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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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es wegging, damit sie irgendwas reparierten, so dass alles wieder in Ordnung war, aber Warren schrie, die Adern an seinem Hals standen hervor, und die Gischt, die hinter dem Heck aufstob, sah aus wie der peitschende Schweif eines Unterwasserkometen. »Verdammt, du Arschloch! Nicht quer zu den Wellen!« Das Boot schlingerte seitwärts und erbebte. »Willst du das verdammte Scheißding versenken?«
    Ja. Das war die Geschichte. So war es gewesen. Und so oft sie auch ihre Version dessen erzählte, was ihrer Großmutter im kalten, wütenden, aufgewühlten Wasser des Santa-Barbara-Kanals widerfahren war, vor so langer Zeit, dass sie die Augen halb schließen musste, um ein Bild davon zu bekommen – ein schärferes, klareres Bild als ihre Mutter, die ebensowenig dabeigewesen war wie sie selbst, jedenfalls nicht bewusst –, senkte Alma ihre Stimme zu einem Flüstern, wenn sie zur Pointe, zum überraschenden, krönenden Schluss kam: »Als das Boot sank, war Nana im zweiten Monat schwanger.«
    Sie versäumte es nie, innezuhalten und aufzusehen, ob sie die Geschichte nun am Esstisch ihrer College-Wohngemeinschaft einer Mitbewohnerin erzählte oder einem Wildfremden im Flugzeug. »Im zweiten Monat schwanger. Und sie wusste es nicht mal.« Dann hielt sie abermals bedeutungsvoll inne. Ihre eigene Mutter wäre ungeboren gestorben, wäre irgendwo angespült worden, Futter für die Krabben, und sie selbst würde nicht existieren, würde nicht hier sitzen können, das Haar noch nass von der Dusche oder zu einem Pferdeschwanz gebunden und durch das Loch an der Rückseite der Baseballmütze gesteckt, sie würde nicht alle Nuancen und existentiellen Implikationen aus dieser Geschichte, der Geschichte der Welt vor ihrer Geburt, herauskitzeln können, wenn ihre Großmutter, an die sie sich nur als hinfällige und gebrechliche Frau erinnerte, in Körper, Geist und Seele nicht so zäh gewesen wäre.
    Und natürlich empfand sie auch die Kälte, die darin lag, sah das Würfeln des Schicksals, das die Unglücklichen und Untüchtigen ausmerzte, während die anderen sich vermehrten. Wenn tausend Generationen derselben Familie Schiffbruch erlitten, würden ihre Nachkommen dann irgendwann Schwimmhäute und Kiemen entwickeln, oder würden sie lernen, an Land zu bleiben und der Versuchung der Inseln, die am glitzernden Horizont zu schweben schienen, zu widerstehen? Sie lebte, war im Schnittpunkt der Schöpfung wie alles andere, das in dem Augenblick, da sie die Geschichte erzählte, den Funken des Lebens enthielt, und eines Tages würde sie ebenfalls Kinder haben, der Summe des Lebens etwas hinzufügen, die DNA voranbringen. Der Vater ihrer Mutter war tot. Sein Bruder ebenfalls. Und auch die Mutter ihrer Mutter hätte sterben sollen. Nur: Sie war nicht gestorben.
    Es war im März des Jahres 1946. Almas Großvater Tilden Matthew Boyd war seit sechs Monaten aus dem Krieg im Pazifik zurück, von wo er einen verkrüppelten rechten Arm mitgebracht hatte: kein Fleisch oberhalb des Ellbogens, nur eine einzige lange Narbe, die sich wie ein verbranntes Omelette um den Knochen schmiegte. Ihre Großmutter, jung und optimistisch und mit Haar, so dunkel und voll wie ihr eigenes, zerschlug eine Flasche am Bug der Beverly B. , während Till, der durch ein Wunder, konkreter und greifbarer als alle Kathedralen der Welt, aus dem Rachen des Krieges zu ihr zurückgekehrt war, am Ruder saß und Möwen über ihnen kreisten und Wolken von Nordwesten herbeizogen und die Sonne über das Wasser jagten. Beverly war glücklich, weil Till glücklich war, und sie aßen die Sandwiches und tranken den billigen Sekt aus Pappbechern in der Kajüte, denn der Wind war steif und die Wellen schaumgekrönt und winterlich. Auch Warren war an jenem ersten Tag, am Tag des Stapellaufs, dabeigewesen, ein wandelndes Diktiergerät, hatte unerbetene Ratschläge, abgedroschene Klischees und ausführliche Kritik von sich gegeben. Aber er trank den Sekt und kam an zwei Wochenenden hintereinander, um Till mit dem Motor zu helfen und die Teakschränke und Schlingerleisten zu montieren, die Till in der Garage ihres gemieteten Hauses gebaut hatte, eines Hauses, das einen Anstrich, Moskitogitter und Dachrinnen gebraucht hätte, damit der Winterregen sich nicht mehr einfach vom Dach ergoss und jeden durchnässte, der, den Schlüssel in der Hand und zwei große Einkaufstüten in den schmerzenden Armen, vor der Haustür stand. Aber Till hatte keine Lust, das Haus zu reparieren – es gehörte ja nicht

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