Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
abgedeckt. Allein mit meinen Krokodillederpumps hätte ich unseren DSL-Service für ein komplettes Jahr bezahlten können. Und warum zum Geier habe ich geglaubt, so viele Turnschuhe zu brauchen? Ich mache ja nicht mal Sport. Und selbst wenn, hätte ich mir von meinem Laufschuhbudget spielend eine Mitgliedschaft in einem der schickeren Fitnessclubs der Stadt leisten können.
Irgendwann komme ich dann zu den Taschen. Selbst ohne die, die ich schon versteigert habe, brauche ich noch zwei riesengroße Kisten, um sie alle zu verstauen. Und diese Schätzchen waren beileibe keine Schnäppchen. Warum genau brauchte ich noch mal eine Kate-Spade-Tasche in Lavendel und Schokobraun für 300 Dollar? Haben Sie eine Ahnung, wie schwer es ist, irgendwas zu finden, das man mit diesen Farben kombinieren kann? Das blöde Dinge habe ich in zwei Jahren ganze zwei Mal getragen. Und auch wenn ich total auf meine geblümte weiße Kate-Spade-Tasche stehe, muss ich zugeben, dass ich sie nie mitnehme, aus Angst, sie könnte schmutzig werden. Also liegt sie bloß nichtsnutzig in meinem Schrank rum. Warum habe ich die 275 Dollar Ladenpreis nicht einer Wohltätigkeitsorganisation für einen guten Zweck gespendet?
Zu guter Letzt begutachte ich den Eckpfeiler meiner heißgeliebten, wenn auch aberwitzigen Sammlung – meine übergroße Prada mit der Kette als Schulterriemen. Es war Liebe auf den ersten Blick, und, Preis hin oder her, ich MUSSTE sie einfach haben. Und doch hat sich inzwischen eine Staubschicht auf ihr gesammelt; seit Monaten habe ich sie nicht mehr angerührt, denn sie hat mir nichts als Unglück gebracht. Ich schaue sie mir ganz genau von allen Seiten an und seufze tief. Der Silberlack der Kettenglieder splittert und platzt ab, und das Futter mit dem Prada-Logo ist eingerissen. Und das Schlimmste daran ist, von dem Geld, das ich für diese Tasche bezahlt habe, hätte ich mir einen professionellen Umzugshelfer leisten können, der diesen ganzen Kram für mich einpackt.
Fletch kommt herein und macht sich auf seiner Seite des Schranks zu schaffen. »Wie läuft’s?«
»Es ist deprimierend«, entgegne ich.
»Ich bin auch ziemlich traurig. Aber da müssen wir einfach durch.«
»Ich meine diesen ganzen Kram. Was habe ich mir bloß dabei gedacht? Warum habe ich all dieses Zeugs gekauft? Und warum hast du mich nicht aufgehalten?«
Er schnaubt. »Weil das ein Ding der Unmöglichkeit gewesen wäre.«
Mein Blick fällt auf seine vielen, fein säuberlich aufgereihten Johnson-&-Murphy-Schuhe, die ordentlich aufgehängten Hickey-Freeman-Anzüge, die Kaschmirpulloverstapel und die Massen maßgeschneiderter Thomas-Pink-Hemden. »Du musst gerade was sagen.«
Schwerfällig setzt er sich auf die Ecke des Betts. »Heute sind wir schlauer. Für diese Lektion haben wir teuer bezahlt.«
Ich setzte mich neben ihn und seufze: »Ich hoffe bloß, wir haben es nicht zu spät gelernt.«
Ich fürchte, wir haben einen schrecklichen Fehler gemacht.
Wir sind mitten in ein Latino-Viertel gezogen. Ich habe es doch gewusst, dass wir uns die Bude besser mal bei Tageslicht angesehen hätten. Ja, gut, unsere Wohnung und der Vermieter sind ganz in Ordnung, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass außer den Bewohnern unseres Hauses niemand hier Englisch spricht.
NIEMAND.
Was vermutlich auch der Grund dafür sein dürfte, dass ich vorher noch nie was von diesem Stadtteil gehört habe. Weil ich keine der Sprachen spreche, in denen über diese Gegend geredet wird. Sämtliche Schilder sind auf Spanisch oder Polnisch geschrieben, und fußläufig gibt es allein sechs Lavanderias. Nicht Waschsalons: LAVANDERIAS. Der Laden gleich um die Ecke verkauft pollo vivo , was übersetzt so viel wie lebende Hühner heißt. Keine Ahnung, wo ich hier in der Gegend einen Kaffee herbekommen soll, aber sollte ich einen Industrietrockner brauchen oder mein Abendessen eigenhändig um die Ecke bringen wollen, brauche ich nicht weit zu gehen. In unserem örtlichen McDonald’s wollte die Kassiererin sogar meine Bestellung auf Spanisch aufnehmen. Entschuldigung, aber bin ich hier nicht mitten in den Vereinigten Staaten von Amerika? Wenn ich nicht gerade ein Bier bestellen oder jemandem mitteilen möchte, dass ich einen Bleistift besitze, bin ich angeschmiert. Vielleicht hätte ich besser zuhören sollen, als Bill über »Stadterneuerung« geredet hat.
Bei der Wohnungsbesichtigung muss die Baustelle gleich nebenan mich von dem Mietshaus zwei Häuser weiter abgelenkt haben.
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