Große Tiere
(abgesehen von der nicht funktionierenden Klimaanlage), dann war es der winzige Gesichtskreis. Die Sehschlitze, die sich mehrere Zentimeter unterhalb von Robbie Raccoons riesigen Plastikaugen befanden, waren viel zu schmal. Wären die Öffnungen etwas größer gewesen, dann hätte Joe Winder die fleischige blasse Hand rechtzeitig bemerkt, um ihr noch auszuweichen.
Es war die Hand des berühmten TV-Wetterfrosches Willard Scott, und sie zog Joe Winder vor eine Kamera der National Broadcasting Company. Danny Pogue, Bud Schwartz und Charles Chelsea blieben abrupt stehen: Robbie Raccoon trat in der »Today Show« auf. Live. Willard legte einen fleischigen Arm um Winders Schultern und den anderen um eine Großmutter aus Hialeah, die sagte, sie sei hundertsieben Jahre alt. Die alte Dame berichtete, sie sei mit Henry Flaglers Eisenbahn den ganzen Weg bis nach Key West gefahren.
»Hundertsieben!« staunte Danny Pogue.
Charles Chelsea trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Bud Schwartz musterte ihn mit einem mißtrauischen Blick. »Was denn, lügt sie etwa?«
Kleinlaut gestand der Pressemann: »Sie ist ein totaler Schwindel. Ich hab die Sache arrangiert.« Die Einbrecher starrten ihn an, als spräche er eine andere Sprache. Chelsea senkte die Stimme. »Ich mußte es tun. Willard wollte jemand, der über hundert war. Es hieß, sonst käme er nicht her. Aber ich fand niemand über hundert – einundneunzig war das äußerste, was ich heranschaffen konnte, und der arme Kerl war total Banane. Er hielt sich für Rommel persönlich.«
Danny Pogue flüsterte: »Wer ist sie denn?«
»Eine Schauspielerin hier aus der Gegend«, sagte Chelsea. »Achtunddreißig. Die Maske ist doch erstaunlich, oder?«
»Mein Gott, damit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?« Bud Schwartz wandte sich zu seinem Partner. »Und ich dachte, wir seien die Gauner.«
Zu der Schauspielerin sagte Willard Scott gerade: »Sie sind sicherlich hergekommen, um diesen 300-Z zu gewinnen, nicht wahr, meine Liebe? In ein paar Minuten wird der Park geöffnet, und der erste glückliche Besucher, der durch das Tor tritt, ist der Fünfmillionste. Er bekommt den neuen Sportwagen und alle möglichen anderen Preise.«
»Ich bin ja so aufgeregt!« rief die Schauspielerin.
»Dann mal los, gute Frau, suchen Sie sich Ihren Platz in der Schlange. Die Leute hier draußen sind schon ziemlich aufgeregt. Viel Glück, meine Liebe!« Dann drückte Willard Scott der getürkten Urgroßmutter einen feuchten Schmatz aufs Ohr. Während er sie aus seinem Griff entließ, drückte er Joe Winder fester an sich.
Und eine erwachende Nation hörte den berühmten Wetterfrosch sagen: »Dieser Schurke mit seinem langen Schweif ist eine der bekanntesten und beliebtesten Figuren im Wunderland der Abenteuer. Na los, sag uns deinen Namen.«
Und mit einer hohen, quäkenden Stimme antwortete Joe Winder gutmütig: »Hi, Willard! Ich heiße Robbie Raccoon!«
»Du bist ja ein kräftiger Bursche, Robbie. Wenn man sich deinen dicken Bauch ansieht, dann hast du sicherlich ein paar Mülltonnen durchstöbert, oder?«
Woraufhin Robbie Raccoon erwiderte: »Das mußt du gerade sagen, Fettsack.«
Das Lächeln verflüchtigte sich kurz aus Willards Gesicht, und seine Augen suchten verzweifelt hinter der Kamera nach dem Regisseur. Ein paar Schritte entfernt schmeckte Charles Chelsea die eigene Magensäure, die in seiner Kehle hochstieg. Die Einbrecher schienen es zu genießen, so dicht neben einem echten Fernsehstar stehen zu dürfen.
Eine junge Frau mit Kopfhörern und in einem Jogginganzug hielt eine Stichworttafel hoch, und geschickt versuchte der Wetterfrosch diese Sequenz abzuschließen: »Nun, die gute Laune schlägt hier offensichtlich Wellen beim Sommerfest, also laden Sie Ihre Familie in die Kutsche und kommen Sie hierher« – an dieser Stelle machte Willard eine kleine Pause, um die entsprechende Stelle auf der Tafel zu suchen – »nach Key Largo, Florida, und stürzen Sie sich ins Vergnügen! Sie können hier mit einem echten Delphin um die Wette schwimmen oder kopfüber durch den Wet Willy rutschen oder mit Wild Bill Hiccup ein paar wilde Broncos zureiten. Und Sie können Ihre Kleinen zusammen mit allen möglichen Tierfiguren fotografieren, sogar mit Robbie Raccoon.«
Gehorsam legte Joe Winder den Kopf schief und wedelte mit dem Schweif. Willard schien seine gute Laune wiedergefunden zu haben. Er fummelte an irgend etwas herum, das unter einem der zottigen Waschbärarme verborgen war.
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