Grundlos erschoepft - Nebennieren-Insuffizienz
willensstarken, perfektionistischen Menschen anzutreffen, die ständig »ihre Pflicht tun« und ihre eigenen Bedürfnisse hintanstellen. Egal, ob es familiäre, berufliche oder soziale Anforderungen sind, das Ergebnis ist oft das Gleiche. Dieses Muster findet sich auch häufig bei alleinerziehenden Elternteilen oder bei Menschen, die andere nicht um Hilfe bitten, sondern alles selbst tun wollen. Es fällt ihnen meist nicht schwer, sich körperlich umzustellen, um die Nebennierenschwäche zu überwinden. Die eigentliche Herausforderung stellen ihre inneren Einstellungen und Überzeugungen dar, die zur Erschöpfung der Nebennieren geführt haben.
Patty war ein strahlendes und sportliches dreizehnjähriges Mädchen, das alle Voraussetzungen mitbrachte, um im Leben Erfolg zu haben. Sie war eine gute Fußballspielerin, hatte in der Schule nur die besten Noten und genoss es, bei allen beliebt zu sein. Das Leben meinte es gut mit ihr. Dann teilte der Fußballtrainer eines Tages aus heiterem Himmel der Mannschaft mit, dass er sie nicht weiter trainieren werde, und sie fanden keinen anderen Trainer, der ihn ersetzen konnte. Die Mannschaft war dadurch nicht mehr wettkampffähig, und Patty war sehr niedergeschlagen, denn Fußball bedeutete ihr alles. Sie hatte das ganze Jahr hindurch 25 Stunden in der Woche trainiert und gehofft, ein Fußball-Stipendium für die Universität zu erhalten. Da es keine andere, ähnlich leistungsstarke Mannschaft in ihrer Stadt gab, mit der sie hätte trainieren können, war Patty am Boden zerstört.
Sie durchlief daraufhin eine Phase mit Kummer und Depression, die über zwei Jahre dauerte. Mitten in dieser schwierigen Zeit wechselte sie auf eine Highschool für Hochbegabte, wo die Schüler täglich drei bis fünf Stunden Hausaufgaben machen mussten. In der Mitte des ersten Schuljahrs war sie oft krank, und es dauerte immer länger, von Erkältungen und Atemwegsinfektionen zu genesen. Nach dem ersten Jahr wurde ihr nahegelegt, die Schule zu verlassen, weil ihr Notendurchschnitt unter den erforderlichen Mindestwert gesunken war. Aber sie legte Widerspruch ein, und so wurde ihr ein weiteres Probejahr zugestanden. Im dritten Jahr erzielte sie schließlich bessere Noten, aber der extreme Stress der ersten beiden Jahre hatte ihre Nebennieren erschöpft, und sie wies viele Symptome einer Hypoglykämie auf. Dies führte zu einem beinah unkontrollierbaren Heißhunger nach dem schnellen Energieschub raffinierter Kohlenhydrate, was wiederum eine ungewollte Gewichtszunahme bewirkte.
Obgleich der Fragebogen eine sehr hohe Punktzahl erbracht hatte, wollte sie anfangs keine einschneidenden Veränderungen in ihrem Lebensstil vornehmen, besonders mehr zu schlafen und sich besser zu ernähren. Sie blieb an der Highschool, die hohe Erwartungen an ihre Schüler stellte. Im zweiten Jahr hatte sie fast doppelt so viele Hausaufgaben zu erledigen wie im ersten, aber sie war nicht bereit, die Schule zu wechseln, weniger am sozialen Leben teilzunehmen oder irgendetwas zu tun, was den Zustand ihrer Nebennieren verbesserte. Stattdessen machte sie weiter mit Fastfood und unregelmäßigen Mahlzeiten. Sie frühstückte nur hin und wieder, aß nicht zu Mittag, holte sich nach der Schule etwas aus dem Kühlschrank, nahm meistens nicht am Abendessen der Familie teil und stopfte sich lieber bis spät in die Nacht mit kohlenhydrathaltigen Snacks voll. Mit fortschreitender Hypoadrenie kamen auch Schlafprobleme, sodass sie oft nicht richtig einschlafen konnte. Oberflächlich betrachtet, konnte man den Eindruck gewinnen, dass sie alles im Griff hatte, denn sie war aktiv und allseits beliebt, aber unter der Oberfläche wurde ihre Gesundheit dadurch untergraben, dass sie sich weiterhin über Gebühr antrieb und sich weigerte, ihre Lebensweise zu verändern.
Patty ist ein anschauliches Beispiel für das vierte Reaktionsmuster, das sie fast zwangsläufig auf eine Hypoadrenie zusteuern ließ. Zum Glück halfen ihr ihre Jugend und ihre Einsicht, die Nebennieren-Insuffizienz schließlich doch zu überwinden. Sie war dadurch in der Lage, ein Leben zu führen, das sie mehr genießen konnte, weil sie weniger Ansprüche an sich selbst stellte.
Dank
Dieses Buch wäre nicht entstanden, hätten mich nicht so viele Menschen ermutigt und mir konkret geholfen. Ich danke vor allem meinen Patienten, Freunden, Kollegen und Studenten sowie meiner Familie, dass sie mir gezeigt haben, wie wichtig es war, ein Buch über die noch weitgehend unbekannte
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