Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
Kusine Karla angefangen habt, ›Show Me the Way to Go Home‹ zu singen, und wir euch angefleht haben, es sein zu lassen? Und du hast mich bloß angeguckt mit zerzausten Haaren und deinem auf Halbmast über die Schulter gerutschten Blazer und hast genuschelt: ›Isss main groooßer Tag, unn isch mache, wasss isch will‹, also habe ich mich zu Fletch umgedreht und gesagt: ›Wir verschwinden.‹«
»So was würde ich niemals tun. Und es war bloß ein Glas. Höchstens zwei.«
»Wenn du dir das lange genug einredest, glaubst du es bestimmt irgendwann.«
Ich melde uns an der Rezeption des Spas an. »Hallo, ich komme wegen des Zuckerpeelings, und diese strahlende Brautmutter hier bekommt eine Massage.« Womit ich auf meine Mutter weise, deren Gesicht sich inzwischen grasgrün verfärbt hat. Dann nehme ich dankend Bademäntel und Schlüssel entgegen, und wir gehen zum Umziehen in die Kabinen.
Im Wartebereich des Wellness-Bereichs lasse ich mir Muffins, Obst und einen Champagner mit Orangensaft schmecken, während meine Mutter sich krampfhaft an eine Wasserflasche klammert. Ich halte ihr mein Glas unter die Nase. »Na, ein bisschen Gegengift vielleicht?« Angeekelt zuckt sie zurück und verbirgt das Gesicht in den Händen. Dann kommt die Kosmetikerin und holt mich ab, und als ich ihr folge und hinausgehe, rufe ich über die Schulter zurück: »Kübel nicht auf die Massageliege!«
Nach dem Zuckerpeeling dusche ich mich ab und suche meine Mutter. Eigentlich wollten wir ein bisschen ins Eukalyptus-Dampfbad gehen und anschließend in die Sauna, ehe wir zur Maniküre müssen.
»Jennifer?«, fragt die Dame hinter dem Schalter.
»Ja?«
»Ihre Mutter lässt Ihnen ausrichten, dass sie später beim Friseur wieder dazustößt. Ich glaube, sie ist nach oben gegangen, um sich noch mal ein Weilchen hinzulegen.«
»Danke fürs Ausrichten.«
»Meinen Sie, es ist alles in Ordnung? Sie sah ziemlich mitgenommen aus.«
»Sie wird sich schon wieder berappeln«, versichere ich. »War ja schließlich nur ein Glas Wein.«
Hunderttausend Mal habe ich mir meinen Hochzeitstag im Geiste schon ausgemalt. Aber in keiner dieser Phantasien war meine Abstinenzler-Mutter zu verkatert, um mir beim Zurechtmachen zu helfen. Weil ich keine meiner Freundinnen zwangsverpflichten möchte, mir zur Hand zu gehen, ist im Augenblick niemand da. Fletch wird gerade im Herren-Spa geschniegelt und gestriegelt, also bin ich ganz allein im Zimmer, esse ein Clubsandwich und trinke eine Cola, während ich mir eine Wiederholung von The Real World San Francisco anschaue. 100
In einer halben Stunde muss ich in der Kapelle sein, also wird es langsam Zeit, das Kleid anzuziehen. Nachdem ich mir die Mayo von den Händen gewaschen und meinen Lippenstift nachgezogen habe, schlüpfe ich hinein und versuche, den Reißverschluss hochzuziehen. Aber ich schaffe es nur bis auf halbe Höhe, weil ich nicht richtig drankomme. Ich winde mich und mühe mich ab, bis mir der Schweiß ausbricht, aber alles vergebens. Die Brautzeitschriften haben mich angeschmiert: Wie der schönste Tag meines Lebens fühlt sich das ganz bestimmt nicht an.
Zum Glück sieht es aber zumindest aus wie der schönste Tag meines Lebens. Die Friseurin hat mir die Haare locker hochgesteckt und über und über mit winzig kleinen Orchideen besteckt. Es sieht ein bisschen wild und zerzaust aus, nach Brigitte Bardot in jungen Jahren. Und mein Make-up ist der Hammer – die Visagistin hat einen schimmernden Puder auf meine Wangenknochen aufgetragen, und das sieht einfach umwerfend aus. Mein Mittagessen habe ich vor dem Spiegel gegessen, weil ich einfach nicht die Augen von mir lassen konnte und mich dauernd selbst bewundern musste. Ich bin eine echt rattenscharfe Braut.
Hilfesuchend rufe ich im Zimmer meiner Eltern an. Mit amüsiertem Ton setzt mein Dad mich darüber in Kenntnis, dass sie augenblicklich rüberkommen, sobald meine Mutter aufhört zu würgen. Dann lässt er sich über seinen Kummerbund aus. Er ist sauer auf meine Mutter, weil sie darauf bestanden hat, dass er einen Smoking trägt statt eines Blazers und des Hawaiihemds darunter, das ich ihm extra für die Trauung gekauft habe. Wie es scheint, bin ich nicht die Einzige, die mit einem mütterlich bedingten Garderobendilemma zu kämpfen hat.
Nur halb bekleidet, aber strahlend sitze ich auf der Bettkante und warte. Ganz sicher muss ich doch nicht mit herausblitzendem Stahl-BH vor den Altar treten, oder?
Da stehe in ich nun, kurz davor, vor
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