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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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anfangen sollte, und so murmelte sie nur: »Okay.«
    »Ich sage Ihnen, das ist nichts, bloß ein verzweifeltes Ablenkungsmanöver. Sie werden sehen. Vertrauen Sie mir.«
    Und jetzt, da der Hörer wieder auf der Gabel liegt, der kalte, trockene Nachgeschmack des Sake auf ihrer Zunge verweilt und ihre Gedanken ins Leere gehen, hebt sie das Glas erneut an den Mund, stellt es dann aber abrupt hin. Was denkt sie sich eigentlich? Sie darf keinen Alkohol trinken. Nichts, keinen Tropfen. Und dabei hat sie gestern erst Alkohol getrunken, als wäre sie irgendeine durchgeknallte schwangere Teeniebraut im Ghetto. Sie lehrt das Glas in die Spüle und denkt an Alkoholembryopathie, kognitive Behinderung, mentale Entwicklungsstörung, und als sie es abstellt, zittert ihre Hand. Sie muss sich zusammenreißen. Muss stark sein. Das Steuer in der Hand behalten. Die Sache ist nur: Sie fühlt sich schwach, verwirrt und verletzt.
    Es ist kurz nach zehn Uhr morgens. Sie hat auf dem Rückweg auf dem Boot geschlafen, doch es war ein leichter, oft unterbrochener Schlaf, und jedesmal wenn sie die Augen aufgemacht hat, haben Toni Walsh und die anderen beiden Frauen sie angestarrt, als wäre sie ihre Gefängniswärterin und als warteten sie nur auf eine Gelegenheit zur Flucht, als könnten sie fliegen oder über das Wasser gehen, und jetzt spürt sie, wie Müdigkeit sie durchdringt, eine so vollkommene Erschöpfung, dass ihre Beine sich anfühlen, als gehörten sie nicht ihr, und sie einen Stuhl heranziehen und sich schwer darauf sinken lassen muss. Lange sitzt sie da und starrt aus dem Fenster, und dann greift sie zum Telefon und wählt – es ist unvermeidlich, demütigend, sinnlos – Tims Nummer.
    Sie erwartet gar nichts. Er betreibt Feldforschung auf den Farallon-Inseln, und dort gibt es kein Mobilfunknetz, das weiß sie so gut wie jeder andere. Aber vielleicht ist er nach San Francisco gefahren, um Proviant zu besorgen, um sich ein paar Tage zu erholen, und weil er gerade erst angekommen, gerade erst an Land gegangen ist, hat er sie noch nicht angerufen, und gleich wird er sich melden, er muss sich melden, denn sie will, sie muss seine Stimme hören … Ihr Magen ist in Aufruhr. Unter dem Tisch beginnt eines ihrer Knie zu wippen. Aber sie erwartet nichts, und nichts ist genau das, was sie bekommt. Es läutet zweimal, sie hört ein leises Klicken und dann nichts mehr.
    Am nächsten Morgen zieht sie eine weiße Seidenbluse, frisch aus der Reinigung, und einen marineblauen Hosenanzug an, schlüpft in Strümpfe und Pumps und fährt zum Gericht. Maria Campos ist da, und es passiert nicht viel, außer dass sie einen ganzen Vormittag damit verschwendet, herumzusitzen, während ein Fall nach dem anderen aufgerufen wird, bis sie schließlich für zwei Minuten vor den Richter treten muss, der sie kaum ansieht und sie mit der Auflage entlässt, in einem Monat wieder zu erscheinen. Endlich im Büro, ist von Alicia nichts zu sehen – es hat einen Notfall gegeben, sagt Suzie Jessup, die das benachbarte Büro hat, und Alicia hat sich einen Tag freigenommen. Papier türmt sich zu Bergen, und die Liste der E-Mails ist ungefähr einen Kilometer lang. Arbeit. Das ist es, was sie jetzt braucht – und was sie in Anspruch nimmt –, und erst um halb drei verspürt sie das Bedürfnis nach einem großen Eistee mit Zitrone und etwas zu essen. Sie steht vom Schreibtisch auf und geht die Treppe hinunter und auf dem Fußweg am Yachthafen entlang zum Docksider. In Gedanken versunken schlendert sie dahin und versucht, einen klaren Kopf zu bekommen, als sie plötzlich innehält. Etwas ist anders, anders als sonst, aber was? Sie sieht den Fußweg entlang (schlendernde Touristen), sieht zurück zum Park-Service-Gebäude (wimmelnde Touristen, die hinein- und hinausgehen, um sich die Reliefkarte der Insel und die anderen Ausstellungsstücke im Erdgeschoss anzusehen) und schließlich über die weite Fläche des Parkplatzes (Sonnenlicht blitzt auf dem Glas und Chrom der in ordentlichen Reihen geparkten Wagen), und dann erst dringt es zu ihr durch: Die Demonstranten sind weg.
    Es ist verblüffend. Als wäre sie in ihrer Betonhütte in Guam aufgewacht und vor die Tür gegangen, um festzustellen, dass der Urwald über Nacht verschwunden war. Die Demonstranten sind weg. Keine Sprechchöre, keine verleumderischen Schilder, keine Graffiti. Haben sie aufgegeben? Endlich? Ihr kommt der Gedanke – ein freudiger Gedanke, begleitet von einer Welle der Heiterkeit –, dass sie

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