Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
Erinnerung.
Mir bleibt keine andere Wahl.
Zeit zu renovieren.
Ich bin gerade draußen und gieße die Blumen, als ich den Schrei höre.
Fletch war bei der Armee, ehe er aufs College gegangen ist, weshalb ihn nichts so leicht aus der Ruhe bringt; er ist ein unerschütterlicher Fels in der Brandung, die Ruhe in Person, und behält selbst im größten Durcheinander immer einen kühlen Kopf. Ihn kann so schnell nichts erschüttern. Ihn kreischen zu hören kann eigentlich nur bedeuten, dass er sich schwer verletzt hat. Eilig stürze ich die Treppe hinunter und erwarte beinahe, über abgetrennte Körperteile meines Liebsten zu stolpern.
Wie Sie ja bereits wissen, wohne ich in der coolsten Hütte der Welt, ja? Das gilt allerdings leider nicht für das Badezimmer. Fletch und ich haben uns schon die Köpfe heiß geredet, woran es uns am ehesten erinnert – ich finde, es sieht nach der Nasszelle einer billigen Hotelkette in einer provinziellen Kleinstadt aus, in Scranton, Pennsylvania vielleicht, so um 1982, während Fletch behauptet, es habe mehr was vom Versteck eines Drogenbarons am Set von Miami Vice.
Ich entdecke Fletch im Badezimmer, wo er wie vom Donner gerührt dasteht und mit heruntergeklappter Kinnlade die nackte Wand anstarrt. Ups. Ich habe ganz vergessen, ihm das mit der Tapete zu erzählen. Oder genauer gesagt, dass ich selbige entfernt habe.
Die Substanz ist eigentlich ganz in Ordnung – weiß gefliester Boden, hübsche matte Chrom-Armaturen, schlichte Marmorablagen, etc. -, aber dann diese Tapete, die offensichtlich von einem psychotischen Borderline-Patienten entworfen wurde. Wollte man das Muster nachmachen, müsste man als Grundlage eine Rolle hochglänzender, spiegelnder cremefarbener Tapete nehmen und dann ein Huhn in schwarze Farbe treten und batmanmäßig über die Wände laufen lassen. Anschließend müsste man ein paar Vorschulkinder zu sich nach Hause einladen, die man dazu anhält, mit Fingerfarbe pinkfarbene und mintgrüne Häkchen auf die Wand zu malen. Und zu guter Letzt schmiert man es mit einigen taubengrauen Nike-Abzeichen voll – et voilà! Willkommen in meinem schlimmsten Albtraum.
»Ich verpasse dem Badezimmer ein Facelifting«, erkläre ich Fletch.
»Das sehe ich«, entgegnet er. »Was hat dich denn da geritten?«
»Na ja, mir war irgendwie langweilig. Und da habe ich mir überlegt, ein bisschen Veränderung würde uns ganz guttun, aber da du dich ja standhaft weigerst, die 6500 Dollar für die Couch rauszurücken, ist im Wohnzimmer einfach Hopfen und Malz verloren.«
»Lass bitte die Couch aus dem Spiel.«
»Schon gut. Ich habe mich damit abgefunden. Aber egal, du weißt ja, wie ich diese Tapete verabscheue. Wir konnten sie beide nicht ausstehen. Ich meine, was ist das für eine Gastgeberin, die ihren Gästen nahelegt, lieber die Toilette in der Kneipe gegenüber zu benutzen als das eigene Badezimmer gleich am anderen Ende des Flurs?«
»Und?«
»Und dann ist mir klar geworden, dass ich es keine Minute länger mehr aushalte, mir diese widerliche Tapete ansehen zu müssen. Und als ich in der Dusche stand, habe ich eine lose Ecke hinter dem Klo gesehen, also habe ich ein kleines bisschen daran gezogen.«
»Weiter.«
»Und, ähm, eigentlich ist gar nichts passiert. Also habe ich ein bisschen fester dran gezupft. Und dann habe ich richtig gezogen und gezerrt, bis ich einen großen Fetzen in der Hand hatte. Ein unglaublich befreiendes Gefühl! Ich bin aus der Dusche gestiegen, habe mir ein Handtuch umgewickelt und angefangen, die Tapete runterzureißen. Eine halbe Stunde später waren die Wände nackt und kahl.«
»Und jetzt?«
»Jetzt schleife ich die Wände ab und streiche sie.«
Fletch schnaubt verächtlich. » Du willst streichen?«
»Aber klar doch! Ich bin doch sozusagen Experte. Habe ich dir nicht erzählt, dass ich in meinen Tagen bei der Alpha-Delta-Pi-Studentenverbindung für unser Aufnahmeritual den Aufenthaltsraum der Vereinigung verschönern und aufmöbeln musste und ich für den Anstrich zuständig war?«
Ganz sanft stößt er mich mit der Nase darauf. »Jen, die haben dich aus dieser Verbindung rausgeschmissen.«
»Aber doch nicht wegen der Anstreicherei. Beim Anstreichen war ich erste Sahne. Rausgeschmissen wurde ich wegen der Wein-und-Käse-Party bei den Sigma Nys.«
»Sollte ich diese Geschichte kennen?«
»Du weißt doch noch, wie ich die blöde Tussi gehasst habe, die bei uns für die Neuzugänge zuständig war; die fiese Stacey?«
»Warum noch
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