Grosser Auftritt fuer Sally
sein starkes Fernglas an. Gespannt blickten die anderen zu ihm hoch. Doch Ulli Clasen musste erst noch ein paar Mal in andere Äste klettern, bis er schließlich etwas durchs Fernglas erkennen konnte. »Tatsächlich«, gab er nach unten durch, »jetzt sehe ich etwas. Das Nest! Und Eier... zwei sind es wohl. Ah -jetzt geht gerade ein Kranich darauf hinunter. Wahnsinn!« Am Fuß des Baumes breitete Jens Witt bedauernd die Arme aus. »Tut mir Leid, Sie müssen sich einen anderen Drehort suchen. Und möglichst rasch von hier verschwinden.«
»Aber ich habe eine Drehgenehmigung«, versuchte Bär Feddersen die Sache zu retten.
»Glaube ich Ihnen«, räumte Herr Witt ein. »Aber nach dem Naturschutzgesetz und der Artenschutzverordnung dürfen Kranichbrutstellen nicht betreten werden. Notfalls müsste der Vogelbund vor Gericht klären ...« Jule meldete sich zu Wort. »Also ehrlich, Herr Fedder-sen, da war sowieso null Chance, durch den Teich zu reiten. Viel zu tief.«
Bär Feddersen raufte sich die Haare. »Und wo kriege ich, bitte schön, bis morgen einen neuen Drehort her? Soll ich mir vielleicht einen backen?«
»Kann man nicht eine große Wiese nehmen?«, fragte Herr Jensen ungeduldig. Er musste allmählich zurück, abends war noch eine Reitstunde für Erwachsene vorgesehen. »Zählen Sie doch mal auf, was alles zu erkennen sein muss.«
Mit einem Griff in den Wagen beförderte Bär Feddersen eine große Tafel hervor. Zwölf Zeichnungen klebten auf schwarzer Pappe, drei nebeneinander, vier untereinander. »Auf jedem Bild ist genau aufgezeichnet, wie die Szene aussehen muss«, erklärte der Regisseur. »Das Ding hier nennt man Storyboard. Das ist von Prosper, Prosper + Prosper genehmigt worden. Wenn wir etwas ändern, zahlen die nicht.« Jeder versuchte einen Blick auf die Tafel zu erhaschen. Ein kleiner Wall, ein bisschen Wasser - so etwas wie ein Teich oder ein flacher Fluss -, ein paar Bäume ... Sogar die Pferde interessierten sich für das schwarze Ding. Es könnte ja etwas zu fressen sein. Kalle drängte sich nach vom, riss eine Ecke ab und zog den Kopf mit seiner Beute blitzartig wieder zurück. »Hilfe«, jammerte Herr Feddersen, »das Ungeheuer frisst meine Schlussszene.« Reaktionsschnell fasste Kai Jensen seinem frechen Fjordpferd ins Maul und beide kämpften einige Sekunden stumm um die Schlussszene. Nachdem Herr Jensen sie zu fassen gekriegt hatte, wischte er das angekaute Stück an seiner Reithose ab und reichte es mit bedauerndem Achselzucken zurück.
»Ich hab's.« Triumphierend ballte Luisa die Faust. »Genauso sieht es doch bei uns aus. Jedenfalls fast. An der Waldkoppel, hinter der Holzbrücke.« Bei der Prüfung zum Reiterpass waren sie sogar in den Lottbach gesprungen und ein Stück durchs Wasser geritten. Der kleine Fluss war an dieser Stelle fast so breit wie ein Teich und dabei schön flach.
Tatsächlich, das schien eine Möglichkeit zu sein. Kai Jensen griff nach der Papptafel, hielt sie schräg ins Licht und studierte Zeichnung für Zeichnung. »Doch«, nickte er dann, »doch, das dürfte gehen.«
Ihm selbst war die Koppel hinter seinem Reiterhof sowieso viel lieber. Das zeitraubende Hinreiten oder Verladen der Pferde würde wegfallen. »Schlagen Sie doch den neuen Drehort gleich bei. . . äh . . . Knusper, Knus-per und Knusper vor!«
»Prosper, Prosper + Prosper«, verbesserte der Regisseur. Er schien heilfroh zu sein, soweit man das hinter seiner dunklen Sonnenbrille sehen konnte. Immerhin so erleichtert, dass er mit Jens Witt reden konnte, ohne rot anzulaufen. »Was passiert denn jetzt mit Ihren Kranichen? Legen Sie sich vors Nest und halten Wache, bis die Eier ausgebrütet sind?«
Der Spott, der in der Frage lag, prallte an Jens Witt ab. Es gab nicht viele, die Verständnis für Vogelschützer hatten, daran war er gewöhnt. »Sie werden lachen - wir halten tatsächlich Wache in großen Kranichbrut-Gebieten. Bei einem einzelnen Paar ist das aber nicht nötig.« Jens Witt sah sich in der einsamen Gegend um. »Zumal bisher niemand die Stelle kannte - außer uns. In diese Ecke verirrt sich nur selten ein Spaziergänger.«
Leider täuschte sich Jens Witt, aber das sollte sich erst später herausstellen.
Vorläufig schienen die Wogen geglättet. »Unser Aufnahmeleiter wird die Sache heute noch mit Prospers klären«, versprach Bär Feddersen und reichte Kai Jensen die Hand. »Dann fangen wir morgen Mittag bei Ihnen an.« Für die Pferde war die Besprechung viel zu schnell beendet. Nur
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