Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
Krankenversicherung bei COBRA gekündigt, und die mir haben meinen Beitrag zurückerstattet. Der Scheck ist heute gekommen, ich habe ihn eingelöst, und davon habe ich mir diese Schätzchen gekauft! Sind die nicht himmlisch? Findest du sie nicht auch zum Anbeißen ?« Flink legte ich eine kleine Riverdance-Einlage aufs Parkett, damit er meine Stiefelchen in ihrer ganzen Pracht und Herrlichkeit bewundern konnte.
»Moooment mal. Sagtest du gerade, du hast deine Krankenversicherung gekündigt ?«
»Ja, die brauche ich jetzt nicht mehr.«
»Irgendwie graut es mir davor zu fragen, wieso nicht.«
»Ach, sei doch nicht albern. Hast du den Artikel in eurem kleinen Heft nicht gelesen, in dem sie wer weiß wie rumschwadroniert haben über progressive Unternehmen, die sogar Lebensgefährten mitversichern. Tja, und deine Firma ist so ein Unternehmen, und ich bin deine Lebensgefährtin. Wir leben seit Jahren zusammen. Also denk bitte daran, mich gleich morgen mit anzumelden, Herzchen.«
»Jen«, sagte er gedehnt und schüttelte ungläubig den Kopf, »die meinen gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften.«
»Nein, tun sie nicht. Können sie gar nicht. Das wäre nämlich Diskriminierung.«
»Tun sie wohl, können sie wohl und wäre es nicht.«
»Und ungleichgeschlechtliche Lebenspartner? Die zählen doch auch, richtig?«
»Nein, die Möglichkeit zur Mitversicherung gilt nur für schwule und lesbische Paare. Was ich so genau weiß, weil ich mich vor ein paar Monaten danach erkundigt habe in der Hoffnung, so ein paar Dollar sparen zu können.«
»Wir bekommen also rein gar nichts dafür, dass wir zusammenleben, und das, obwohl du derzeit Alleinverdiener bist?«
»Leider nein.«
»Obwohl ich die ganze Wäsche mache?«
»Ha! Obwohl du einen Teil der Wäsche machst.«
»Aber das ist nicht fair. Ich kann doch nichts dafür, dass ich hetero bin! Ist doch nicht deine Schuld, dass du so geboren wurdest. Man kann mich doch nicht dafür bestrafen, dass ich heterosexuell bin. Vielleicht solltest du dir einen Anwalt suchen.« Langsam wurde ich panisch, denn die freundlichen COBRA-Mitarbeiter hatten mich mehrfach ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es, wenn ich erst einmal meinen Versicherungsschutz gekündigt hatte, kein Zurück mehr gab.
Er grinste schief. »Jaja, immer auf die armen kleinen Heteros.«
»Keine Schlaubergersprüche, bitte. Es ist mir ernst. Und wenn du denen sagst, ich sei ein Mann? Könntest du nicht hingehen und, ähm, ein bisschen rumschleimen? Dem Mädel in der Personalabteilung sagen, dass ihre Schuhe einfach der Hammer sind? Dann würde sie dir bestimmt glauben, dass du schwul bist, vor allem, seit ich dir beigebracht habe, deine buschige Monobraue zu wachsen. Du warst sehr überzeugend, als du gelogen hast, um an mein Antihistamin zu kommen.«
»Erstens: Die Personalabteilung sitzt in Denver«, erklärte er und klappte entschlossen seine Zeitschrift zu. »Und zweitens: Das war keine Lüge. Ich habe tatsächlich diverse Allergien und sollte eigentlich Antihistamin nehmen.«
»Umso besser! Ehrlich, woher sollen die wissen, dass ich kein Mann bin? Oh, du könntest ihnen doch für die Versicherungskarte bloß meine Initialen angeben, und niemand wird je was merken. J. Lancaster könnte doch gut ein Kerl sein. Korrigiere, ein schwuler Kerl.«
»Nein.«
»Die dürfen nicht in deinem Privatleben rumschnüffeln. Das würden die nie im Leben rauskriegen. Ich sage dir, der Plan ist idiotensicher.«
»Dein Plan ist alles andere als idiotensicher. Was passiert zum Beispiel, wenn die eine Rechnung von deinem Frauenarzt bekommen? Wie bitte schön willst du denen erklären, dass du, obwohl du ein Kerl bist, wenn auch ein schwuler, zum Frauenarzt gehst?«
Blitzschnell schaltete ich um, sprang auf die Füße 68 und saugte mir umgehend Plan B aus den Fingern. »Also gut, dann musst du ihnen eben sagen, ich sei ein umoperierter Transsexueller. Ich trage diesen ganz dunklen Lippenstift von MAC, mit dem ich aussehe wie eine Drag Queen, dann kaufen die mir das unbesehen ab.«
»Du beliebst zu scherzen.«
Mit größtem Ernst erklärte ich ihm: »Mit Kastration scherzt man nicht.«
»Die Antwort lautet trotzdem nein.«
»Nein, du willst nicht tun, als seiest du schwul, oder nein, du weigerst dich zu behaupten, ich sei eine Transe?«
»Nein zu allen genannten Punkten.«
Mir wurde klar, dass ich meine Taktik ändern musste, wollte ich je im Leben noch mal eine Arztpraxis von innen sehen. »Okay, du sturer,
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