht wollen, wir schnappen ihn uns gerne. Und dann nichts wie ab in die Pfanne. Nicht wahr, Angel?«
    Der Kleine, Angel, sagte: »Ja, ich geh runter und hol das verdammte Biest.« Er nahm die Baseballkappe ab und kletterte ziemlich geräuschvoll die Felsen hinunter.
    Joe Winder machte sich in Gedanken ein Bild von diesen Idioten in ihren angegilbten Unterhemden – Bier trinkend, vor dem Fernseher hockend -, wie sie den Seebarsch auf einem billigen Gasherd in irgendeinem rattenlochähnlichen Duplex in Hialeah kochten. Der Gedanke daran war mehr, als er ertragen konnte. Er legte seine Hand auf die Spule und ruckte einmal heftig an der Angel.
    Der Seebarsch hatte noch einen letzten Rest Kampfgeist im Herzen, und die Angelschnur riß mit einem Knall wie ein Gewehrschuß. Joe Winder fiel nach hinten, dann fing er sich. »Verdammt noch mal«, sagte er und versuchte, enttäuscht zu klingen.
    »Das war dumm«, sagte der große Gorilla. »Sie haben wirklich keine Ahnung, wie man mit einem Fisch kämpft.«
    »Ich denke auch.«
    Der Drahtige hatte unten am Wasser

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