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Großvater 02 - und die Schmuggler

Großvater 02 - und die Schmuggler

Titel: Großvater 02 - und die Schmuggler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Olov Enquist
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vielleicht ein Dieb. Das Warnungsbellen war grob und drohend, und wenn man sich an die sanfte, liebe, flehende Stimme gewöhnt hatte, mit der Pelle anzeigte, dass er spielen oder Gassi gehen wollte, oder mit der er seine Liebe beteuerte, dann bekam man es fast mit der Angst zu tun, wenn es ertönte. Und jetzt klang es grob und heischend und bedrohlich vom Uferwald herüber.
    »Was hat er denn?«, sagte Gabriel. »Er bellt doch sonst nie.«
    Großvater hielt die Ruder über dem Wasser, und das Boot glitt langsam vorwärts. Das Wasser war spiegelglatt.
    »Da ist was«, sagte Marcus.
    »Was denn?«, flüsterte Gabriel.
    Das Boot war jetzt nur noch fünf Meter vom Ufer entfernt und lag ganz still. Sie sahen Pelles Schwanz. Er hatte die Schnauze auf etwas gerichtet, was zuerst wie ein Stück Stoff aussah.
    »Sehr komisch«, sagte Großvater.
    »Was ist es denn?«, sagte Gabriel.
    Pelle stand ganz starr und steif da und knurrte leise.
    Jetzt sahen sie, was er ihnen hatte zeigen wollen. Es war ein Zelt, und kein kleines, fast ein Vorratszelt, in dem bestimmt vier, fünf, sechs Personen Platz fanden. Das Zelt war im dichtesten Uferwald zwischen die Bäume geklemmt, als hätte es jemand verstecken wollen.
    »Komisch«, sagte Großvater. »Ich glaube, das sehen wir uns einmal an.«
    »Meinst du?«, sagte Gabriel. »Vielleicht ist es verlassen.«
    »Komisch«, sagte Großvater und ließ das Boot näher herangleiten. Pelle kam ans Ufer gelaufen, kehrte aber dann zurück und knurrte die ganze Zeit dumpf.
    »Sehr komisch«, sagte Großvater, der sich manchmal merkwürdig oft wiederholte, als fehlten ihm die Worte, was bei seinem Beruf eigentlich nicht vorkommen dürfte – komisch war das.
    »Und wenn da drinnen eine Leiche liegt«, sagte Marcus, »wenn da eine Leiche liegt, Großvater … so eine verfaulende Leiche …«
    »Warum sollte da eine Leiche liegen?«, sagte Gabriel und setzte sich auf Großvaters Schoß, und Großvater ließ es geschehen.
    Die Spitze des Bootes stieß jetzt ans Ufer. Pelle starrte unverwandt auf das Zelt, das, wie sie jetzt sahen, tatsächlich groß war, vielleicht fünf Meter lang. Eine der Zeltstangen hatte sich gelöst, und die Zeltplane hing auf der linken Seite schlapp herunter. Es war 11 Uhr 35 am Montag, den 21. Juni 2006, und vor dem Zelt waren ein Lagerplatz und ein Lagerfeuer mit schwarzer Kohle. Marcus sprang an Land wie ein kleiner Panther und befühlte routiniert die Kohlestücke, denn Großvater hatte erzählt, dass man das früher in den Jungensbüchern mit Lederstrumpf und dem letzten Mohikaner so gemacht hatte.
    »Nicht warm, in den letzten Stunden hat es nicht gebrannt«, flüsterte er wie ein routinierter Spurensucher.
    »Warte«, sagte Großvater. »Da ist etwas komisch an der Art, wie das Zelt hier steht.«
    »Wollen wir nicht lieber nach Hause fahren?«, sagte Gabriel, aber Großvater schüttelte nur den Kopf. Und plötzlich tauchte Pelle in die Zeltöffnung ein, es schien, als ob er im Inneren mit den Pfoten an etwas kratzte. Marcus rief ihn, und schon nach ein paar Sekunden kam Pelle zurück, und er hatte etwas in der Schnauze, das beinahe wie ein Stück Holz aussah, aber keins war, und auf einmal sahen sie alle, was er gefunden hatte: ein zerlesenes altes Buch.
    »Rührt euch nicht!«, sagte Großvater. »Ruft Pelle und nehmt ihn an die Leine. Ich will als Erster hineingehen.«
    Er hob die Plane an, zögerte eine Sekunde und verschwand dann im Zelt.
    Kein Windhauch. Totenstille.
    »Aber ich sollte doch angeln«, sagte Gabriel unglücklich. »Ich will keine verfaulenden Leichen angucken, ich will angeln.«
    Alle spürten auf einmal, wie heiß die Sonne war. Sie schwitzten. »Ich will keine Leichen angucken«, sagte Gabriel. »Ihr habt gesagt, ich darf angeln.«
    »Still!«, sagte Marcus. »Du musst still sein, Gabriel.«
    Wenn sie geahnt hätten, was für Folgen sich aus dem, was sie hier fanden, ergeben sollten, wären sie vielleicht nicht ins Zelt gegangen. Aber jetzt gingen sie hinein.

Die litauische Karte

    1. Es war 11 Uhr 42 am Montag, dem 21. Juni 2006; die drei hatten ein Zelt entdeckt, aber mit dem Zelt stimmte etwas nicht.
    Wozu war es benutzt worden?
    Etwas stimmte ganz offensichtlich nicht. Alle drei, Großvater, Marcus und Gabriel, hatten ein ungutes Gefühl, wussten aber nicht, warum. Etwas war sonderbar mit dem Zelt, aber vor allem mit der Stelle, wo es aufgebaut war. Es sah aus, als hätte man es zwischen die Büsche gepresst. Als ob das Zelt sich … verstecken

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