Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
schnappt euch ein Dosenbier und geht rüber ins Verbindungshaus zum Feiern.
Die Zukunft der amerikanischen Wirtschaft hängt von euch ab.
Obwohl wir in zwei Tagen umziehen, haben wir uns ein bisschen Zeit genommen, uns mit der Familie meiner Kusine zu einem wunderschönen Essen im Carmine zu treffen. Nach einem herzlichen Abschied mit Umarmungen, Küsschen und dem Versprechen, sich in Zukunft viel öfter zu besuchen, sind Fletch und ich gerade auf der Suche nach einem Taxi, als wir am Jilly’s vorbeigehen.
Jilly’s … seufz.
Wie wir so vor der Tür stehen, bin ich plötzlich wieder im Jahr 1999, als wir alle auf dem Höhepunkt des Dot-Com-Goldrauschs waren. Am Wochenende haben wir uns meistens bis zum Anschlag aufgedonnert und uns mit den anderen jungen Wilden zum Essen getroffen – Menüs im vierstelligen Bereich im Signature Room, dem Tavern on Rush, dem Gibsons und so. Aber ganz gleich, wo wir auch hingingen, immer landeten wir am Ende in der Pianobar von Jilly’s, wo wir mit dem Rest von Chicagos junger IT-Elite abhingen, Martinis schlürften, zu Frank und Dino mitgrölten und über die Tanzfläche stolperten, während ganze Heerscharen von Fotografen unseren Höhenflug auf Film einfingen. 143 Das Gefühl, unbesiegbar zu sein, durchdrang unsere Seele wie der Geruch teurer Zigarren, der unsere Brooks-Brothers-Anzüge und Burberry-Kleidchen tränkte.
Diese Tage sind natürlich längst vorbei. Die jungen Wilden sind denselben Weg gegangen wie unser Erfolg, unser Status und unsere Jobs.
Und doch steht das Jilly’s noch immer, und die Babyboomer haben es zurückerobert. Ich HASSE Babyboomer. Das sind nämlich die Einzigen, die das Zerplatzen der Dot-Com-Blase unbeschadet überstanden haben. Das sind diejenigen, die Menschen wie Fletch und mich benutzt haben, um ihre Scheinfirmen und ihren Wohlstand aufzubauen, und die sich dann klammheimlich aus dem Staub gemacht haben, ehe ihnen alles um die Ohren geflogen ist.
»Lust, auf ein Schlückchen reinzugehen?«, frage ich Fletch. Er guckt genauso wehmütig wie ich.
»Schon, aber mehr als einer ist nicht drin. Denk dran, wir müssen den Umzugsleuten noch ein Trinkgeld geben.«
Zielsicher quetschen wir uns durch die Menge zur Theke und warten darauf, dass ein Hocker frei wird. Da Sitzgelegenheiten im Jilly’s so kostbar und flüchtig sind wie die Börsenhausse mit Technologieaktien, schnappe ich mir einen leeren Stuhl und pflanze mich vor ein paar halb ausgetrunkene Gläser, die mit Servietten abgedeckt sind. Energisch schiebe ich die Gläser beiseite und winke dann meinem Lieblingsbarkeeper, der sofort zu Stoli-Wodka und spanischen Oliven greift. Sekunden später stehen zwei swimmingpoolgroße Drinks vor uns.
Fletch ergreift sein Glas und prostet mir zu. »Auf den Neuanfang.«
»Was immer er bringen mag.« Wir stoßen an. Mit geschlossenen Augen nippe ich am eiskalten Wodka, und ich bin wieder zurückversetzt in die guten alten Zeiten … mmmm, Aktienoptionen … oho, Risikokapital … aahhh, die E-Volution …«
Jäh werde ich aus meinen Tagträumen gerissen, weil jemand an meinem Hocker rüttelt. Zuerst denke ich, irgendwer habe mich im Gedränge angerempelt oder Fletch sei zurück von der Toilette, aber als ich mich umdrehe, steht vor mir ein aufgebrachter Babyboomer. Ihm gehören die zugedeckten Getränke, und nach einer viertelstündigen Tanzeinlage ist er zurückgekommen, um seinen Platz an der Bar wieder für sich zu beanspruchen.
Wütende kleine Augen funkeln mich durch eine winzige Titangleitsichtbrille an, und er empört sich vorwurfsvoll: »Sie sitzen auf meinem Platz.«
»Ganz bestimmt nicht. Ich habe mich auf einen leeren Stuhl gesetzt.«
»Das da ist mein Glas.«
»Na und?« Das ALLERLETZTE, was ich jetzt tue, ist meinen kostbaren Sitzplatz kampflos einem Babyboomertrottel zu überlassen. »Waren Sie noch nie im Restaurant? Wenn man die Serviette auf den Teller legt, ist das das internationale Zeichen für ›Ich bin fertig‹. Ihre Getränke sind abgedeckt. Der Platz war frei. Ich habe mich hingesetzt. Ende der Diskussion.«
»Das ist mein Platz.«
»Sie haben da wirklich eine zwingende Argumentation. Ihre Überzeugungskraft haut mich glatt um. Sagen Sie, Sie sind nicht zufällig Anwalt?«
Wieder gibt er meinem Hocker einen Schubs. »Hör zu, du kleines Gör, ich bin hier Stammgast, und der Barkeeper weiß, wenn ich eine Serviette auf mein Glas lege, dann heißt das, ich komme wieder, also schwing sofort deinen Arsch von
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