Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
benehmen, uns der neuen Wirtschaftsrealität stellen und die notwendigen Einschnitte vornehmen. Augenblicklich weiß ich nicht mal, ob wir tausendsechshundert Dollar im Monat zusammenkratzen können. Darum kümmere ich mich, nachdem wir ein neues Dach über dem Kopf haben. Also gehen wir jetzt da rein, sehen uns mit Brandon sämtliche Wohnungen an, die er für uns im Angebot hat, und dann suchen wir uns eine aus. Einverstanden?«
Sein kleiner Wutanfall macht mich nachdenklich. Sehr selten erlebt man einen derartigen Gefühlsausbruch bei Fletch, also muss es ihm wirklich ernst sein. Schließlich knurre ich ein leises: »Einverstanden.«
»Besten Dank.« Damit steigen wir aus dem Auto, und Fletch macht seinen Parka zu.
Ich wickle mir den Kaschmirschal eng um den Hals, streife meine Kalbslederhandschuhe über und sage dann: »Aber wenn nachher jemand Mangokerne auf unseren Rasen schmeißt, hebst du sie auf.«
Zehn verschiedene Angebote zeigt Brandon uns; eines schlimmer als das andere. Ich bin frustriert und müde und grusele mich bei dem Gedanken, in einer dieser Bruchbuden hausen zu müssen. Gerade, als wir wieder auf den Parkplatz vor dem Maklerbüro fahren, bekommt Brandon einen Anruf. Einen Moment unterhält er sich am Telefon, dann wendet er sich an uns.
»Hey, das war gerade dieser Bill. Der hat eine nette Wohnung in der Superior, die ich euch schon die ganze Zeit zeigen wollte, doch ich hatte keinen Schlüssel. Er ist gerade da, falls ihr euch die Hütte anschauen wollt. Klingt eigentlich, als könnte es passen, zumindest hat die Wohnung alles, was ihr haben wollt. Ich weiß, es ist schon ziemlich spät, aber wollt ihr vielleicht mal vorbeischauen?«
»Immer her damit«, entgegne ich matt.
»Könntest du nicht versuchen, die ganze Sache ein bisschen positiver anzugehen?«
»Wie du willst. Vielleicht liegen da ja auch leere Crack-Ampullen auf der Veranda!«, entgegne ich fröhlich.
Wir fahren in einen Stadtteil im Westen, von dem ich noch nie was gehört habe. Es ist dunkel, und die Straßen sind menschenleer, was in meinen Augen schon mal ein gutes Zeichen ist. Vor der letzten Wohnung, die wir uns angesehen haben, lungerten irgendwelche Schlägertypen in Kapuzenshirts rum, die mir eine Heidenangst eingejagt haben. Die geparkten Autos an der Straße wirken ganz ordentlich, und es wird gebaut, was auch recht vielversprechend wirkt.
An der Tür werden wir von Bill in Empfang genommen, der große weiße Zähne hat, einen teuren Mantel trägt und die Haare zu einer bescheuerten stacheligen Igelfrisur hochgegelt hat. Er ist etwas zu enthusiastisch für meinen Geschmack, und sein Händedruck, bei dem er mir jovial auf die Schulter klopft, ist ein bisschen zu fest.
Bei mir ist es Abneigung auf den ersten Blick.
Bill führt uns durch die Wohnung und erklärt uns, dass ihm ein Versandhandel für Zigarren gehört, er aber auch gerade anfängt, ein bisschen auf dem Immobilienmarkt mitzumischen, und dass er unheimlich stolz ist auf das Ergebnis, und Stadterneuerung und Unternehmergeist und blablabla. … Ja, klar. Wie du meinst. Mich interessieren die Waschmaschine und der Trockner wesentlich mehr als dein Lebenslauf, Kumpel.
Nach der Besichtigung bittet Fletch die beiden Herren, uns einen Augenblick zu entschuldigen. Wir beide gehen nach oben, um uns zu besprechen.
»Es ist alles da, was wir suchen. Alles ist neu, es gibt eine zentrale Klimaanlage und Platz satt. Die nehmen wir«, sagt Fletch.
»Wollen wir uns die Gegend nicht lieber mal bei Tageslicht ansehen, ehe wir uns entscheiden?«, frage ich.
»Bill hat morgen noch fünf weitere Besichtigungstermine. Wenn wir jetzt zögern, schnappt sie uns jemand anderer vor der Nase weg.«
»Na ja, die Wohnung ist ja ganz okay, aber den Vermieter kann ich nicht ausstehen.«
»Er wirkt nett und professionell. Was stört dich denn an ihm?«
»Er hat mir bei der Begrüßung fast die Hand zerquetscht, und er sieht so gut aus wie die Darsteller in einer Reality-Show. Der könnte glatt in Der Bachelor mitspielen. Solche Leute kann ich nicht ab.«
Entnervt verdreht Fletch die Augen und zischt: »Und ich habe geglaubt, aberwitziger könnten deine Ausreden nicht mehr werden.« Etwas lauter ruft er die Treppe hinunter: »Also gut, Jungs, reden wir übers Geschäft.«
9
Kannibalenvögel
Web-Eintrag vom 10.02.2003
MSNBC-Was-ich-nicht-seh
Gerade haben wir für den Umzug unsere Satellitenschüssel abmontiert, also hängen wir momentan wieder an der
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