Grünes Gift
Stand mit den schwarzen Scheiben war?« fragte Pitt. Sie waren etwa zur gleichen Zeit auf dem Markt angekommen wie am Abend zuvor. Der Markt war ziemlich groß und erstreckte sich über zwei Straßenblöcke; mit den unzähligen kleinen Gassen wirkte er wie ein Labyrinth.
»Ich weiß noch, wo wir das Gemüse gekauft haben«, erwiderte Cassy. »Gehen wir doch zuerst dahin, und dann nehmen wir denselben Weg wie gestern.«
»Gute Idee«, entgegnete Pitt.
Mühelos fanden sie den Stand, an dem sie die Tomaten erstanden hatten.
»Weißt du noch, was wir nach den Tomaten gekauft haben?« fragte Pitt.
»Das Obst«, erwiderte Cassy und zeigte über Pitts Schulter. »Der Stand war in dieser Richtung.« Als sie den Obststand gefunden hatten, fiel ihnen auch wieder ein, auf welchem Weg sie zum Flohmarkt gelangt waren. Ein paar Minuten später standen sie vor der Bude, die sie gesucht hatten. Leider war sie leer. »Entschuldigen Sie bitte«, wandte sich Cassy an den Händler des Nachbarstandes. »Wissen Sie vielleicht, wo der Mann ist, der normalerweise neben Ihnen steht?«
»Er ist krank«, erwiderte der Mann. »Ich habe heute morgen noch mit ihm gesprochen. Ihn hat auch die Grippe erwischt.«
»Danke«, sagte Cassy und flüsterte dann an Pitt gewandt: »Was sollen wir jetzt tun?«
»Hoffen, daß Lieutenant Kemper mehr Glück hat als wir«, entgegnete Pitt.
Jesse war vom Krankenhaus direkt zum Polizeirevier zurückgefahren, aber dann war er doch nicht hineingegangen. Die Nachricht von Kinsellas Tod hatte sich auf dem Revier bestimmt schon herumgesprochen, und mit Sicherheit waren die Kollegen ziemlich verstört. Jedenfalls war es wohl kaum der richtige Zeitpunkt, Kinsellas Arbeitsplatz zu durchstöbern, und erst recht nicht, falls der Captain noch im Büro war. Nach den Geschichten, die Cassy und Pitt erzählt hatten, war ihm erst richtig bewußt geworden, wie merkwürdig sich sein Chef in den letzten Tagen verhalten hatte.
Deswegen war Jesse zunächst nach Hause gefahren. Er wohnte etwa eineinhalb Kilometer vom Polizeirevier entfernt in einem kleinen Haus, das gerade groß genug für einen Menschen war. Seit seine Frau vor acht Jahren an Brustkrebs gestorben war, lebte er allein. Seine beiden Kinder zogen das großstädtische Flair von Detroit vor.
Jesse bereitete sich ein einfaches Abendessen zu. Nach dem Essen überlegte er, ob er noch einmal zum Revier fahren sollte, doch er wußte, daß dies nur Aufsehen erregen würde. Schließlich war er um diese Zeit nie dort, es sei denn, er arbeitete gerade an einem komplizierten Fall. Während er sich den Kopf über eine mögliche Ausrede zerbrach, fiel ihm ein, daß Cassy und Pitt vielleicht schon eine dieser mysteriösen Scheiben aufgetrieben hatten.
Er durchwühlte seine Hosentasche und fand den Zettel mit der Telefonnummer der beiden. Dann wählte er und wartete, bis Pitt sich meldete.
»Bei uns ist es schiefgegangen«, erklärte Pitt. »Der Mann, der gestern die Scheiben verkauft hat, ist krank. Und wie man uns an anderen Ständen erzählt hat, war der Markt plötzlich von den Dingern überschwemmt, so daß sie quasi unverkäuflich waren. Daher hat jetzt niemand mehr welche.«
»So ein Mist!« fluchte Jesse.
»Haben Sie auch keine auftreiben können?« fragte Pitt. »Ich hab’ es noch gar nicht versucht«, gestand Jesse. Plötzlich fiel ihm etwas ein. »Könnten Sie und Cassy mich vielleicht zum Polizeirevier begleiten? Es mag ja etwas komisch klingen, aber wenn ich allein dort auftauche, wird sich jeder fragen, was ich um diese Zeit da zu suchen habe. Wenn ich allerdings so tue, als würde ich in einem Fall ermitteln, wird sich niemand an meiner Anwesenheit stören.«
»Kein Problem«, erwiderte Pitt. »Ich komme gerne mit. Warten Sie mal, ich frage Cassy.«
Jesse spielte mit der Telefonschnur herum, bis Pitt sich wieder meldete. »Sie ist bereit alles zu tun, was uns weiterbringen kann. Wann sollen wir uns treffen?«
»Ich hole Sie ab«, erwiderte Jesse. »Allerdings geht es erst nach Mitternacht. Ich will nämlich warten, bis die Abendschicht ihren Dienst beendet hat. In der Nacht ist es einfacher. Dann ist das Revier nur spärlich besetzt.« Je länger er über seine Idee nachdachte, desto besser gefiel sie ihm.
Um Viertel nach eins bog Jesse auf den Parkplatz des Polizeireviers, stellte seinen Wagen auf dem für ihn reservierten Platz ab und schaltete den Motor aus.
»Also dann«, ermunterte er seine Begleiter. »Die Spielregeln für unsere kleine
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