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Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)

Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)

Titel: Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jen Lancaster
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ich manage. Einmal habe ich versucht, sämtliche Akronyme aufzulisten, die wir hier benutzen, und bei sechsundsiebzig habe ich schließlich aufgegeben. Eine Buchstabensuppe ist nichts gegen diesen Laden.
    »Rate mal, rate mal, rate mal!!«, quiekt sie und legt einen kleinen Siegestanz aufs Parkett.
    »Du hast einen MNOW verkauft?«, mutmaße ich clever. »Glückwunsch, Court! Gut gemacht.« Na prima! Die Provision wandert geradewegs in mein kleines Couch-Baby.
    Courtney ist die einzige Kundenbetreuerin meines Teams, die meine Produkte an den Mann bringt, ohne dass ich ihr dabei die Hand halten muss. Theoretisch sollten meine Verkäufer eigentlich die Verkaufsabschlüsse tätigen, und ich unterstütze sie, indem ich Marketing-Instrumente entwerfe, Trainingsmethoden und Strategien und gelegentlich mal eine Präsentation mache, aber so läuft das hier nicht. Das letzte Mal, als Arty-der-Spacko einen MNOW verkauft hat, habe ich den Kunden an Land gezogen, den Termin vereinbart, das Meeting geleitet, die Folgearbeit erledigt, den Vertrag ausgearbeitet und den Deal schließlich unter Dach und Fach gebracht. Und trotzdem ist er hinterher durchs Büro stolziert und hat mit geschwellter Brust verkündet: »Ich habe einen Vertrag abgeschlossen!« 38
    Mit großer Geste überreicht Courtney mir den unterschriebenen Vertrag und trompetet: »Schau dir das an.«
    Schnell überfliege ich den Vertrag und gehe die Details durch. »Mal sehen, der Kunde ist Wake-Hammond … Gut gemacht! Wenn deine anderen Kunden erst hören, dass W-H den MNOW benutzt, wollen die den auch alle. Okay … MNOW mit Gültigkeit ab ersten August … mhm, ich setze die Techniker gleich darauf an … Sie erwarten geschätzte eintausend User, etwas mehr als üblich, aber das kriegen wir auf jeden Fall hin … Und die Rechnung beläuft sich auf 70 000 Dollar.«
    Verwirrt halte ich mir den Vertrag ganz dicht vor die Augen, und trotzdem sieht es noch so aus, als stünde da »70 000 Dollar«. Moment mal, ich sehe ein paar Nullen zu viel. Bin ich nicht ein bisschen zu jung, um weitsichtig zu sein? Muss ich mir jetzt so eine grausige Lesebrille an einer Goldkette um den Hals hängen? Und anfangen, Gobelins zu sticken? Und über meine Hammerzehe jammern und über die nichtsnutzigen Enkelkinder, die ihre arme Oma nie anrufen? Ich halte das Blatt auf Armeslänge von mir weg, und obwohl es etwas verschwommen ist, ändern sich die Zahlen nicht. Ja, ich sehe da definitiv »70 000«, was vollkommen verkehrt ist, aber Gott sie Dank brauche ich noch keine Gleitsichtbrille.
    »Hey, Courtney? Da ist ein Tippfehler drin. Die Teile kosten 7000 Dollar.«
    »Nein, das ist alles korrekt. Sie haben eintausend User, also habe ich den Verkaufspreis mal tausend genommen«, erklärt sie mir.
    »Hört mir eigentlich irgendwer zu, wenn ich die Produkteinführungen mache? Vor zwei Tagen sind wir die Preise erst durchgegangen. Bei MNOWs rechnen wir nicht pro Benutzer ab, weißt du das nicht mehr? Wir berechnen pauschal 7000 Dollar.«
    »Ja, aber wenn die nicht bereit wären, auch 70 000 Dollar zu bezahlen, hätten sie den Vertrag nicht unterschrieben«, gibt sie zu bedenken.
    Es dauert einen Moment, bis ich kapiert habe, was sie da gesagt hat. »Dir war klar, dass du zu viel berechnet hast?«
    »Bei der Einführung hast du betont, dass es für dieses Produkt keine festen Gewinnmargen gibt. W-H haben gesagt, bisher hätten sie immer pro Benutzer abgerechnet, also habe ich es genauso gemacht. Jetzt machen wir endlich mal ordentlich Profit.«
    Schnell überschlage ich im Kopf meine Provision. Heiliger Strohsack, mit so einem Abschluss könnte ich mir meine Couch GLEICH MORGEN kaufen! Mal sehen, es würde ein, zwei Monate dauern, bis sie fertig ist, und wahrscheinlich einige Wochen, sie zu verschicken, also würde ich schätzen, ich könnte ungefähr ab Ende August beim Verspeisen geschälter Trauben Komfort und Eleganz meines heißgeliebten neuen Schätzchens genießen! Womit ich noch genügend Zeit hätte, vorher ein paar stylishe neue Freunde zu finden und coole neue Martini-Gläser zu kaufen und Tangotanzen zu lernen und – oh, Moment. Ganz sachte.
    Das kann ich nicht machen.
    Ich kann doch einem Kunden nicht wissent- und willentlich 900 Prozent Aufschlag berechnen. Das geht nicht. Der Himmel weiß, wie ich nach dieser Provision giere, aber das kann ich einfach nicht machen. Unvermittelt bin ich wieder ein kleines Mädchen, und mein Vater holt Angebote ein für den Neubau seines Firmenlagers

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