Grün war die Hoffnung
Jiminy, Merry, Marco, gehen wir mal rüber zu Norms Haus und hauen die um Süßigkeiten an, damit die zwei hier eine Zeitlang für sich sein können, was meint ihr? Na?«
Kaum war die äußere Tür zugefallen, da stand Lydia auf und legte ein paar Scheite nach, obwohl die Blockhütte im Vergleich zu Boskys Bude so gut isoliert war wie ein Volkswagen und es sowieso schon an die dreißig Grad hatte. Sie ließ das Ofentürchen offen, damit sie ins Feuer sehen konnten, und er fand das eine nette Idee, aber er schwitzte bereits seine Sachen durch, und seine Kehle war so trocken, daß er für ein Glas Eistee oder eine Kräuterlimo hätte sterben können – oder einen Limo-Milk-Shake, das wär doch was, einfach an die Theke gehen und einen Shake bestellen, das Ganze an einem schwülen Tag irgendwo auf dem Land, nördlich von New York, die Sonne brannte einem die Haut vom Nacken, Zikaden zirpten in den Bäumen, und an dem gewachsten Becher in der Hand perlten kalte Tröpfchen herunter. Keine üble Phantasie. Es war schon witzig. Da steckte er in Alaska, in einem Blockhaus am Ende der Welt, die Temperaturen draußen bewegten sich um minus dreißig herum, und er konnte an nichts anderes denken als an einen kalten Limo-Milk-Shake in einem hohen, kühlen Glas oder einen Wodka mit Bitterlemon, einen Gin Tonic, irgendwas Kaltes, je kälter, desto besser.
Lydia nahm die Laterne vom Haken und blies die Flamme aus, worauf ein dünner Faden von grünlichem Rauch aus der Öffnung zog und ein Hauch von Petroleum in der Luft hing. Die Kerzen ließ sie brennen. Er sah ihr zu, wie sie durch den Raum ging und so lange in dem Durcheinander wühlte, bis sie ihre Handtasche fand, die an einem Nagel neben Stars marineblauem High-Sierra-Rucksack hing, dem Rucksack, der auf der ganzen langen Fahrt quer über den Kontinent im Kofferraum des Studebaker gelegen hatte, und sieh mal einer an, dachte Pan, Stars Rucksack. Lydia holte ein Räucherstäbchen aus der Handtasche und kam an den Tisch, um es an der Kerze zu entzünden, die neben Ronnies Arm flackerte. Sie klemmte das Stäbchen in einen Halter – Nelken, danach roch es, nach Nelken und vielleicht noch Pfefferminz –, dann zauberte sie einen Joint aus der Tasche ihres Pelzmantels. Sie grinste breit, rauchte ihn an und reichte ihn an Ronnie weiter. Dann ließ sie den Mantel zu Boden gleiten, zog sich Pullover und BH in einer einzigen fließenden Bewegung über den Kopf und schüttelte ihr Haar nach hinten. »Möchtest du, daß ich für dich tanze?« fragte sie. »Da kannst du gleich mal sehen, was du alles verpaßt hast auf der Bühne des Wildcat.«
»Ja«, sagte er, »das wäre echt gut.«
Sie begann sich langsam aus der Hüfte heraus zu wiegen, ließ einen unsichtbaren Hula-Hoop-Reifen um ihre Taille kreisen, während ihre mächtigen Hüften schwangen und immer weiter schwangen, und dann stieg sie aus ihren Jeans und ließ sie ebenfalls zu Boden fallen. »Na, Pan, was meinst du? Pan, mein Satyr, willst du mich jetzt?«
Sie legte sich auf eins der unteren Betten und sah zu, wie er sich aus seinen Sachen herauskämpfte, es waren so viele Schichten: die beiden Hemden, der Pullover, die langen Unterhosen – er hatte das Gefühl eines Sechsjährigen, der sich nach dem Spielen im Schnee vor seiner Mutter auszieht, aber Lydia war nicht seine Mutter, o nein, nie im Leben war sie das, und das war saugut so, denn jetzt würde ihn nichts mehr aufhalten. Doch, die Stiefel. Er riß an den Schnürsenkeln, zerrte an den Absätzen. »Komm endlich, Ronnie«, murmelte sie und wartete mit gespreizten Beinen auf ihn, »du willst doch nicht, daß ich mich hier zu Tode langweile, oder?«
Er fiel über sie her wie von einem Bogen abgeschossen, und es gab das übliche Geschlabber und Geschlecke und Gerangel um die beste Lage auf dem schmalen Sims von Bett, alles schön und gut, alles Teil des Plans, es ging ja um Liebe, freie Liebe, aber anscheinend hatte sie immer noch ihre Unterhose an, und er stieß gleichzeitig in den Stoff hinein und versuchte sie ihr auszuziehen, denn was sollte das, war das eine neue Methode, ihn scharfzumachen? »Nein«, raunte sie und entzog sich ihm, »nein, es geht nicht.«
»Wie meinst du das: Es geht nicht? Wovon redest du bloß?« Er war ihr ganz nahe, lag auf ihr, seine Hände betaschten sie überall. »Hast du die Pille nicht genommen? Geht’s darum? Denn das ist doch egal, ich kann ja aufpassen ...«
Ihre blauen Augen, die verführerische Stimme. »Nein«, sagte sie, »es
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