Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
schaden.«
»Glauben Sie mir, könnte es wohl.« Und damit wende ich mich an die Schlange wartender Gäste. »Hey, Leute! Dieser Herr hier erwartet von mir, dass ich ihn BESTECHE, um zu meiner eigenen Hochzeitsfeier gelassen zu werden. Können Sie sich vorstellen, jemand würde so tief sinken, einer Braut an ihrem Hochzeitstag Kohle abknöpfen zu wollen? Also, ich BESTECHE den Kerl ganz sicher nicht, aber wie es aussieht, muss man nur genug Asche ausspucken, dann kommt man auch früher rein!« Ich erwidere das fiese Lächeln des Türstehers und weide mich am Anblick seines Gesichts, das unter der Sonnenbräune kreidebleich geworden ist. »So, also, wie wär’s, wenn ich jetzt schnell reinflitze und meinen Freunden Bescheid sage?«
Beim Rauskommen wünsche ich dem Türsteher unüberhörbar viel Glück beim Schmiergelderkassieren und versichere ihm, dass er uns zum letzten Mal hier gesehen hat. Was ihn nicht weiter kratzt, aber ich fühle mich danach sehr viel wohler.
Irgendwann im Verlauf der letzten halben Stunde muss ich wohl meines Bräutigams verlustig gegangen sein. Er und ein paar Kumpels aus seiner Studentenverbindung sind losgezogen, um mich zu suchen, als ich auf Tortenmission unterwegs war. Wir Übriggebliebenen machen uns auf den Weg zu einer der Lounges, wo wir es uns auf einigen einladenden Couches bequem machen. Nach ein paar Drinks fällt mir auf, wie müde ich eigentlich bin, aber ich will nicht schlafen gehen, ehe Fletch wieder zu uns gestoßen ist. Ich warte und warte, doch er taucht nicht auf. Gegen halb zwölf bitte ich meinen Bruder, Fletch auszurichten, ich sei schon mal auf unser Zimmer gegangen und er solle gleich nachkommen.
Das Erste, was ich sehe, als ich die Tür aufschließe, ist das Kinderbett … allerdings erst, nachdem ich darübergestolpert bin.
Ganz außer mir rufe ich an der Rezeption an. »Ja, hier ist Jennifer Lancaster aus einer Ihrer Hochzeitssuiten. … Bestens, danke. Wobei, nein, eigentlich geht es mir gerade nicht so gut. Man hat mir ein KINDERBETT aufs Zimmer gestellt, und ich bin darüber gestolpert und möchte es gerne entfernen lassen.… Mhm, ja. … Wissen Sie, sämtliche anderen Hochzeitspaare, die ich heute in der Kapelle gesehen habe, hatten schon Kinder, also war es sicher für eins der anderen Zimmer bestimmt.… Vielleicht versuchen Sie es erst mal bei der Kinderbraut und ihrem tätowierten Stecher. Die sehen aus, als würden sie nicht immer die klügsten Entscheidungen treffen, und ich würde wetten, das Baby schläft heute Nacht bei ihnen im Zimmer. … Prima. Vielen Dank.«
Ich reibe mir die Hüfte, die ich mir an dem Bettchen angestoßen habe, und schaue mich im Zimmer um. Das Bett ist zerwühlt, weil Joel darin seinen Rausch ausgeschlafen hat, und er hat einen Fleck hinterlassen, der hoffentlich bloß eine Bierlache ist. Keine Ahnung, warum Fletch ihn nicht auf die COUCH verfrachtet hat, aber ich werde mich jetzt nicht aufregen. Heute ist der schönste Tag in meinem Leben, und er war einfach perfekt. Ich hatte zwar nicht allzu viel Gelegenheit, ihn zu genießen, meine Gäste allerdings dafür umso mehr, und ich denke, das ist doch auch schon mal was.
Dann erst fällt mir auf, dass das ganze Zimmer durchdringend nach Zigarettenqualm stinkt. Fletch muss hier oben gewesen sein und mich gesucht haben, denn sein ganzes Gefolge raucht, wenn sie trinken. Sämtliche Aschenbecher unserer Suite sind leer, weshalb ich mich frage, wo sie die Kippen wohl entsorgt haben. Der Gestank von abgestandenem Zigarettenrauch ist so durchdringend, dass mir übel wird.
Ach … verstehe. Sie haben ihre Kippen in den Überresten meiner letzten Mahlzeit auf dem Tablett des Zimmerservice ausgedrückt . Ich muss mich zusammenreißen, um nicht in die Luft zu gehen. Ich sage mir selbst immer wieder: schönster Tag, glückliche Gäste, hübsch ausgesehen beim Sandwich-Essen, alles okay.
Angeekelt stelle ich das zigarettenverseuchte Tablett auf den Flur, und endlich erscheint auch jemand vom Service, um das Kinderbettchen abzuholen. Ungeduldig laufe ich in der Suite auf und ab und warte darauf, dass Fletch nach oben kommt. Dann können wir gemeinsam die Geschenke auspacken und haben endlich ein bisschen Zeit für uns. Klingt himmlisch, wenn Sie mich fragen.
Eine weitere halbe Stunde vergeht, ohne dass es ein Lebenszeichen von Fletch gibt … und noch eine halbe Stunde … und dann eine Stunde.
Um zwei Uhr nachts schäume ich schließlich vor Wut. Das ist meine Hochzeitsnacht –
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