Guardian Angelinos (03) – Sekunden der Angst
auf die Tanzfläche, und augenblicklich verschmolzen sie miteinander, wie immer.
»Wer war das denn?«, fragte Lang. »Ich habe da leichte Animositäten bemerkt.«
»Ein Cousin um drei Ecken. Und keine Animositäten, nur ein beruflicher Wettkampf. Er arbeitet für die Konkurrenz.« Sie lächelte zu ihm hoch, und jede Bedrohung ihrer heilen Welt war vergessen. »Amüsierst du dich auf einer großen italienischen Hochzeit?«
»Allerdings.« Er verschränkte seine Finger mit ihren, den Arm sicher um ihre Taille gelegt, und tanzte mit ihr nach der traditionellen alten Schule. »Die Trauzeugin ist sehr … niedlich.«
»Niedlich, soso. Wenn du so weitermachst, hast du sicher Glück und darfst heute Nacht mit ihr nach Hause gehen.«
»So einer bin ich nicht«, sagte er. »Ich halte mich gern an die Regeln.«
Sie verdrehte die Augen und ließ sich sanft von ihm im Kreis drehen. Die hohen Absätze störten sie nicht, wenn sie so wie jetzt auf Wolke sieben schwebte.
»Um genau zu sein, habe ich gerade mit deinem Onkel Nino darüber gesprochen.«
»Ach ja?« Sie warf Nino einen Blick zu, der seinen Platz in der sich rasch auflösenden Gästeschlange aufgegeben hatte, um sich zu den Männern zu gesellen, die sie gerade verlassen hatte. Marc war ebenfalls da, zusammen mit Devyn, die er letzten Monat in einer wesentlich kleineren Zeremonie, im engsten Familienkreis, geheiratet hatte, als sie ihre Schwangerschaft nicht länger verbergen konnte und wollte. Hinter ihnen ragte ihr ältester Cousin, JP, auf.
Sie drehten sich alle zu ihr um, genau in dem Moment, als Nino irgendwas sagte. Und der Blick von ihnen allen war … komisch. Insbesondere der von Zach. Hatte er sich immer noch nicht an die Vorstellung von ihr und Lang gewöhnt?
»Worüber hast du mit Nino gesprochen?«, fragte sie.
»Tja, er hatte etwas für mich. Einen Brief. Von deiner Mutter.«
Ihre Knie wurden ein wenig weich. Also gab es einen zweiten Brief von ihrer Mutter. Zachs Verlobte hatte einen bekommen. Und jetzt …
Ihr Herz raste, als sie zu Lang aufblickte. »Was stand drin?«
»Da muss ich kapitulieren – er war auf Italienisch.«
»Warum hat er ihn dir dann gegeben?«
»Er macht es eben gern auf die traditionelle Art«, räumte Lang ein. »Wie ich auch.«
Er drehte sie wieder, und sie erhaschte einen Blick auf ein paar Frauen aus ihrem Clan, die sich eben um die Braut scharten. Ihre Cousinen Chessie und Nicky trugen das gleiche trägerlose, apricotfarbene Kleid wie sie, und Tante Fran stand dabei – und alle sahen sie an. Samantha, ihre beste Freundin und ehemalige Nachbarin, hatte Tränen in den Augen.
Nun ja, es war Sams Hochzeitstag, und sie hatte verdammt lang gewartet, bis Zach sich endlich aus dem Hemd gerissen hatte. Trotzdem, Samanthas Blick – jeder einzelne Blick – verursachte ein leichtes Pochen in ihrem Nacken, eine leise Warnung vor dem bevorstehenden … was auch immer. Sie blickte sich im Raum um. Alle sahen zu ihnen.
»Lang«, flüsterte sie, und die Hitze kroch ihr langsam unter das seidene Kleid. »Wir sind ganz allein auf der Tanzfläche.«
»Korrekt.« Sein Blick klebte auf ihr. »Schätze, der Tanz ist noch nicht offiziell eröffnet. Siehst du, was für ein Rebell ich bin?«
Sie lachte, und es klang verlegen. »Warum sehen uns denn alle so an?«
»Weil ich es ihnen gesagt habe.«
Sie stolperte fast. »Warum?«
»Weil ich sichergehen wollte, dass jede einzelne Person, die du kennst und liebst, mitbekommt, was ich gleich tun werde.«
Sie ließ wie benommen den Arm sinken, als er ihre Hand losließ, in die Tasche seines Jacketts griff und einen Diamantring herausholte.
Nicht irgendeinen Diamantring. Den Diamantring ihrer Mutter. Sie blieb auf der Tanzfläche stehen, wollte zu Nino schauen, zu Zach, zur ganzen verdammten Hochzeitsgesellschaft, doch sie konnte den Blick nicht losreißen von dem Mann, den sie liebte und der sich jetzt auf ein Knie niederließ.
Alles verschwamm ihr vor Augen.
»Viviana Belladonna Angelino. Ich liebe dich von ganzem Herzen und mit ganzer Seele, und kann nur hoffen, dass du mich genauso lieben kannst, für den Rest unseres Lebens. Würdest du mir die Ehre erweisen, meine Frau zu werden?«
Sie lachte ein bisschen und weinte ein bisschen und zitterte wie dürres Laub, in dem Bewusstsein, dass Gelächter, Stimmen, Musik, Teller- und Gläserklirren mit einem Mal verstummt waren, dass selbst die Zeit stillzustehen schien. Alles verharrte in gespanntem Schweigen. Die Welt hielt den Atem
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