Guardian Angelinos: Die zweite Chance (German Edition)
Kopf.
»Billy ist da unten, Zach. Er ist hinter dem Heizofen gefangen. Überall ist Benzin und eine Zündflamme.«
Er schob ihr Vivi wieder in die Arme. »Lauf, was das Zeug hält. Jetzt!«
»Das geht nicht«, sagte sie, stolperte rückwärts und hielt Vivi fest. »Du hast nicht genug Zeit. Du hast – «
»Lauf!« Er stieß sie heftig in Richtung Küche. »Ich gehe ihn holen. Raus hier!«
Sam umklammerte Vivi mit schier übermenschlicher Kraft, rannte auf die offene Tür zu und schaffte es gerade noch mit ihr nach draußen. Sie taumelte und hätte Vivi beinahe fallen gelassen, dann packte sie sie fester und rannte, so weit sie nur konnte, bis sie schließlich ins Gras fiel und Vivi sanft auf dem Boden ablegte.
Sie drehte sich wieder zum Haus und nahm nur vage die Sirenen wahr, die wie Schreie die Nacht durchschnitten und mit jeder verstreichenden Sekunde lauter wurden. Sie kroch um Vivi herum, um sie festhalten und trotzdem das Haus sehen zu können, nahm ihren Kopf in beide Hände und hob sie an, um den Blutstrom dort zu verlangsamen, wo die Kugel sie in den Bauch getroffen hatte.
»Halt durch, Vivi. Gleich kommt Hilfe.« Sie starrte auf die Hintertür und beschwor Zach in Gedanken, dort aufzutauchen, betete, flehte, während ihr die Tränen übers Gesicht rannen und auf Vivi tropften. »Komm schon, Zach!«, schluchzte sie und war sich kaum bewusst, dass sie Vivis Hand genommen hatte und sie fest drückte.
Der Erdboden bebte grollend, weiße und orangefarbene Pilze schossen mit einem ohrenbetäubenden Knall aus dem Haus, und Fenster, Holz und Flammen wurden fünf Meter hoch in die Luft geschleudert.
Der Schrei blieb Sam im Hals stecken, als sie sich über Vivis Körper warf, um sie vor dem Feuer und den Funken zu schützen, die auf sie niederprasselten. Schließlich hob sie den Kopf. Die Hitze und der Qualm hatten ihr alle Kraft geraubt, und ihre Augen brannten so sehr, dass sie ihnen nicht trauen mochte.
Wo war er? Wo? Oh, Gott, bitte nimm ihn nicht zu dir.
Zuerst war ein Schatten zu sehen, schwarz vor schwarzem Hintergrund, dann die Silhouette eines Mannes inmitten von Flammen, den Kopf gesenkt, den Rücken gebeugt, schlaff in seinen Armen hängend ein Körper wie ein übergroßes Baby. Er rannte durch das Feuer, Funken landeten in seinen Haaren, Glas zersprang rings um ihn herum. Trümmer flogen stoßartig aus dem Haus, aber nicht einmal geriet Zach ins Straucheln.
Er stob über den Rasen, brach vor Sam in die Knie und legte Billy sanft neben Vivi auf den Boden. Sein Gesicht war verschmiert von Rauch und Dreck, sein Haar versengt, und seine Brust hob und senkte sich von der Anstrengung jedes einzelnen Atemzugs.
»Er lebt.«
»Vivi auch.«
»Und … « Er reckte sich über die beiden Körper zwischen ihnen, sie tat dasselbe, und sie fielen sich in die Arme. »Du auch, Sam.«
»Ich wusste, dass du mich holen kommen würdest«, flüsterte sie, und fast blieben ihr die Worte in ihrem malträtierten Hals stecken. Sie wurden vom Geheul eines eintreffenden Streifenwagens und von einem Polizeibeamten übertönt, der den Feuerwehrleuten und Sanitätern Befehle zubrüllte. »Ich wusste es.«
»Immer, Sam, immer.« Er schloss seine Hände um ihr Gesicht und ließ seine Stirn gegen ihre sinken. »Ich werde immer an deiner Seite sein.« Die Worte klangen unbeholfen, fast fremdartig.
Sarò sempre al tuo fianco.
Jetzt verstand sie, was das bedeutete.
Das Schlimmste war nicht der Moment, als JP und Marc ankamen und in Begleitung von Detective O’Hara und ein paar anderen Cops wie ein ganzer Platoon den leuchtend grünen Korridor der Notaufnahme des Mass General Hospitals entlangmarschierten. Die Befragung half Zach sogar, sich von dem Geschehen im OP abzulenken, wo Unfallchirurgen dabei waren, eine Kugel aus dem Körper seiner Schwester zu entfernen und sie am Leben zu halten.
Er zuckte auch nicht mit der Wimper, als Chessie und Nicki dort ankamen, tränenreich und fürsorglich, mit sauberen Kleidern und Schuhen für Sam und ihn. Und mit einer seiner Augenklappen – die er während all dieser Stunden gar nicht vermisst hatte. Kurz darauf kamen Tante Fran und Onkel Jim gemeinsam, und es gab jede Menge Familienumarmungen.
Aber als Onkel Nino hereingeschlurft kam, das für ihn charakteristische, abgetragene Poloshirt offensichtlich hastig über eine Schlafanzugshose gezogen, sein dünnes Haar ungekämmt, sein faltiges Gesicht gezeichnet von einem Ausdruck des reinen Elends, hätte Zach fast die Fassung
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