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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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auch nicht –aber Lydia, wenigstens Lydia war doch verrückt nach ihm, war’s immer gewesen, von Anfang an. Natürlich war sie nicht gerade sein Typ, aber er hatte in Boskys Hütte eine verdammt lange Zeit der Askese verlebt, wie eine Mischung zwischen Holzfäller und Mönch, nichts zu tun als Holz zu hacken, zu jagen und den Ofen am Brennen zu halten, während Joe seine Cessna durch die himmlischen Höhen flog. Einmal hatte Joe abends zwei Indianerbräute angeschleppt, und einen oder zwei Tage lang waren sie alle Stellungskombinationen durchgegangen, und das war ja auch okay, er beklagte sich nicht – oder vielleicht doch. Solche Sachen hatte er eigentlich nicht auf dem Plan gehabt, nie im Leben, und wenn er die Kohle dafür hätte, würde er sich im Nu aus dem Staub machen – zumindest über den Winter. Hawaii wäre nett. Oder La Jolla. Ensenada.
    Stars Blockhaus lag ganz am Ende. Es gab einen Trampelkorridor als Windfang, zwei Fenster schimmerten hell, der Ofen gab eine Rauchfahne ab. Pan stand einen Moment lang vor der Tür und fragte sich, ob er anklopfen sollte oder nicht, dann schob er sich durch den dunklen Korridor des Windfangs und pochte zweimal an die innere Tür. Nichts. Er klopfte noch einmal. Hörte Stimmen, hörte Geraschel. Dann quietschte die Tür in den Angeln, und Marco stand in Jeans und Arbeitshemd vor ihm, musterte ihn mit ausdruckslosem Blick, eisig und abweisend, und zwischen ihnen beiden gab es nun wirklich keine Liebe mehr, jedenfalls nicht seit der Sache mit dem Gras, und das einzige, was Pan einfiel, war: »Süßes oder Saures?«
    Sofort erklang von drinnen Stars Stimme: »Wer ist das? Ronnie? Ist das etwa Ronnie ?« Und dann hörte er ein Quietschen von Merry, vielleicht auch von Lydia, dem ein ausgedehnter Lachanfall von allen drei Frauen folgte, als zählte schon die Tatsache seiner Anwesenheit zu den lustigsten Sachen auf der Welt. Marco nickte ihm zu, und dann waren die drei in Trainingshosen und dicken Socken an der Tür, verströmten die Düfte von Bettwäsche, warmen Decken und Nachthemd – sehr fleischliche Düfte – und gurrten ihre Begrüßungen. »Jetzt komm schon rein!« sagte Star. »Meine Güte, steh doch nicht einfach da und ...«
    Drinnen war es eng wie in einer Gefängniszelle. Man konnte mit den Fingerspitzen einer Hand die Wand aus runden Baumstämmen berühren und mit der anderen die von gegenüber erreichen. Es war dunkel, heiß und trocken. Die beiden eingebauten Etagenbetten beherrschten den Raum, außerdem mußte man sich dauernd bücken, um den sechshundert Klamotten auszuweichen, die überall von Haken und quer durchs Zimmer gespannten Leinen hingen: nasse Socken und Unterwäsche, Parkas, Jeans, Stiefel. Räucherstäbchen schmurgelten. Der Ofen glühte. Beim vorderen Fenster gab es einen kleinen Tisch, der mit Spielkarten, Büchern und schmutzigen Tellern vollgestellt war, dort ließ er sich in den Stuhl fallen, den Star ihm herangezogen hatte, und zerrte sich die Handschuhe herunter, während die Bräute dicht um ihn herumstanden, drei Paar Brüste auf Augenhöhe, und ihre erleuchteten Gesichter grinsten auf ihn herunter wie außerirdische Forscher, die nach Zeichen von intelligentem Leben suchten. »Ich fasse das einfach nicht«, sagte Merry immer wieder, und Jiminy war auch da, wie Pan jetzt sah: von einem der oberen Betten warf er ihm Blicke wie Dolche zu.
    Pan zuckte die Achseln. »Hey, ist schließlich Halloween«, erklärte er sein Kommen. »Ich dachte, ich schau kurz bei euch vorbei. Mal sehen, was sich so tut hier.«
    Dem konnte niemand widersprechen, und bald saßen die drei Frauen bei ihm um den Tisch, boten ihm Zuckerkekse mit Orangenaroma an, die sie für Halloween gebacken hatten, rauchten einen Joint an und ließen einen Krug mit warmem Eigenbräu herumgehen, während Marco und Jiminy auf den oberen Betten miteinander tuschelten. Lydia trug einen Pelzmantel, der bis zum Boden reichte – »Ein Kreuzfuchs, hat mir ein Bewunderer geschenkt; gefällt er dir?« –, und sie sah gut aus, verdammt gut, und sie hatte offenbar ein bißchen abgenommen, lag es daran? »Siehst ja echt stark aus«, sagte er und legte ihr gleich mal den Arm um die Schultern.
    »Aber hallo, hört euch mal Pan an«, kicherte Merry. »Hast wohl zu lange ohne auskommen müssen, was? Logisch, wenn du wie ein alter Bock lebst, da draußen bei Joe Bosky. Und was ist mit mir? Seh ich nicht auch echt stark aus?«
    Sie und Star knieten voreinander und schminkten sich gegenseitig

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