Gucci, Glamour Und Champagner
losquasselte, wie sie ihren Tag damit zugebracht hatte, der Inspiration halber ein paar von meinen Blogs zu lesen (ich hatte sie noch immer nicht ganz von ihrer Tribüne der Heldenverehrung heruntergestoßen), starrte ich die abblätternden roten Wände an, an denen Posters von früheren Veranstaltungen und ein paar gerahmte Pop-Art-Drucke hingen.
Mir fiel auch auf, dass die Klientel sich von der in L’Alimentation Générale unterschied. Im Unterschied zur dort vorherrschenden ausgelassenen Partystimmung ging es hier steifer zu, und Sehen und Gesehen werden war wichtiger, wenngleich sich dies, Gott bewahre, keiner anmerken ließ. Ich war mir auch absolut sicher, dass man hier auf keinen Fall Britney spielen würde, ob mit ironischer Note oder nicht. Ein paar sehr sorgfältig zurechtgemachte Mädchen lehnten am Fenster und warfen ihr Haar von der einen zur anderen Seite, verdrehten gelegentlich die Augen und gaben sich alle Mühe, so zu tun, als wäre ihnen der große dunkelhaarige Junge egal, der mit dem Rücken zum Raum in einer Ecke saß. Er war offensichtlich der Einzige, den es tatsächlich nicht interessierte, wer in dieser Bar war und wer nicht. Er gewann an diesem Abend eindeutig den Preis als »coolste Person«.
»Dann haben Sie sich also mit Ihrer Freundin getroffen?«, fragte Virginie mich mit lauter Stimme.
Ich wandte mich ihr wieder zu und schaute in große, weit aufgerissene fragende Augen. Gütiger Gott, sie interessierte sich wirklich für alles. Das war ziemlich nervig.
»Ja.« Ich trank einen Schluck Wein. Man muss sich den Gepflogenheiten anpassen. »Wir haben zu Mittag gegessen, und es war sehr schön, sie wiederzusehen. Sie hat gerade erfahren, dass sie schwanger ist, was ein wenig komisch war. Auf gute Weise zwar, aber doch komisch.«
»Sie vermissen sie?«
»Sehr.« Dabei nickte ich so heftig, dass mein Haar auf und ab hüpfte. »Bis zu unserem Wiedersehen war mir gar nicht bewusst gewesen, wie sehr. Morgen ist ihr Hochzeitstag, und das bedeutet, dass es ein Jahr her ist, seit wir uns zuletzt gesehen haben. Und ein Jahr, seit ich nach New York gegangen bin.«
»Aber Sie überlegen doch wohl nicht, wieder nach Hause zurückzukehren?« Während sie sprach, schielte sie über meine Schulter, vermutlich auf den »Mr.-Ist-mir-doch-alles-scheißegal« in der Ecke hinter mir. Ha, sie unterlag also wie wir alle der Gefahr, auf einen heißen Jungen abzufahren. »Ein Jahr ist eine sehr lange Zeit, wenn man von seinen Freunden und von seiner Familie getrennt ist.«
»Ich weiß. Bisher habe ich kein Heimweh gekannt, aber nach dem heutigen Tag, ich weiß nicht, fühle ich mich ein wenig seltsam. Anders.« Ich überlegte. »Louisa gibt morgen eine Party zu ihrem ersten Hochzeitstag. Und es ist eine merkwürdige Vorstellung, dass mehr oder weniger jeder, den ich kenne, dort sein wird, alle zusammen ohne mich, obwohl ich mit dem Zug in zwei Stunden dort sein könnte.«
»Wollen Sie denn nicht hinfahren?«
»Irgendwie schon«, gab ich leise zu. »Aber ich weiß, dass es keine gute Idee ist und nur daher kommt, weil mich in New York ziemliche Probleme erwarten.«
»Aber Ihr Leben ist doch so fantastisch«, protestierte sie zum tausendsten Mal. »Ich würde alles tun …
»Egal, wie oft Sie das noch sagen«, warnte ich sie, »es wird dadurch nicht wahrer.«
Virginie schüttelte den Kopf. »London ist bestimmt eine tolle Stadt, aber New York! Es ist der beste Ort der Welt. Also sagen Sie schon, was ist so schlimm, dass Sie am liebsten nach England zurückkehren möchten?«
»Nur, na ja, jede Menge.« Bevor ich zu einer Erklärung ansetzte, trank ich noch einen Schluck Wein. »Alex und ich, wir bewegen uns in einer Art Limbo, Jenny spricht nicht mehr mit mir, und dann hat Alex gestern Abend noch eine Bemerkung fallen lassen, die mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf geht.«
»Könnte es vielleicht helfen, darüber mit jemandem zu reden?«, bot sie zögernd an. Ich rümpfte die Nase und zögerte meine Antwort hinaus. Virginie machte nicht den Eindruck, als könnte sie mir objektive Ratschläge erteilen, außerdem sah ich mich im Moment außer Stande, mich erneut mit meinen beängstigenden Überlegungen zu beschäftigen. Andererseits hatte mir das Gespräch mit Louisa gutgetan, und sie war nicht gerade pro-Alex eingestellt gewesen. Vielleicht war meine Cheerleaderin-Schrägstrich-Pitbull genau die richtige Gesprächspartnerin für mich.
»Also gut.« Ich wollte es wagen. Diese rosa Schleife hatte was
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