Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
meinem Stuhl.«
Ich nicke dem Barkeeper zu. »Roger, kennst du den Kerl?«
»Noch nie gesehen, Jen. Gibt’s ein Problem?«
Ich lächele. »Nein, kein Problem.« Und an den Boomer gewandt: »Weil ich so ein netter Mensch bin, können Sie den Stuhl gleich wiederhaben, wir bleiben nämlich nicht lange. Bis dahin, verziehen Sie sich.« Mit einer abfälligen Handbewegung verscheuche ich ihn. Wütend stiert er mich an, dann dreht er sich um und trollt sich auf die Tanzfläche. Tanz, alter Mann, solange du noch kannst. Denn eines schönen Tages wird das Jilly’s wieder mir gehören.
Roger beugt sich zu mir über die Theke, damit ich ihn durch den ganzen Lärm verstehen kann. »Hey, wo wart ihr denn so lange? Euch habe ich ja seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen.«
»Roger, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.«
Inzwischen kommt es mir vor, als würde ich seit Monaten nichts anderes tun als packen, aber tatsächlich ist erst eine Woche vergangen. Schon jetzt stapeln sich siebzig Kartons im Wohnzimmer, dabei haben wir mit dem Kleinkram noch gar nicht angefangen.
Beim Packen fällt mir auf, wie viel Krempel wir eigentlich unser Eigen nennen. Jetzt erst geht mir auf, dass ich mich eigentlich nicht beklagen darf, weil ich pleite bin, denn als ich das Geld hatte, habe ich es mit vollen Händen zum Fenster rausgeworfen.
Ich fange an, mir auszurechnen, was ich davon alles hätte bezahlen können, hätte ich es nicht so leichtsinnig verschwendet. Im Badezimmerschränkchen finde ich fünfundzwanzig halbvolle Flaschen Bodylotion, die allesamt nicht gerade billig waren. Die ganze Palette ist vertreten: das ganz Noble – glitzernde Designertuben – wie auch das völlig Absurde – Glycolsäure, die mehrere Hautlagen wegätzt -, und doch habe ich an den Beinen ganz trockene, schuppige Haut. Ich denke nämlich nie dran, mich nach dem Duschen einzucremen, ehe ich die Hose anziehe, und wenn ich sie erst mal anhabe, bin ich zu faul, sie noch mal auszuziehen. Wenn man bedenkt, dass die Fläschchen im Schnitt ungefähr vierzig Dollar gekostet haben, hätte ich jetzt 1000 Dollar, womit ich den COBRA-Beitrag für Fletch und mich für einen ganzen Monat bezahlen könnte.
Im nächsten Regal entdecke ich die Box mit meinen Utensilien zur Nagelpflege. Die nehme ich heraus und mache sie auf, und drinnen sehe ich mindestens zwanzig verschiedene Varianten Nagellack in einem matten 144 Rotton, von OPI bis hin zu Christian Dior, die jeweils gut 10 Dollar das Stück gekostet haben. Ich habe immer wieder neue Fläschchen gekauft, weil es mir zu mühsam war, den Nagellackentferner zu suchen und die angebrochenen Fläschchen aufzubrauchen. Ich habe vier identische Nagellacke in der Farbe Dutch Tulip von OPI und schäme mich angesichts dieser offenkundigen Verschwendungssucht. Habe ich schon erwähnt, dass ich mit 200 Dollar die Stromrechnung für einen ganzen Monat bezahlen könnte? Rechnet man jetzt noch die siebzehn Döschen Lidschatten für je 30 Dollar dazu, die ich besitze, aber nie benutze 145 , dann könnte ich ein halbes Jahr lang unsere Telefonrechnung bezahlen. Das Wohnzimmer ist ein Mahnmal meiner impulsiven Kauflust. So haben sich über zweihundert DVDs angesammelt, darunter Meilensteine der Kinogeschichte wie Monkeybone, Mr Undercover und A Night at the Roxbury , was mich zu dem Schluss kommen lässt, dass ich nicht nur einen grässlichen Filmgeschmack habe, sondern auch einen Chris-Kattan-Fetisch. Was ich allerdings nicht habe, sind 4000 Dollar auf einem Geldmarktkonto.
Die DVDs stehen im selben Regal wie meine gebundenen Bücher. Statt zu warten, bis das Taschenbuch erscheint, oder, Gott bewahre , in eine öffentliche Bücherei zu gehen, musste ich mir unbedingt die gebundenen Ausgaben kaufen.
Hätte ich mir diese ganzen Bücher ausgeliehen, könnte ich mir davon locker die Autoversicherung für beide Wagen für ein ganzes Jahr leisten.
Aber diese Ausgaben sind nichts verglichen mit dem, was ich in meinem Kleiderschrank habe. Mit meinem Pullitick hätte ich ein ganzes Semester an der Uni studieren können, und hätte ich nicht so eine ausgeprägte Schwäche für pelzbesetzte Mäntel, hätte ich mir davon ein ganzes Masterstudium finanzieren können, einschließlich eines neuen Laptops.
Und nun zum Mutterschiff des Ganzen – meine Schuhsammlung. Meine Kollektion Blockabsatzschuhe hätte für zwei Monatsmieten gereicht, und mein Sommersandalettensortiment hätte die Lebensmitteleinkäufe für ein Vierteljahr
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