Grosser Auftritt fuer Sally
mit Mühe ließen sie sich dazu bewegen, ihre Köpfe aus dem Gras zu heben. Kalle führte sich auf wie ein Preisboxer. Seine Reiterin Theresa hatte keine Chance, in den Sattel zu kommen. Kaum setzte sie einen Fuß in den Steigbügel, drehte Kalle den Kopf und rammte seine Nase in ihre Kniekehle.
»Nimm doch den äußeren Zügel kürzer«, schimpfte Herr Jensen. Was machte das für einen Eindruck, ein ungezogenes Pferd und eine hilflose Reiterin? Erst als er Kalle von Ankums Sattel herunter festhielt, konnte Theresa aufsteigen.
»Nun aber los«, sagte Kai Jensen und nahm die Zügel bei seinem Friesen auf, »damit wir zum Abendunterricht zurück sind.« Und über die Schulter: »Wir bleiben im Schritt, schließlich ist unser alter King Louis dabei.«
3. Kapitel
Überfall auf der Waldkoppel
Der älteste Prosper machte Zicken.
»Das Erlenmoor - oder wir blasen die Sache ab!« Trotzig beharrte Eckart Prosper auf dem ursprünglich abgemachten Drehort, während seine beiden Brüder auch mit der Waldkoppel einverstanden waren. Aufnahmeleiter Wolfgang Kampmann von der Großwerbe KG brauchte seine ganze Überredungskunst. »Unser Beleuchter kann überall unheimliche Stimmung schaffen«, versicherte er. »Durch Farblampen. Und das Umfeld bleibt ja fast so. Den Wall und das Wasser haben wir am Reiterhof auch.«
Wolfgang Kampmann war ein prächtiger Vermittler. Er schaffte es immer wieder, verfahrene Sachen hinzubiegen. Doch beim ältesten Prosper biss er lange auf Granit. Dann spielte der Aufnahmeleiter seinen letzten Trumpf aus.
»Was glauben Sie, was passiert, wenn wir die Kraniche durch unsere Dreharbeiten vertreiben! Wo doch auf der
Verpackung steht, dass Prosper, Prosper + Prosper sich für den Naturschutz einsetzt! Das ist ein gefundenes Fressen für die Presse.«
Eckart Prosper überlegte kurz. Der Aufnahmeleiter hatte vermutlich Recht. Die Zeitungen würden sich mit Wonne auf so eine Geschichte stürzen. Vor seinem geistigen Auge tauchten schon die Schlagzeilen im Blitzkurier auf: »Reiche Prosper-Brüder töten Kranichbabys.« Oder: »Waffelkönig jagt Kranichbabys vom Nest-wegen einer Zitronenwaffel!« Eckart Prosper schüttelte sich. »Einverstanden«, sagte er, denn ihm war plötzlich eine Idee gekommen. »Sie haben mein Okay dafür, an diesem Reiterhof zu drehen.«
Wenn er schon gezwungen wurde Rücksicht auf zwei Vögel zu nehmen - warum sollte er nicht den Spieß umdrehen? Und die Sache von sich aus in die Zeitung bringen? Und seine »Besorgnis« um diese Kraniche an die große Glocke hängen?
Am nächsten Tag, es war Dienstag und die sechste Klasse hatte nur bis mittags Unterricht, stürmten Conny und Jule sofort von der Schule in den Stall. Eine Tüte Milch, ein paar Bananen und Äpfel mussten das Mittagessen ersetzen. Keine Zeit mehr, zu Hause vorbeizufahren. Hausaufgaben? Üben für die Arbeiten morgen? Für Connys Englischarbeit, Jules Biologietest? Daran war gar nicht zu denken. Heute kam das Filmteam und das stellte alles andere in den Schatten.
Kai Jensen, Bastian, Luisa und ein paar Mädchen aus ihrer Reitgruppe warteten schon voller Ungeduld oben am Birkenweg, von wo ein Weg hinunter auf den Reiterhof führte. »Hoffentlich bringen die nicht so viel Zubehör mit«, sagte Kai Jensen, »und blockieren damit unsere Reitwege. Oder gar die Weide.«
Von der schmalen Nebenstraße näherte sich das dumpfe Dröhnen schwerer Motoren. Langsam schwoll es zu einer hässlichen Lautstärke an und steigerte sich dann zu einem Heidenlärm.
»Das können sie ja nicht sein.« Kai Jensen war blass geworden. »Was braucht man schon an Zubehör für eine Zitronenwaffel?« Er lachte beunruhigt.
Zwei schwere Lastwagen tauchten in der Kurve auf. Der Fahrer des ersten bedeutete den Reitern mit der Lichthupe, aus dem Weg zu gehen. Kein Zweifel, er wollte in die Einfahrt zum Hof einbiegen.
»Oha«, sagte Kai Jensen und noch einmal: »Oha.«
Den Gruß von Bär Feddersen, der in seinem schwarzen Kleinbus hinter den Lastwagen fuhr, erwiderte er nur abwesend. Sein Blick ging sofort zurück zur Straße, auf der sich nun vier Wohnmobile mit Überlänge näherten, gefolgt von einem Schwanz aus sechs oder sieben Personenwagen.
Worauf hatte er sich da eingelassen?
»Ist doch nur für zwei Tage, Herr Jensen.« Luisa, der mitfühlende Schatz des Stalls, hatte den richtigen Trost zur Hand.
»Du hast ja Recht.« Der Reitlehrer klopfte ihr auf die Schulter. »Das werden wir wohl verkraften. Wer den Nerv hat, mit einem Stall
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