Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
Charleston-Modell nicht dein Eigen nennen könntest. Du hast sogar gedroht, dich draculamäßig mit einer Latte aus dem Futon zu erdolchen, sollte ich mich querstellen.«
»So was habe ich nie gesagt«, erwidere ich und bemühe mich, ein unschuldiges Gesicht zu machen. 35
Er lacht. »Du bist eine grottenschlechte Lügnerin. Und als die Couch dann schließlich kam, warst du so aufgeregt, dass du versucht hast, die Möbelpacker auf dem Weg nach oben auf der Treppe beiseitezuschubsen, um das gute Stück selbst hochzuschleppen.«
»Die Blaumänner, die die anhatten, sahen so schmuddelig aus, und ich wollte nicht, dass die mit ihren dreckigen Pranken mein neues Polstermöbel antatschen. Außerdem habe ich diesen Fu-ton mehr gehasst als Kunstlederschuhe und Acid-Washed-Jeans zusammen, und ich wollte bloß ein bisschen nachhelfen, es möglichst schnell aus dem Wohnzimmer raus in die Einlagerung zu schaffen.«
»Ich war ja auch froh, das Teil los zu sein«, stimmt er mir zu. »Und darum haben wir doch auch die weiche daunengepolsterte Couch gekauft. Und darum verstehe ich auch nicht, warum wir uns hier Möbel anschauen, die wir nicht brauchen.«
»Inzwischen haben Hinz und Kunz genau dasselbe Sofa wie wir. Ich habe es so satt, in jeder zweiten Wohnung, in die ich komme, unser olles Sofa zu sehen. Genauso gut könnte sie weiß mit schwarzem Barcode und der Aufschrift Couch sein. Wo bleibt denn da bitte die Originalität? Wo bleibt die Kreativität? Ich will doch nicht, dass die Leute meine Möbel sehen und denken: ›Na toll, wieder so ein Yuppie-Lemming, der seine Einrichtung aus dem Versandhauskatalog bestellt.‹ Ich möchte, dass die Leute rufen: ›So eine exquisite Sammlung! Jen, wie immer ist bei dir alles nur vom Feinsten.‹«
»Und wer sind ›die Leute‹ in diesem Wunschtraum?«
»Die stylishen Menschen, die wir früher oder später kennenlernen werden.«
»Aber noch kennen wir sie nicht?«
»Noch nicht. Und wir werden sie auch nie kennenlernen, wenn wir uns nicht endlich mal ein paar hippe Möbelstücke zulegen.«
Völlig schicksalsergeben schlägt Fletch die Hände über dem Kopf zusammen. »Gegen deine Logik komme ich einfach nicht an.«
»Siehst du? Wusste ich’s doch, dass du meiner Meinung bist.« Im Grunde genommen nerve ich ihn viel weniger, als es den Anschein hat. So, wie wir beide uns immer gegenseitig aufziehen, denken die Leute meistens, wir stehen kurz davor, uns zu trennen, aber das stimmt ganz und gar nicht. Diese kleinen Zankereien sind einfach unsere Art zu kommunizieren. Wir verschwenden so viel Zeit und Energie auf sinnlose Streitereien, wie beispielsweise, wer der bessere Darrin in Verliebt in eine Hexe war 36 , dass es nie für einen richtig großen Krach reicht.
Ein paar Minuten lang bummeln wir durch den Laden, bis mein Blick auf etwas fällt, das mir schier den Atem verschlägt.
»Oh, Fletch, schau doch mal, ist das nicht ein Traum?«, schwärme ich und streiche zärtlich über die entzückendste Couch der Welt. Dieses fabelhafte Meisterstück der Möbelbaukunst ist mit handschuhweichem hellgrauem Leder bezogen und sieht aus wie eine breite Matratze auf polierten Kirschholzbeinen. Sie ist mit gepolsterten Knöpfen abgesteppt, und die Enden sind zu zwei feinen aufgerollten espressobraunen Wildleder-Armlehnen geformt. Im ersten Augenblick weiß ich nicht so recht, ob ich mich drauflegen oder sie ablecken möchte.
»Sie haben aber wirklich einen Blick für das Außergewöhnliche«, meint ein Verkäufer, der plötzlich aus dem Nichts neben uns auftaucht. »Diese Couch wurde kürzlich in der Minimalismus-Ausstellung des MOMA gezeigt.«
»Fletch! Hast du das gehört? Das MOMA! Eine MOMA-Couch wäre doch das perfekte Stück für mein, ähm, ich meine, für unser Wohnzimmer«, sprudelt es nur so aus mir heraus.
»Weißt du überhaupt, was das MOMA ist?«, fragt er trocken.
»Hör schon auf! Natürlich weiß ich das«, gebe ich schnippisch zurück. 37 »Findest du sie nicht auch ganz himmlisch? Willst du es nicht auch auf der Stelle mit nach Hause nehmen ?«
»Das ist das erlesenste Stück unserer Kollektion. Jede wird einzeln in Handarbeit von einem italienischen Schreinermeister gefertigt«, merkt der Verkäufer an.
»Fletch! Ein italienischer Schreinermeister!« Gleich falle ich in Ohnmacht.
»Ist dir schon aufgefallen, dass da was fehlt?«, fragt er.
»Da fehlt gar nichts! Sie ist perfekt!«, rufe ich begeistert.
»Jen, sie hat keine Rückenlehne. Das ist eine Couch ohne
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