Grün war die Hoffnung
blecherne Stimme von oben verkündete: »DIE INSEL IST FÜR ALLE BESUCHER GESPERRT, ICH WIEDERHOLE: DIE INSEL IST FÜR ALLE BESUCHER GESPERRT!«, Anise, die so lange brauchte, um sich umzuziehen, dass sie ihre Reservierung um eine Dreiviertelstunde verpassten und sich vor dem aufgeblasenen Oberkellner – natürlich ein Franzmann – erniedrigen mussten, um einen Tisch zu bekommen, und dann der Ober, der Fisch und die Art, wie Rita an ihrem Filet mignon saugte, als wollte sie sich keinen einzigen Blutstropfen entgehen lassen –, als das Tor beiseite rollt und er in die Einfahrt gleitet, willkommen geheißen von den mit Bewegungssensoren ausgestatteten Scheinwerfern über dem Garagentor.
Es ist nach Mitternacht. Er ist müde. Er ärgert sich. Seine Gedanken gehen nicht in die Tiefe. Die Wagentür öffnet sich, das Radio erstirbt mitten in einer Coverversion eines Stücks von einer Band, das er schon mindestens zehntausendmal gehört hat, und warum, Herrgott, können diese Heinis nicht mal was anderes spielen, irgendwas Entlegenes, Neues, Ungewöhnliches, die B-Seiten, nichts als B-Seiten, damit die Leute mal was anderes zu hören kriegen, bevor sie hingehen und sich erschießen? Er steht auf dem festen, harten Kopfsteinpflaster der Einfahrt und hat das vertraute Seefahrergefühl, als würde sich der Boden unter ihm bewegen. Einen Augenblick steht er einfach nur da und nimmt die nächtliche Kühle, das Funkeln der Sterne, die Stille und das gedämpfte Rauschen der Schnellstraße in sich auf. Und gerade als er die Taschenlampe aus dem Kofferraum holen und über den üppigen weichen Teppich des neuen Rasens schlendern will, um ihn zu bewundern und sich zu gratulieren, dass er fix und fertige Grassoden gekauft hat, anstatt den Rasen auszusäen und sich dann mit Unkraut, Vögeln und kahlen Stellen herumzuärgern, bemerkt er am Rand des Gartens eine Bewegung.
Sein erster Gedanke – und er wappnet sich, ist drauf und dran, eine Warnung oder, besser noch, eine Drohung zu rufen – gilt Eindringlingen, Einbrechern, Dieben, doch dann sieht er die Schatten, es sind zwei, und sie ducken sich auf den Boden. Er denkt an die Hunde, aber die sind im Haus, wo er sie zurückgelassen hat. Es dauert einen Augenblick, bis er begreift, dass er es hier mit der ungezähmten Natur zu tun hat, mit Tieren aus freier Wildbahn, die gekommen sind, sich an dem gütlich zu tun, was er ihnen bereitet hat. Ganz langsam und übertrieben vorsichtig schiebt er sich am Wagen entlang und öffnet leise und mit zwei Händen – die eine dreht den Schlüssel, die andere verhindert, dass der Deckel aufspringt – den Kofferraum. Ein schwaches Blinzeln der Innenbeleuchtung, und dann hat er die Taschenlampe in der Hand und denkt: Coyote? Oder bloß ein Nachbarshund? Er schließt den Kofferraum und erstickt das Klicken des Schlosses mit der Hand.
Er zwingt sich, ganz still zu stehen und zu lauschen, bis kleinste Geräusche aus den Schatten an sein Ohr dringen. Was hört er? Ein weiches, feuchtes Wischen, ein ganz leises Schnaufen oder Schmatzen, ein Rascheln, ein Saugen, dann nichts. Er hat beinahe Angst, die Füße zu heben, und so schlurft er voran, Stückchen für Stückchen, wobei er die Taschenlampe ausgestreckt vor sich hält wie ein Peilgerät: Er will näher herankommen, bevor er sie einschaltet, so nahe wie möglich, bevor das Licht aufflammt und die Tiere fliehen. Er spürt die Erregung, die sich in ihm aufbaut, das Locken der fremden, dunklen, verborgenen Welt, die in finsterer Nacht lebendig wird. Ein Schritt und noch ein Schritt. Und dann, am Rand des Rasens, wo Schatten in Schatten gehüllt sind, als hätte die Nacht unendliche Tiefen, als wäre die Nacht ein Ozean, als wäre er selbst unter Wasser, in einer Höhle, wo er nach blinden Höhlenfischen tastet, schaltet er die Lampe an.
Zwei Waschbären starren ihm ins Gesicht, und ihre Augen glühen, als wären sie und nicht die Taschenlampe die Quelle dieses Lichts. Ihre graubehandschuhten Pfoten halten für einen Augenblick inne, und dann wenden die Tiere sich ab, als wäre er gar nicht vorhanden, und widmen sich ihrer Tätigkeit. Die, wie er sieht, darin besteht, zu graben. Sie beugen sich vor, wühlen mit den Pfoten im Rasen, setzen sich auf den Hintern und stopfen sich etwas in die im Dunkeln unsichtbaren Mäuler. Jeder Grashalm klammert sich an seinen Schatten, als Dave den Lichtkegel über den Rasen gleiten lässt und sieht, dass der neue Rasen bereits zahlreiche Löcher aufweist,
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